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Coldplay – X & Y
EMI 2005
Das lange Warten nach dem Meisterwerk hat ein Ende und es hat ein Ende mit dem Überschwang. Das neue Album hat einen anderen Mittelpunkt gefunden. Waren es auf den beiden Vorgängeralben noch die Melancholie und die neue Art von Gitarren, dominieren auf X & Y Keyboards. Im weitesten Sinne möchte man Prog-Rock rufen, aber auch dieser Ruf würde es nur streifen. Wer eine Abneigung gegen Keyboards in Rockmusik hat, wird sich auch hier daran stoßen, aber zupflastern und zukleistern ist noch etwas anderes als effektvoll eingesetzte Teppiche.
Das dritte Album, oft als wegweisendes Etwas innerhalb einer Discographie gesehen, kann nicht die Erwartungen erfüllen, doch es ist noch überdurchschnittlich in seiner Art. Es ist immer noch druckvoll, kann sich aber dem Rhythmus von „Clocks“ und „Yellow“ leider nicht entziehen. Eine Menge Songs sind rhythmisch ähnlich aufgebaut und die Breaks vorhersehbar in ihrer temporären Spanne und leider – auch in der Machart. Ein Experiment. Drei Songs von diesem Album könnten auch auf „Parachutes“ und „A Rush Of…“ enthalten sein. Andererseits auch einige von den beiden Alben hier. Als Ausblick schaut dieses Werk zurück, hält Zwiesprache mit sich selbst und sucht die Entscheidung, eigenständig sein zu wollen, ohne sich abzunabeln. Reziprok assimiliert es Zukunft und Vergangenheit. Ein schmaler Grat, den nicht jeder Hörer mitgehen will.
Mir gefiel es auf Anhieb, obwohl ich mich, Spätentdecker dieser Band, das erste Mal seit langer Zeit auf eine Veröffentlichung gefreut habe, ohne einen Ton zu kennen. Selbst die Vorabsingle ging an mir vorbei. Ich bin zwar nicht mehr jung, aber ich kann warten. Das Geheimnis liegt für mich in der Stimme von Chris Martin, die auch manch anderen Song in ein Juwel veredeln könnte.
Allein der Sound hat nicht die Brillanz, die man von Coldplay-Alben kennt. Etwas muffig und arm an Höhen, wirkt es stellenweise matschig, aber dennoch transparent. Für mich auch ein Zeichen, sich von vergangenem zu trennen. So ein Album wurde auch Zeit. Es hält die Flamme für diese Band am brennen. Ist es unbescheiden, sich bereits jetzt auf das vierte Album zu freuen, nur um zu wissen, welcher Weg , der hier angedeutet wird am Schluss eingeschlagne wird? Auch wenn Vieles hier wie so oft gehört klingt, ist es bei keinem Ton Routine und das ist mehr als ich wollte.
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PS: U2 sollten so ein Album mal veröffentlichen. Lächerlicher Vergleich, in jeder Hinsicht. Das meine ich völlig wertfrei.
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Das fiel mir ein als ich ausstieg.