Re: Mikkos 7" Faves

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mikko
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Squire – My Mind Goes Round In Circles / Does Stephanie Know? (Stage One, 1980)

Das hier ist nun eine der relativ zahlreichen und meist überdurchschnittlichen Singles der britischen Mod Szene der Jahre ab 1979. Stilistisch durchaus auch als Power Pop zu bezeichnen, sind doch die prägenden Elemente wie kräftige Akkorde, druckvolle Produktion, eingängige Harmonien und catchy Melodie alle vorhanden. Die Band Squire existierte bereits als Cover Band in Guildford, südwestlich von London, als Anthony Meynell, Gitarrist und Autor etlicher eigener Popsongs, sich der Gruppe anschloss. Ihr erster Gig fand 1978 im Vorprogramm einer bereits zu nationaler Größe gelangten anderen Mod Band aus Guildford statt, The Jam. Squire veröffentlichten ab 1979 zahlreiche Singles auf verschiedenen Labels. Die m.E. beste dieser 7“45s ist diese hier. Hier sind alle klassischen Zutaten des britischen Mod Pops auf’s Schönste vereint. Tolle Melodie mit unwiderstehlichem Refrain, großartiger Harmoniegesang, klasse Gitarrenriffs und Drum Fills, die an The Move und zum geringeren Teil auch The Who erinnern. Die A-Seite bietet zwar den etwas eingängigeren und besseren Song, aber die B-Seite ist ebenfalls hervorragend. Auch die Texte der Songs bieten typische Mod Sprache und klassische Themen aus dem Leben Heranwachsender. Die Band scheint immer noch aktiv zu ein. Ihre ausführliche Story und Diskographie findet man unter www.squirenet.co.uk. Diese Single hier hat sich offenbar am besten verkauft, denn sie ist relativ leicht zu finden. Bis zu 20 € muss man dennoch dafür berappen.

Nurses – D.Y.F. / Bad Mood (Dacoit Records, 1981)

Die Nurses waren ein Trio aus Washington (D.C.), das um 1979/81 regional für ein wenig Aufmerksamkeit sorgte. Mastermind der Band war ein gewisser Howard Wuelfing, der kurze Zeit bei The Slickee Boys Bass gespielt hatte und mit „Put A Bullet Through The Jukebox“ auch einen lokalen Hit für sie schrieb. Zusammen mit Gitarrist Marc Halpern gründete er die Nurses Ende des Jahres 1978. Musikalisch einordnen kann man die Band überhaupt nicht, auch wenn sie für mich letztlich zur Punk, Power Pop Szene der Zeit und Region gehört. Vier Singles auf drei verschiedenen Labels haben sie veröffentlicht, neben ein paar Sampler Beiträgen. Jede Single klingt anders. Hauptgrund dafür dürfte die Vielseitigkeit und das Genre übergreifende Interesse des Songschreibers Wuelfing sein, der sich mit sehr unterschiedlicher Musik aus verschiedenen Zeiten beschäftigte. Dennoch hatten die Nurses einen erkennbaren eigenen Stil, nicht zuletzt geprägt durch Halperns Gitarrenspiel aber auch durch Wuelfings hohe Gesangsstimme. Diese ihre letzte Single ist die klanglich experimentellste und zugleich meine liebste von ihnen. „D.Y.F.“ (Destroy your friends) hat eine unheimliche und irgendwie melancholische Atmosphäre. Bei der Produktion der Single hat Wuelfing ausgiebig mit Studiospielereien experimentiert. Extensives Phasing und Flanging auf den Drums, extremes Echo auf Gitarre und Stimme lassen den Track wie von einer anderen Welt klingen. Dennoch sind musikalische Einflüsse von Velvet Underground über Big Star bis Suicide zu erkennen. „Bad Mood“ experimentiert ähnlich mit Sounds und klingt noch düsterer. Wie eine eigentümlich abgespeckte Version von Joy Division. Als quasi Bonus Track findet sich am Ende ein von der Band selbst produzierter „klassischer“ Radio Jingle für ein Konzert in Washington. Einen krasseren Gegensatz kann man sich kaum vorstellen. Kurz nach Erscheinen der Single starb Marc Halpern an den Folgen einer Heroin Überdosis. Damit war das Kapitel Nurses in der Musikhistorie geschlossen. Howard Wuelfing arbeitet heute als Berater und PR Manager für verschiedene Labels und Künstler. Die Singles der Nurses zu finden, dürfte nicht leicht sein. Die Auflagen waren sehr klein und die Band gilt bis heute eher als Geheimtipp. Zu Preisen kann ich demzufolge auch nichts sagen.



The Droogs – Only Game In Town / Garden Of My Mind
(Plug n Socket, 1981)

Diese Single kam für mich wie eine Offenbarung in einer Zeit, als aus dem Radio schon wieder vorwiegend US Mainstream, schlechte britische New Wave Nachzügler und Fred Sonnenschein nebst seinen Freunden ertönten. Es war meine erste Bekanntschaft mit The Droogs, die es ja eigentlich bereits fast zehn Jahre gab damals und die meines Wissens sogar heute noch aktiv sind. „Only Game In Town“ ist eine perfekte Mischung aus Power Pop, Sixties Beat und einer gewissen Punk Attitüde. Der Song des Gründungs- und Songschreiberduos Roger Clay und Ric Albin aus Van Nuys, Kalifornien, hätte das Zeug zum Theme Song, zur Hymne einer spezifischen Szene oder gar Generation gehabt. Allein es gab weder eine echte Szene, noch war die damals junge Generation ernsthaft interessiert an solch vergleichsweise archaischen Klängen. Der Track baut eine wunderbare Spannung und Dynamik auf und ist auch heute noch unglaublich packend und mitreissend, ich bekomme gleich wieder Gänsehaut beim Hören. Auf der B-Seite eine sehr eigene Interpretation von „Garden Of My Mind“. Das Original stammt von der britischen Psych Pop Gruppe The Mickey Finn aus den späten Sixties und war damals selbst Insidern kaum bekannt. The Droogs machen daraus einen gehetzten Parforce Ritt durch die Untiefen der Psyche und des Rock’n’Roll. Eine der Singles des Jahres 1981 zweifellos! Die Musik von The Droogs ist prinzipiell gut dokumentiert, allerdings sind Originale der Singles nicht so leicht zu finden. Für eine mint Copy von dieser hier sollte man ca. 20 € einplanen.

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