Re: Netlabels

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klienicum

Registriert seit: 14.03.2005

Beiträge: 7,451

vorgestellt heute sei:
PIECEMEAL
ein kleines, wenngleich nicht unbedarftes netlabel aus den staaten. about?
das machen sie man selbst:
„Based in Portland, Oregon, Piecemeal was founded as a way to provide exposure for tragically undernoticed artists (namely us and our friends). Since our main goal is getting the music out there, we make high-quality MP3 copies of all our releases available to download free of charge. Most will also be available to purchase as nifty hand-crafted CD-R’s.“
deutlich ist ein hoher qualitätsanspruch, der sich durch alle produktionen zieht, die künstler zeichnet ein eigener stil aus, sie prägen ihr genre auf angenehm deutlich weise.
von elektronika über 80-iger jahresounds bis hin zu songwriter- anleihen darf der hörer alles auf piecemeal erwarten, ohne vereinnahmt oder aber auch abgestoßen zu werden.
einzelne akteure bzw. tondokumente nun hier in näherer ausführung:

interpret / bewertung

tunnels: hemispheric meditation (***)
– atmosphärische soundgemälde
– meist abseits des üblichen klick- klack- gewitters elektronischer spielereien
– ein einfaches ineinander- übergehen von warmen tönen
– kein titel unter fünf minuten
– organisch, verwebt
– die tracks unterscheiden sich fast nur in der farbe, der bleiche, die einzelnen spuren zugegeben wurde

revival: (titel 1: **; titel 2: ***)
– gesprochene worte aus tiefem grund, flüchtiges gitarrenspiel
– aggressive, blecherne drums zerstören das ruhige, dennoch beklemmende bild
– das sicher ergebende wechselspiel fordert
– verdichtung über gut elf minuten
titel zwei beginnt mit einer rührigen melodie, gesang aus zwei kehlen, bedachte weibliche, sachte männliche stimme
– eine harmonika verwebt die elemente
– nichts neues, aber schöner melodiefaden, warme stimme, spartanische, angemessene zusätze

princess sweepstakes: (**1/2 – ***)
– chaos und ordnung und was man meint, dafür zu halten
– bekannte strukturen werden hergestellt, gerundet, geschunden und zerstört und wieder aufgebaut
– die gängigen, schroffen rockparaden gerieren sich einnehmend; das bedrohliche wirkt
– der gesang hat eine vergnügliche punkige attitüde
– die rocky horror picture show auf acid
– “pandas in hell” erzählt mit spartanischen mitteln, gedrillte gitarrenseiten, dumpfes schlagwerk, quere gesangspassagen: aber es passt, erzeugt eine weissagende stimmung, hat einen unwiderstehlichen drive
– den letzten titeln ist nicht abzusprechen, dass sie über momente verfügen, die auf zukunftsfähigkeit für diese art von musik schließen lassen
– fragmente, die sich stilvoll fügen

mike petrozzini: (***1/2)
– rockschema: gitarre, drums, bass, gesang
– der kann das: singt eindringlich, ruppig, bekommt die höhen, die gesamt palette
– sehr farbig
– titel eins. ist ein fahler hit. schraffierendes gitarrenspiel, indi- drums, besen trommeln, heilender bass. ****
– spanisch geschlagener akkord, der bass fällt ein, schlagzeug, schleppende melodie. titel zwei. **1/2
– ryan adams live in den glücklichen momenten, die stimme rauer, die gitarre vordergründiger, das thema mutiger, die ansprache direkter. titel drei. ****
– erinnerungen an „venus in furs“, hier hilft der verzerrer, die zwiefache stimme ruppig, eindringliche, hausgemachte atmosphäre ***1/2
– rasseln, tropfendes gitarrenspiel, die stimme hilft über die stillen momente hinweg, sich drehende textur
– die letzten titel wirken leider wie angefügt, sind weniger gelungen, deshalb sterneabzug; aber insgesamt ein sehr erfreuliches stück musik

mandan: laforge (***)
– zaghafter eingangssatz
– eklektisch, erinnernd an die frühen depeche mode; synthi- deutungen, der drumcomputer weht den rhythmus über den stakkatogesang
– fatal, wirkungsvoll
– die referenzen sind klar, das eigene profil dennoch bleibt deutlich
– feinsinnige sequenzen, potential zu mehr

jeremy brown: secret cells 2 (**1/2)
– klingt als hätte man die schußsequenzen eines egoshooters aus dem übrigen soundbild gefiltert und durch einen fleischwolf gedreht
– wabernde sounds federn (allerdings) ab, sorgen für versöhnlichere färbungen
– alles in schwebe, erahnen lassen sich motive, die durch den tonteppich schimmern

damn the monkey hands: 1961 a space tragedy (**)
– schrille stimme über rockschema
– verstörend auch titel zwei; die stimme wieder aus dem off, grell, das tempo angezogen
– der kopf nickt, der fuß wippt, macht sich gut in einer dunklen kaschemme
– der zündfunke fehlt, die schnur liegt verwaist und matt

damn the monkey hands: saddest factory (**)
– tendenziell rauher als oben beschrieben
– mehr speed, erinnert an ausgestoßene metaller, die sich rächen wollen
– rhythmisch allemal, aber eher haudrauf, denn ambitioniert
– quietschende, pfeilschnelle gitarrenriffs, stimme auf hohem absatz

mandan: your smile (***)
– taktiererei aus soundfiles, stimmungen und melodien
– die stimme vertreibt sich im hintergrund die zeit, klingt versöhnlich und rein
– der sound weist auf eine eindeutige beziehung hin
– irgendwer hat die anschläge auf das klavier extrahiert
– liquides, nie zähes gebahren
– das einträchtige klimpern des klaviers hebt das sirren, rauschen, rechen und kombinieren auf eine höhere ebene

owl dudes: 6 mths. (***)
– das quietschen des stuhls imitiert, über flockigem kehraus- rhythmus gelegt, bandraumgeräusche, das scheppern der snares – alles fügt sich, sinnig, wie zwangsläufig sich ergebend, die logik von vielgestalt
– geräuschcollagen auf hohem niveau

hervorzuheben ist herr petrozzini, der sich nicht nur angesichts des von ihm verfolgten genres unterscheidet, sondern vor allem durch eine harmonische, abwechslungsreiche umsetzung seines musikalischen konzepts. daneben sind sicherlich auch einige elektronische experimente als wohlfeil zu betrachten, vor allem tunnels und mandan. gehör findet bei mir auch princess sweepstakes, die einen gewundeneren weg gehen, aber faszinieren. ebenso owl dudes, die tönendes treibgut zu schätzen formen.
die internetseite überzeugt durch funktionalität, übersichtlichkeit. überschwang wird man hier nicht finden, die rechte bodenhaftung für das vertretene material. toll.