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22 Pistepirkko – Hong Kong King / Hank’s T.V. Set (7”, Euros, 1987)
Das Trio 22 Pistepirkko ist seit mittlerweile 30 Jahren zusammen. Obwohl die Band nie erste Hitparadenplätze belegte, ist sie in ihrer Heimat inzwischen so etwas wie eine Institution. Und auch international genießen die drei Musiker zumindest Kultstatus. Vor allem in Frankreich und Deutschland gibt es eine kleine aber treue Fangemeinde. Nachdem die Band 1982 einen Nachwuchswettbewerb in Finnland gewann, erschien im folgenden Jahr eine Platte in finnischer Sprache, die musikalisch Ähnlichkeit mit den Werken der frühen unabhängigen ndW aufweist. Von der Kritik und den Medien in Finnland nicht ernst genommen, zogen sich die Jungs zurück in ihre Scheune (in Finnland der Garagen Ersatz) und spielten sämtliche Beach Boys und Ramones Platten und Pebbles Sampler nach, derer sie habhaft wurden. 1986 reüssierten sie dann mit einer 7“ EP auf eigenem Label und in einem Sound, der genau diese Einflüsse verarbeitete. Ein Jahr später erschien diese Single hier. Alles, was den originellen und immer wieder erkennbaren Stil der Band bis heute ausmacht, ist hier bereits vorhanden. Ein scheppernder primitiver Bo Diddley Rhythmus, eine quietschende quäkende Orgel, die näselnde, leicht asthmatische Stimme des älteren Keränen Bruders PK und eine von überraschenden Wendungen geprägte Melodie. Die Musik hat sowohl etwas Primitives an Sixties Garage Erinnerndes, wie auch etwas Exotisches, das durch Hall und den unkonventionellen Einsatz diverser Schlaginstrumente entsteht. Die Band hat ihren Stil über die Jahre verfeinert und mit neuen Zutaten angereichert, auch ist das Songwriting zum Teil viel komplexer geworden. Aber im Prinzip ist diese Single hier die Grundlage all dessen, was später kam. Auf der Flipside hört man ein Instrumental, das durchaus als Titelmusik eines Western B-Movie durchginge. Die Single ist selbst in Finnland nicht leicht zu finden und in Topzustand gut und gerne ihre 30-40 € wert.
Livin’ Drops – Hummin’ Bird / The Parachute Song (7“, AB Loved, 1989)
Dies ist die einzige Veröffentlichung des finnischen Musikers J.K. Lappalainen unter dem Namen Livin’ Drops. Ja es ist vermutlich seine einzige Veröffentlichung überhaupt. Besonders „Hummin’ Bird“ ist schlicht großartig. Ein sehr atmosphärischer filigraner Track, der eigentlich die ganze Zeit auf ein und derselben Ebene dahinschwebt. Eingeleitet von einem jangelnden Gitarrenakkord, unterlegt mit einem nur mit dem Besen gestrichenen Rhythmus. Die Gesangsstimme eigentümlich unmoduliert und doch sehr gefühlvoll. Eine sacht gespielte Trompete tritt hinzu, und im Mittelteil gibt es so was wie ein angedeutetes Gitarrensolo, das aber nur aus einzelnen Tönen besteht. Der Parachute Song klingt etwas dynamischer, wie wohl auch da eine entspannt verhaltene Atmosphäre vorherrscht. Das Schlagzeug macht hier gegen Ende etwas Druck, und ein paar Klanghölzer setzen einen hübschen Akzent. Außerhalb Finnlands wird man diese Single wohl gar nicht finden. Dort kann man sie aber mit etwas Glück relativ günstig in einem Second Hand Laden erwerben.
Melrose – Gang War / Rich Little Bitch (7”, Electric Kid Records, 1986)
Ich kann mich gar nicht genau erinnern, wann und wie ich Melrose kennen lernte. Auf jeden Fall war ich völlig fassungslos als ich dieses Rock’n’Roll Trio zum ersten Mal live erlebte. Diese unglaubliche Präsens, diese Kraft und Energie, diese Dynamik und Präzision zugleich! So etwas hatte ich noch nie zuvor gehört oder gesehen. Ihre erste Single erschien 1985, und John Peel feierte sie als Wiedergeburt des Rock’n’Roll. Das hier ist die zweite 7“45 der Band um den Gitarristen Tokela, der wie nur wenige vor oder nach ihm mit seiner Gitarre eins wird beim Spielen. Melrose ist ein Rock’n’Roll Trio, dessen Wurzeln sowohl im Rockabilly der 1950er Jahre als auch im Punk von 1977 liegen. „Rich Little Bitch“ galoppiert mit kaum verhohlener Aggressivität aus den Lautsprechern, springt dich an, überrumpelt dich und lässt dich völlig atemlos und fasziniert zurück. Die eigentliche A-Seite der Single „Gang War“ wirkt im ersten Moment etwas gesitteter, das Tempo ist nicht ganz so atemlos schnell. Aber schon der Titel und die Lyrics machen dir klar, dass es auch hier deutlich zur Sache geht. Musikalisch immer kurz vor der Eruption ist dieser Vulkan aus fetten exakt gespielten Drums (Dave Grohl könnte seinen Stil von Jami gelernt haben), aus groovendem Slap-Bass und einer mal knapp abgestoppt, mal jaulend verzerrt gespielten Gitarre, die oft wie mehrere zugleich klingt. Die originale Trio Besetzung hielt leider nur zwei Jahre. Melrose gibt es jedoch immer noch. Und live ist die Band nach wie vor ein Erlebnis, das man nicht verpassen sollte. So ursprüngliche, vor Spielfreude und Ekstase strotzende Platten wie in den ersten zwei Jahren hat die Band aber später leider nicht mehr hinbekommen. Ihre erste Single ist sehr schwer zu finden. Diese hier ist nicht so selten und sollte für 15-20 € zu erwerben sein.
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!