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The Chud – Don’t Call Me Batman / Rumble At The Love-In (Twang!, 1986)
Wir machen einen großen Sprung nicht nur zeitlich, auch stilistisch. Berlin im Jahr 1985 war eines der Zentren des Sixties Garage und Psychedelic Revivals in Deutschland. Von der breiten Öffentlichkeit, ja sogar von der Mehrzahl der Musikinteressierten weitgehend unbeachtet tat sich da was im popmusikalischen Untergrund. Und ich war mittendrin. „Don’t Call Me Batman“ war die dritte Veröffentlichung meines Twang! Labels und die erfolgreichste dazu. Die Nummer lief im Tagesprogramm zweier Berliner Radiosender relativ regelmäßig im Sommer 1986. In den USA wurde die Single „nationwide“ vertrieben. „Batman“ ist eine typische Bubblegum Garage Pop Nummer mit eingängiger Melodie und für das Genre relativ gefälliger Produktion. Das Cover von Andreas Marschall trug sicher auch noch zur Popularität der Platte bei, die zum 80er Batman Fieber fast ein Jahr zu früh erschien. Aber daran hatten wir eh nicht gedacht. Die Rückseite der Single ist etwas wilder und imgrunde völlig „over the top“, will sagen absolut großartig in Bezug auf Trash und Geschmacklosigkeit. Der Track wurde von einem gewissen Oliver Huzly co-produziert. Eine andere Version des Songs erschien auf einer US-Garage Compilation bei Dionysus Records. The Chud – oder The Cannibalistic Humanoid Underground Dwellers, wie sie nach dem namensgebenden Splatterfilm eigentlich ausgeschrieben hießen – waren eine der chaotischsten und zugleich talentiertesten Bands dieser Szene. Die Band war in unterschiedlichen Besetzungen bis in die frühen 90er aktiv und hinterließ neben dieser Single noch zwei weitere und zwei LPs (alle auf LSD Records), sowie etliche Beiträge zu Compilations. Musiker der Band sind zum Teil noch heute in anderen – weder sehr bekannten noch sehr erfolgreichen – Formationen unterwegs. Die Single ist sicher nicht teuer, aber auch nicht so leicht zu finden.
Dolkows – Silent Woods / Old Mr. Cutter (GAGA Goodies, 1987)
In Schweden war ein weiteres Zentrum der weltweiten Neo-Garage Musik Szene in den 80ern. Eine junge Band, die erst vergleichsweise spät in Erscheinung trat, waren die Dolkows aus Malmö. Ihre erste Single und die folgende LP erschienen beim ebenfalls erst ein Jahr zuvor gegründeten GAGA Goodies Label in Finnland. „Silent Woods“ ist für die Zeit typischer Garage Rock, ja eigentlich sogar mehr Power Pop. Fette Gitarrenakkorde, schwer verhallte Gesangschöre, und eine ziemlich prominente druckvolle Rhythmus Sektion. Doch viel besser und überzeugender ist in meinen Ohren die Rückseite der Single. Beginnend mit einer a capella Einleitung der Leadstimme, gefolgt vom Background Chor und einem kraftvollen Einsatz der Rhythmusgruppe hat der Track sofort die ungeteilte Aufmerksamkeit eines jeden Zuhörers. Neben den Gitarrenbreitwänden, den Rhythmus Breaks und der allgemeinen Dynamik der Aufnahme ist es vor allem der mehrstimmige Gesang, der hier überzeugt. Produziert hat das Ganze ein gewisser 4-eyed Thomas in den Mistlur Studios in Stockholm. Unter seiner Regie entstanden einige Aufnahmen schwedischer Garage Bands wie The Nomads z.B., die alle für ihren unverwechselbaren Sound berühmt sind. Die Dolkows wechselten nach der ersten LP zu Amigo Records und waren bald in Schweden äußerst erfolgreich vor allem bei einem überwiegend weiblichen Teenager Publikum. Das war neben ihrem Äußeren (junge, sportliche, gut aussehende Männer) auch dem immer mainstreamiger und poppiger werdenden Sound ihrer Platten geschuldet. Ihre dritte LP war bereits dermaßen überproduziert, dass die Garage Rock Gemeinde sich naserümpfend abwandte. Die Teenies waren aber auf Dauer keine zuverlässige Anhängerschaft. Und so zerfiel die Band bereits Ende 1992 wieder. Diese Single hier dürfte nur schwer aufzutreiben sein. Besonders teuer ist sie aber wohl nicht.
The Stems – At First Sight / Grooviest Girl In Town (White Label Records, 1987)
Wir bleiben im Genre, wechseln aber auf die gegenüberliegende Seite des Globus. Aus Perth in West Australien kommen The Stems. Ihre ersten beiden sehr Garage Rock typischen Singles erschienen beim legendären Citadel Label. Das hier ist ihre dritte Single und die erste für eine größere Company. Eine Single mit der Dom Mariani und seine Mitmusiker sich noch eindeutiger dem Power Pop und einem klaren durchsichtigen Sound zuwandten. Diese Gitarrensounds und –arrangements definieren quasi ein ganzes Genre von Eighties Guitar Pop. Ein Sound, der schon damals längst nicht so viele Menschen erreichte, wie es eigentlich wünschenswert und vor allem nötig gewesen wäre, damit Bands wie The Stems über einen Geheimtipp und Insider Status hinaus kommen könnten. Die Single war in den Hörercharts von Radio 100 (dem linksalternativen Berliner Sender zwischen 1987 und 1991) wochenlang Nummer Eins bis weit ins Jahr 1988 hinein. Bei uns in der Vinylwarenhandlung Twang-Tone verkaufte sich die Single wie geschnitten Brot. Aber woanders wohl nicht. Woanders gab es sie auch kaum. „At First Sight“ ist wie gesagt eine ganz großartige Power Pop Single. Tolle Melodie, perfektes Arrangement, saubere Produktion. In meinen Ohren die beste Single der Band und eine der besten australischen Singles überhaupt. Die B-Seite ist mehr Garage Pop, ein fast nur instrumentaler Track mit prominenter Vox Orgel, lediglich die Titelzeile wird mehrfach gesungen. Sehr groovy und ideal für die Garage Disco. Die Single taucht hin und wieder mal auf, kostet aber meist einen zweistelligen Euro Betrag.
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!