Re: Musiker, mit denen ihr nichts anfangen könnt?

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gypsy-tail-wind
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StaggerleeVorweg: Ich bin kein Gitarrist. Für mich aber ist einer der faszinierenden Punkte bei Hendrix, daß sich sein Spiel eben nicht in vordergründiger Virtuosität erschöpfte (wie bei Heavygitarristen z.B. Van Halen, wobei er natürlich auch schnelle und schwierige Läufe spielen konnte), sondern daß er viel mehr am Sound an den „Farben“ seines Instruments E- Gitarre interessiert war: Abgesehen von seiner immensen rythmischen Sicherheit und seiner stilistischen Bandbreite – ob er nun mehrere Gitarren im Studio übereinander schichtete, ungemein virtuos mit dem Wah-Wah hantierte oder eben das PA- System in seinem Spiel mitdachte (Brian Eno nannte es glaube ich die Vertonung von Elektrizität)- radikaler hat keiner vor ihm die E-Gitarre als solche auch gedacht, gespielt und deren Möglichkeiten ausgelotet. Natürlich gab es auch für Hendrix Einflüsse- aber jeweils nur für einzelne Aspekte seines Stils. Direkte Nachfolger gibt es m.E. relativ wenige. Indirekt schon, vor allem bei jenen Gitarristen die ähnlich denken, sei es im Jazz oder im Popbereich.

Ja, wie Satiee schon sagte ein schöner Post! So etwa in der Art hör ich Hendrix auch – zudem hör ich noch einen unglaublich mitreissenden Groove, einen Drang, den ich nur bei wenigen Musikern so stark spüren kann… und ja, die Rhythmik bei ihm unglaublich, der Swing, den er hat. Auch wie Du sagst, dass es ihm nicht ums schnelle virtuose Spiel als Selbstzweck geht – das ist für mich absolut wesentlich, bei aller Musik, die ich höre (na ja, ich bin vielleicht nicht überall gleich streng – nobody’s perfect).

Um doch mal noch ein paar Namen zu nennen, die von ihm mehr oder weniger direkt beeinflusst wurden (ohne dass ich das jetzt genau wüsste oder mit Zitaten untermauern könnte): Vernon Reid (auch einer, der weit über die Schublade, in der Living Colour üblicherweise versorgt wurden, hinausging!), Pete Cosey (der den Sound von Hendrix in die Gruppe von Miles brachte mitte der 70er Jahre), Sonny Sharrock (den ich allerdings noch ganz schlecht kenne), Jean-Paul Bourelly (kenn ich auch nicht sonderlich gut), oder auch Christy Doran.

Aber grundsätzlich denke ich halt, dass Hendrix‘ Einfluss viel weiter reichte als nur, andere Gitarristen in ihrer Spielweise und -technik zu beeinflussen. Miles Davis ist dafür wohl das beste Beispiel, aber der hat sich ja nicht nur von Hendrix beeinflussen lassen – es war ja eigentlich Betty Davis née Mabry, die Miles die Musik von Sly Stone und Jimi Hendrix näher gebracht hat, und James Brown war sicher auch irgendwo im Hintergrund wichtig… und dann kommen noch Stockhausen – für dessen Sohn Markus ja Miles wiederum der zentrale Einfluss ist – , Ellington und auch Paul Buckmaster dazu…

Ich persönlich finde in den meisten Fällen auch diese Verknüpfungen viel spannender, als die „X‘ Gitarrenspiel stammt von Y ab“ – auch: Larry Young und Hadley Caliman bei Santana & Buddy Miles (der ja auch bei Hendrix…), Young bei Miles und Hendrix, McLaughlin bei Miles und mit Young by Tony Williams (der ja bei Miles…) – da direkte Einflüsse reinzulesen oder rauszuhören ist dann natürlich weniger einfach, aber man sollte sich eben vor Augen halten, dass das alles in einem kurzen Zeitraum stattfand und die Leute sich kannten und zusammenspielten. Ohne dass ich direkten Hendrix-Einfluss bei McLaughlin hören würde, würde ich aber dennoch behaupten, dass Hendrix fürs Mahavishnu Orchestra, zumal das erste (für mich das einzige interessante) doch ziemlich wichtig war.

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