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Clearlake – Winterlight / Jumble Sailing (Dusty Company, 2000)
“I can’t explain in words, at least none that I’ve heard, and even if I could, who cares? There’s something slightly strange, you really can’t explain the quality of light around this time of year.” – Mit diesen Worten, gesprochen von einer verloren klingenden, traurigen Stimme über einem an- und abschwellenden Synthi-Cluster, beginnt einer der schönsten Tracks der letzten zehn Jahre. Dann setzt die Band relativ kraftvoll, fast heftig ein. Die nun folgende Performance, die Melodie, der Song sind so unglaublich schön und erhaben, man muss das hören. Beschreiben lässt es sich kaum. Der ganze Vortrag badet in einer Art trotziger Melancholie. Trauer, Verlust, aber auch eine gewisse Larmoyanz werden in eine wunderbare Popsingle transponiert, die trotz aller Melancholie auch etwas Stürmisches und Hoffnungsvolles hat. Die Band aus Brighton hat weder davor noch seither wieder so eine großartige Single hinbekommen. Seit 1995 existiert die Gruppe. Im Jahr 2006 konnte sie mit „It’s Getting Light Outside“ wenigstens ein bisschen an den Glanz dieser Ausnahmesingle hier anknüpfen. Die B-Seite der vorliegenden 7“45 „Jumble Sailing“ ist hübsch und fast ein wenig kitschig. Im Vergleich zur A-Seite verblasst der Track natürlich etwas. Klingt einfach nur freundlich und erholsam. „Winterlight“ war kein Hit und doch die beste Single des Jahres 2000. Man bekommt sie bei einschlägigen Händlern im UK für ca. 6-8 € noch immer.
Ephemera – Happy, Grateful, Aware / Oh Yeah (Vinyl Japan, 2002)
Aus Bergen in Norwegen stammt diese Girlgroup, die mit „Happy, Grateful, Aware“ ebenfalls ein Ausnahmewerk veröffentlicht hat. Drei Frauen machen alles selbst. Sie schreiben die Songs, spielen die Instrumente, singen natürlich, und sie veröffentlichen ihre Platten selbst. Diese Single erschien allerdings in Lizenz bei Vinyl Japan in London. Die beiden Tracks kamen zunächst auf dem Debütalbum respektive dem zweiten Album der Band in Norwegen heraus. Die Single steht ganz in der Tradition eines leichten, locker luftigen Girlpops eher britischer und europäischer Prägung. Dieser Sound und die damit einhergehende Stilistik sind imgrunde zeitlos. Die von Captain Sensible in den frühen Achtziger Jahren produzierten Dolly Mixture fallen mir als Vergleich ein. Jangly Guitars, sparsam eingesetzte Keyboards, ein sehr weicher, transparenter und warmer Sound, wunderschöne Harmonien, glockenhelle Stimmen. Perfekter Pop eben! Die Flipside ist ebenfalls sehr schön. Nicht ganz so zwingend bezaubernd indes. Fast schon gewöhnlich im Vergleich. Ende 2003 fanden die Mädels auch in Deutschland ein Label, das ihre Platten lizenzierte, leider jedoch nicht auf Vinyl veröffentlichte. Bei ihren Gigs in Deutschland spielten die drei Musikerinnen (von zwei Musikern verstärkt) die großartige Single dann nicht mal. Frauen haben eben ihren eigenen Kopf und eigene Vorstellungen ihre Popkarriere betreffend. Die Single – die beste des Jahres 2002 – ist hier und da noch regulär erhältlich für um die 6 €.
The Libertines – What A Waster / I Get Along (Rough Trade UK, 2002)
Die beste Debütsingle in 20 Jahren, schrieb ich seinerzeit. Jetzt, da die Ephemera 7“ direkt darüber steht, muss ich einschränken: die zweitbeste. Denn Ephemeras 7“ 45 ist ebenfalls eine Debütsingle (ihre einzige auf Vinyl sogar). Stilistisch vergleichen kann man die beiden Bands natürlich nicht. Allenfalls die Ausgelassenheit und Unbekümmertheit, die hier zutage tritt, ist bei beiden Gruppen ähnlich. Aber The Libertines gehen natürlich mit viel größerem Lärmpegel und Adrenalinausstoß zu Werke. In punkto Pop Appeal kann man dann doch wieder Vergleiche ziehen. Denn auch bei The Libertines ist der Trash, das Feedback kontrolliert. Vom ersten Gitarrenintro bis zum letzten „Klack“, wenn der Verstärker im ausklingenden Feedback abgeschaltet wird, ist dieses kleine Monster von Garage Pop überlegt und spontan zugleich. Diese Anspannung, diese kaum zu haltende Balance, die den Sound und die Präsenz der Band hier ausmacht, ist förmlich aus jeder Note zu spüren. Das gilt ebenso für die Flipside, die sogar noch ungestümer daherkommt. Beide Songs sind große Klasse. „What A Waster“ hat einfach noch das gewisse Etwas, das diesen Track richtig genial macht. Selbst als Pete und Carl den Song während eines Radio Interviews im Herbst 2002 kurz mit der akustischen Gitarre anspielten und ansangen, bekam ich sofort Gänsehaut. Obwohl Pete damals völlig bekifft war und sonst kaum ein sinnvolles Wort rausbrachte. 2000 Stück wurden gepresst, soweit ich weiß. Viel zu wenig, wenn man bedenkt, dass gerade ein Exemplar im Zustand EX/EX bei Vinyl Tap für 75 englische Pfund angeboten wird.
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