Re: Miles Davis

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sonny

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bullschuetzNatürlich, eine flapsige Bemerkung und sicher nicht überzubewerten. Aber deshalb eben auch nicht richtig ernst zu nehmen. Würde man sie ernst nehmen, müsste man zum Ergebnis kommen, dass es einfach unreflektierter Quatsch ist, Miles Davis als „Rassisten“ zu bezeichnen. Das Thema ist in der Tat unendlich viel komplizierter und mit so oberflächlichen Schnellschnellkategorisierungen nicht zu kriegen, nail75 hat da einiges Wichtige bereits dazu geschrieben.
Dass MD manche extrem provozierenden Sprüche rausgehauen hat, ist unbestreitbar. Wie die in den zeitgenössischen Kontext der Unterdrückung durch Weiße einzuordnen und als Aufbegehren dagegen zu verstehen sind, ist hier ebenfalls bereits angedeutet worden. MDs Attitüde hatte in diesem Zusammenhang eine bewusst polemische, provokative Note, er wollte eben kein „Onkel Tom“ sein, der überaus dankbar ist, wann immer ein Weißer nett zu ihm ist, und sorgsam darauf achtet, allen Erwartungen gehorsamst zu entsprechen, die ein weißes Publikum an ihn richtet.
Zum Thema MD und Rassismus empfehle ich, die Passagen über Bill Evans in MDs Autobiographie zu lesen (einfach via Register die einschlägigen Stellen rauspicken). Vielleicht gehen dann dem einen oder anderen doch die Augen auf. Wenn ich mal die Zeit finde, werde ich diese Stellen hier referieren und einzuordnen versuchen.
Hier nur soviel als Zwischenfazit: MD als „Rassisten“ zu bezeichnen, finde ich etwa genauso reflektiert und kenntnisreich, wie Country-Musik als „reaktionär“ zu beschreiben. In beiden Äußerungen findet sich so eine Art rudimentärer Teilhalbwahrheit, die man allerdings nur dann zu einer Pauschalaussage aufblasen und für richtig halten kann, wenn man sich mit der Materie nicht reflektiert auseinandersetzen kann oder will und so ziemlich alle Differenzierungen weglässt und zeitgenössische und kulturelle Kontexte ausblendet.
Sorry, ich würde das gerne näher ausführen, aber mir fehlt grade die Zeit.

Puh. Du unterstellst (u.a.) mir also, mich „nicht reflektiert“ mit der Materie auseinandergesetzt zu haben. Ein letzter Satz nur noch zu dem Thema:
Sich bei einer auch nur annähernd reflektierten Auseinandersetzung mit der Person Miles Davis ausschließlich auf seine Autobiographie zu verlassen (zumindest wird die hier, von Dir und anderen ständig zitiert), ist schlicht unseriös.

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