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Die folgenden drei Singles haben meine musikalische Geschmacksentwicklung ganz entscheidend beeinflusst. Dementsprechend hoch im Kurs stehen sie auch noch immer bei mir.
The Smoke – My Friend Jack / We Can Take It (Metronome, 1967)
Fachleute nennen eine Nummer wie “My Friend Jack” gerne einen Novelty Hit. Da schwingt dann auch immer so ein bisschen Herablassung und Naserümpfen mit. Tatsache ist, die Single war mehrere Wochen auf Platz 1 der deutschen Singles Charts im Frühsommer 1967. In England, der Heimat der Band, konnte sie nichts werden, weil die BBC sie nicht spielte. Der Text würde zu Drogenmissbrauch animieren, hieß es. „My friend Jack eats sugar lumps“ – nun ja, wer da nicht an LSD getränkte Zuckerstückchen denkt, ist schon ein wenig naiv. Zigtausende deutsche Singles Käufer sind trotzdem nicht drogenabhängig geworden. Die meisten wussten, so wie ich, nicht mal was die Burschen da singen. Musikalisch ist diese Aufnahme große Klasse! Dieser Tremolo-Fuzz-Gitarren-Effekt ist ganz großartig. Das ist es übrigens, was die Fachleute mit „Novelty“ meinen. Dieser Einsatz von vorher so nicht gehörten Soundeffekten, die nach Meinung der Fachleute den einzigen noch dazu schnell vergänglichen Reiz ausmachen. Ich bin da ein bisschen anderer Meinung. Viele Singles der Jahre 1966-69 schätze ich gerade wegen dieser innovativen und exaltierten Soundexperimente. Und ich kann mir bis heute so etwas nicht über hören. Die B-Seite „We Can Take It“ kommt ganz ohne „Novelty“ Effekt aus. Diese Aufnahme ist eine schlichte aber sehr prägnante Beatnummer. Bei den einschlägigen Tanzveranstaltungen wurde/wird sie damals wie heute fast genauso gern gespielt wie die A-Seite. The Smoke waren übrigens die erste ausländische Band, die ich live sah. Im Frühsommer 1968 war das. Sehr alt, sehr erwachsen und ein bisschen unnahbar kamen mir als damals 14-Jährigem diese langhaarigen, backenbärtigen nur Englisch (Cockney) sprechenden Musiker vor. Obwohl die doch kaum 10 Jahre älter waren als ich. Ich holte mir etwas schüchtern ein Autogramm backstage und machte dann schnell, dass ich wegkam.
The Who – Pictures Of Lily / Doctor! Doctor! (Polydor, 1967)
Ich erinnere mich, dass ich mit diesem Song meinen Banknachbarn in der Schule ziemlich malträtiert habe. Während er sich auf den Satz des Pythagoras zu konzentrieren versuchte, sang ich ihm mit sich überschlagender Stimme „Pictures Of Lily“ vor. Was für Bilder da gemeint waren, war mir in meiner pubertären Naivität gar nicht klar. Zu einer Fünf in Mathe hat es aber gereicht. The Who gehören spätestens seit dieser Single zu meinen Favoriten unter den englischen Sixties Bands. Ihre früheren Werke lernte ich natürlich erst später kennen. Auch bei „Lily“ war es ein besonderer Sound, der mich reizte. John Entwhistle spielt da eine Tuba oder ein Waldhorn im Hintergrund. Aber natürlich war und ist es in erster Linie der Gitarrensound und das ungeheuer dynamische druckvolle Schlagzeugspiel von Keith Moon, das einen hier anspringt, wie bei vielen anderen Aufnahmen von The Who auch. Die B-Seite ist durch ihren erdigen Basssound besonders beeindruckend. Überhaupt sollte man John Entwhistles Beiträge zum Gesamtwerk der Band keinesfalls unterschätzen. Sowohl seine gelegentlich als B-Seite verwerteten Kompositionen wie auch seine prägnantes Bassspiel gehören dazu wie Petes Windmühlenarm und Rogers kraftvolle Stimmbänder.
The Creation – Painter Man / Biff, Bang, Pow (Hit-ton, 1967)
Wie The Smoke waren auch The Creation fast nur in Deutschland so richtig erfolgreich. Ihr Mod Pop Art Image wirkte weit über die Sixties hinaus und fand Nachahmer vor allem in den 80er Jahren (s.u.). Ob es nun Jimmy Page oder Eddie Phillips war, der den Geigenbogen an der elektrischen Gitarre zuerst einsetzte, spielt keine große Rolle. Wir sahen damals The Creation im Beat Club und fanden die unheimlich cool. Zur Show der Band gehörte unter anderem das spontane Bemalen großer über die Bühne gespannter Kunststofffolien mit Leuchtfarben. „Painter Man“ eben. Die Musik ging hier eine Symbiose ein mit Pop Art und Comic Kultur. „Biff, Pang, Pow“ ist auch so ein in 2 Minuten 23 vertontes Happening mit Comic Charakter. Alan McGee nannte nicht nur seine Band in den frühen 80ern Biff Bang Pow, er nannte sein Label Creation zu Ehren eben dieser Band. „Painter Man“ ist die erfolgreichste Single der Band. Ihre beste habe ich bislang noch nicht wieder kaufen können, nachdem ich sie leider (wie viele andere) vor Jahren mal verscherbelte. Welche das ist, wird noch nicht verraten.
Die drei eben beschriebenen Singles sind in Top Zustand nicht ganz billig – obwohl sie eigentlich nicht sehr selten sind. Es waren ja alle drei veritable Hits. Aber sie werden halt auch von sehr vielen alten und jüngeren Sammlern gesucht.
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