Re: Mikkos 7" Faves

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mikko
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The Raconteurs – Steady, As She Goes / Store Bought Bones (XL Recordings, 2006)

Meine Single des Jahres 2006. Die A-Seite vereint vieles, was ich an moderner Pop/Rockmusik liebe. Da ist zunächst die sehr einprägsame, fast ohrwurmartige Melodie. Die Songstruktur ist alles andere als klassisch, und doch gibt es Strophe, Refrain sowie andere vertraute immer wiederkehrende Elemente. Die Instrumentierung ist in der Tat die ganz klassische: Bass, Schlagzeug, zwei elektrische Gitarren, Gesang und Hintergrundgesang bzw. Haupt- und Nebenstimmen. Das Arrangement vereint genau die Elemente, die ich besonders mag. Ein poppiger nicht zu überladener Rocksound, ein paar Aufmerksamkeit heischende Tempowechsel bzw. Breaks, klangliche Gimmicks von der Hauptgitarre, eine ganz leicht angedeutete Stimmung von Garage Psychedelia, die Keyboards bringen Atmosphäre, ohne irgendwie aufzufallen. Die verschiedenen Gesangsstimmen sorgen geschickt für zusätzliche Spannung. Alles in allem eine unspektakuläre aber dennoch großartige Aufnahme. Die B-Seite kommt dann schon wesentlich psychedelischer daher und erinnert stark an den Blues informierten Underground Rock der frühen Siebziger Jahre. Led Purple oder Deep Zeppelin, könnte man meinen. Das Single Cover greift übrigens diese Stilelemente in ebenso typischer Weise auf. Zur Band muss ich wohl nicht viel sagen. Hier verbinden sich die Eigenschaften und Vorlieben der beteiligten Musiker auf geradezu perfekte Art und Weise. Jack White: Blues und Seventies Rock, Brendan Benson: Indie Pop, Jack Lawrence und Patrick Keeler: Folk Rock und Garage Pop. Die Single erschien ursprünglich in einer limitierten Version „A“, die inzwischen um die 30 € kosten dürfte. Dieses hier ist die nicht limitierte Version „B“ (zu erkennen am entsprechenden Coveraufdruck), die man noch überall für kleines Geld bekommt. Eine Version „C“ mit anderem Cover bietet eine Akustikaufnahme von „Steady, As She Goes“, die auch ihren Reiz hat, aber m.E. die Magie der rockigen Fassung nicht erreicht. Die B-Seite dort ist „Call It A Day“, leider ebenso wie „Store Bought Bones“ vom Album der Band.

Charlotte Gainsbourg – The Songs That We Sing / Jamais (Because / Atlantic, 2006)

Ebenfalls eine sehr schöne und einprägsame Melodie. Leicht, luftig, träumerisch schwebt der Song getragen von einem etwas verspielten sehr hübschen Arrangement mit Streichern, verschiedenen Keyboards und noch anderen wahrscheinlich elektronischen Instrumenten. Die Musik wurde von Nicolas Godin und Jean-Benoit Dunckel geschrieben. Ein Gespann, das man wohl eher unter dem Namen Air kennt. Mit deren Musik, wie wohl sie nicht unangenehm klingt, konnte ich bislang eigentlich nicht sehr viel anfangen. Aber hier passen Komposition und Arrangement wunderbar zu der Stimme von Charlotte Gainsbourg, der Tochter von Serge Gainsbourg und Jane Birkin. Ebenso wie ihre Mutter hat sie nicht unbedingt eine kräftige volle Stimme. Sie haucht und säuselt mehr. Aber genau das macht den Reiz dieser Single aus. Und das Arrangement ist wie gesagt wunderbar darauf abgestimmt. Im Prinzip gilt das auch für die B-Seite der Single, wie wohl der Song „Jamais“ nicht ganz so reizvoll ist. Nicht dass ich besonders auf die Lyrics geachtet hätte, aber allein die Tatsache, dass Jarvis Cocker und bei „The Songs That We Sing“ auch noch Neil Hannon hier der Autorenschaft bezichtigt werden, adelt die Songs, finde ich. Aber im Ernst, der Text hat es in sich. Immerhin stellt er die Bedeutung von Pop Lyrics generell infrage. Und so ganz nebenbei wird die schrille oberflächliche Scheinwelt des Pop mit infrage gestellt. Die Single dürfte noch relativ leicht zum ganz normalen Preis von 4-6 € zu haben sein.

Rose Kemp – Violence / Fire In The Garden (One Little Indian, 2006)

Ebenfalls eine Tochter berühmter Leute ist Rose Kemp. Ihre Eltern sind Rick Kemp (Schlagzeuger) und Maddy Prior (Sängerin), beide lange Jahre Mitglieder der Folkrock Band Steeleye Span. Rose wurde 1984 geboren. Ihre ersten Gesangs- und Bühnenerfahrungen sammelte sie im Gefolge der Band ihrer Eltern. Seit ein paar Jahren macht sie jedoch allein oder mit Freunden aus einer eher alternativen und kompromisslosen Underground Szene Musik. Sie spielt in verschiedenen independent Rockgruppen mit, veröffentlicht aber auch unter ihrem eigenen Namen Platten, so wie diese hier. Ihre Attitüde, ihr Gesangsstil erinnern ein wenig an Patti Smith oder auch an PJ Harvey. „Violence“ lässt sich am besten als Alternative Rock Ballade beschreiben. Der Track beginnt verhalten, sparsam instrumentiert, mit einer eindringlich vorgetragenen Gesangslinie. Dann bricht ein wahres Gewitter von gewaltigem Lärm über den Zuhörer herein, bricht wieder ab, macht einer weiteren eher klagenden Strophe Platz, um erneut hereinzubrechen. Und so fort. Der Track lebt vor allem von diesem Gegensatz und der Eindringlichkeit, mit der beide Komponenten vorgetragen werden. Auch die Flipside bietet einen sehr gefühlsbetonten, ausdrucksstarken Track, der fast ohne Instrumente auskommt. Nur Roses Stimme in allen Variationen und mit sich selbst gedoppelt trägt den Song, der ab der Mitte ca. dann noch mit einem anschwellenden Orgelton unterlegt ist. Da die Single erst im November erschien und nicht gerade zum Hit avancierte, sollte sie relativ problemlos für wenig Geld zu haben sein.

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