Re: Grateful Dead

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itasca64

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gratefulhöVon den Livealben (immerhin waren die Grateful Dead vor allem eine Liveband) sind für den Einstieg „Dead Set“ oder „Without a Net“ zu empfehlen.

Man sollte nicht den Fehler machen und annehmen, daß ihre Studioproduktionen den Dead weniger bedeutet hätten als ihre Live-Arbeit. Sie haben enormen Wert auf technische Perfektion und absolute Kontrolle bzw. Unabhängigkeit bei der Produktion gelegt. Eine ambitionierte Collage wie „Anthem Of The Sun“ beginnt man nicht ohne visionäre Pläne was die Studioarbeit anbelangt, auch wenn das Resultat aufgrund technischer Probleme die Band letztendlich nicht ganz zufriedenstellte.
Ihre dritte LP „Aoxomoxoa“ hatten sie schon fertig aufgenommen, als gerade ein neuer Standard, nämlich die 16-Spur-Technik Einzug hielt. Daraufhin wurde das Material noch einmal komplett neu eingespielt, was manche Fans aber eher nachteilig fanden, weil sie in den „nochmal aufgenommenen“ Aufnahmen (die schließlich für das Album verwendet wurden) Spontanität vermissten.

Um 1973 herum führte dieser Hang zur Perfektion gerade im Studiobereich auch zur Gründung des Band-eigenen Labels „Grateful Dead Records“ (erste LP: „Wake Of The Flood“). Die Dead hatten „ihre Leute“ zeitweise buchstäblich in den Presswerken sitzen, um den Herstellungsprozess zu überwachen (im Fall der „Wake Of The Flood“-LP waren es die vier Aufnahmentechniker der Studioproduktion), innerhalb der USA beauftragten sie 18 (!) unabhängige Vertriebsfirmen mit der Verbreitung. Vom Marketing bis zum Radio-Werbespot hatten sie damals alles in der Hand. Wie gesagt, solchen Elan entwickelt man, wenn man seine Arbeit verdammt ernst nimmt, und das gilt eben genauso für die Studioproduktionen.

Ich will die Live-Qualitäten keinesfalls in Frage stellen, aber gerade bei Neueinsteigern könnte eventuell der Eindruck entstehen, die Studio-Produktionen seien neben den zahlreichen Live-Alben womöglich nachrangig. Das wäre in meinen Augen ein großer Irrtum.

„American Beauty“ ist ein sehr schönes Album, aber eher untypisch für die Band, auch für seine Zeit. Zum Einstieg würde ich eher zu etwas raten, das neben dem Songwriting auch die improvisatorischen Fähigkeiten zeigt, also z.B. „Blues For Allah“ oder das Live-Set „Europe ’72“.

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