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Anonym
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Hier der Bericht aus Köln – deckt sich mit den Erfahrungen aus Hamburg. Hat ja auch was beruhigendes. Damit ist dann dieses Konzert für mich aber auch erledigt.
Keiner jault schöner
VON THORSTEN KELLER, 20.06.05, 07:43h
Chris Martin und die Seinen präsentierten sich als solide Handwerker mit Hang zur Einsilbigkeit.
Es dauert fast eine Viertelstunde, bis auch die letzten der 15 000 Fans am Fühlinger See begriffen haben, das „Zugabe“ rufen einstellen, und dem Ausgang zustreben – oder an den Getränkebuden zuschauen, wie überforderte Bierzapfer den Begriff „Unterschank“ neu definieren. Schluss, aus, vorbei, „Fix You“, die Frauenversteher-Ballade vom aktuellen Album „X & Y“, ist unwiderruflich der Rausschmeißer gewesen, Coldplay kommen bei ihrer Kölner Open-Air-Show kein zweites Mal auf die Bühne zurück.
Angesichts von Ticketpreisen um 50 Euro und einer Spielzeit von 80 Minuten ist das etwas dürftig für eine Band mit so ausgeprägtem moralischen Anspruch. Von ihrem großartigen Debütalbum „Parachutes“ spielen Coldplay dabei nur drei Songs, die Single-Auskopplung „Yellow“, außerdem „Don’t Panic“ in einer feinen Unplugged-Version und das an Randy Newman erinnernde „Everything’s Not Lost“.
Mehr als die Hälfte des Abends gehört der vor zwei Wochen veröffentlichten CD „X & Y“, an der Coldplay anderthalb Jahre lang herumgeschraubt haben – und die sich genauso detailversessen und ambitioniert anhört. Bei der Live-Performance der neuen Songs „Square One“ und „Speed Of Sound“ beweisen die Stadionrock-Bestseller der Saison vor allem eins: Sie sind auf der Bühne perfekt im Zusammenspiel, ihr Soundteppich ist handgeknüpft und braucht keine digitalen Spezialeffekte, nur Klavier, Gitarre, Bass und Schlagzeug.
Was dabei zu kurz kommt, ist die Kommunikation mit dem Publikum: Nur einmal, als Sänger Chris Martin zwei schräge deutsche Textzeilen in den Song „The Scientist“ hinein- improvisiert und kurz in Gelächter ausbricht, wirkt die Show lebendig und aus dem Augenblick geboren. Ansonsten ist der Frontmann mit seinem Kerngeschäft, dem Jaulen auf hohem Niveau, voll und ganz ausgelastet.
Phasenweise klingt das so, als wolle er demnächst in der Kategorie Eunuchengesang gegen die Bee Gees antreten. „I am on the top“, glaubt Chris Martin, „I can’t go back.“ Die Wissenschaft hat festgestellt: Die hier besungene Höhenluft löst mitunter eigenartige Prozesse im menschlichen Gehirn aus. Wie lässt sich sonst erklären, dass der Coldplay-Sänger als Abschiedsgruß einen angebissenen Apfel in die Menge wirft?
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