Re: Jimi Hendrix

#284023  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 68,341

Um das vom Kopf auf die Füsse zu stellen… Miles hat sich das wohl sozusagen gesucht. Nicht nur von Betty Davis, auch von Joe Zawinul (mit dem er schon lange befreundet war, beide boxten, Zawinul war in der Band von Cannonball Adderley einer der ersten, die mit dem Fender Rhodes arbeiteten und so den Sound einer Jazz-Combo elektrisierten… Cannonball war ein Innovator, bloss scheint das heute niemanden mehr zu interessieren, er starb zu spät oder zu früh und ging längst vergessen – same for Eddie Harris, if anyone out there cares to give a damn!).

Miles holte sich das, was er brauchte, wo immer er es kriegen konnte – ich glaub das war sein Genie, dass er die Dinge fand, die er haben wollte, die richtigen Leute um sich scharte, um es geschehen zu lassen.

Die Story von Miles, Betty und Jimi ist glaub ich nie geklärt worden – es hiess jedenfalls, Betty und Jimi hätten eine Affäre gehabt, als Betty noch mit Miles verheiratet und zusammen war, aber dennoch blieben Miles und Jimi einander freundschaftlich verbunden und haben anscheinend ja auch zusammen gespielt… keine Ahnung, was damals wirklich geschah.

Aber ich glaube, so lange niemand diese Zeit genauer zu erforschen versucht, bleibt das alles spekulativ und nicht sonderlich interessant, Gerüchte und Tratsch eben…

Meine Formulierung oben („als ihresgleichen gesehen“) war wohl etwas flapsig. Was Hendrix allerdings von anderen Rock-Musikern abgrenzt ist seine… elementare Verwurzelung im Blues – er kannte den chitlin circuit, den viele Jazzer auch durchgemacht hatten, als sie mit Blues- oder R&B-Bands durch die Lande tingelten, bevor sie sich einen Namen machten und in Jazz-Bands (manchmal auch bloss Swing-/Tanz-/Unterhaltungsbands) spielen oder gar eine eigene Band gründen konnten. Diese Verwurzelung hatte natürlich manch anderer Blues-Gitarrist, aber unter Rockern war das wohl die ganz grosse Ausnahme… zudem hat Hendrix diese immense, irgendwie visionäre (das Wort stört mich eigentlich) Kraft, die ihn einfach zu einer der grossen musikalischen Figuren aller Zeiten macht, egal in welcher Ecke er stilistisch abgelegt wird. Der Jazz nun hatte von Beginn an die Eigenheit, sich überall zu bedienen, war von Anfang an eine Symbiose verschiedenster musikalischer Elemente und Traditionen, und hielt sich auch dadurch am Leben, dass er über den Tellerrand schaute, sich laufend veränderte… dass eine Figur wie Hendrix da für Aufsehen sorgt, gerade weil er auch ein so unglaublicher Improvisator ist, das ist eigentlich nicht weiter erstaunlich. Und dass in den späten Sechzigern die Zeit reif war, um neue musikalische Welten zu erforschen, dass gerade Miles es war, der vieles davon angeregt, ins Rollen gebracht hatte, das ist ja längst bekannt (und kann – entschuldigt, ich bin ein repeater’s pencil – in get happy!? #2 in der Essenz nachgelesen werden).

So gesehen dürfte das alles nicht sonderlich überraschend sein :-)

Aber wie gesagt: James Brown, Sly Stone (der ja seinerseits eine Synthese aus weissem Rock und schwarzem R&B erfand), aber auch Ornette Coleman, Bach, Stockhausen… und uneingestanderweise wohl auch Eddie Harris und Cannonball (über den Miles in der – nicht sehr wörtlich zu nehmenden – Autobiographie bestimmt nur gute Worte verliert, ohne jedoch seinen Einfluss ordentlich zu würdigen) hatten auch ihren Anteil an Miles‘ musikalischer Neuorientierung. Miles, Betty, Jimi – Jimi, Betty, Miles – vielleicht auch Miles, Jimi, Betty… who knows, geht uns ja alles im Detail nichts an…

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba