Re: Handpicked Treasures Of Jazz

#2747183  | PERMALINK

atom
Moderator

Registriert seit: 10.09.2003

Beiträge: 21,877

Ein Text von captain kidd:

Album #36:

Pharoah Sanders – Karma [Impulse AS-9181]

1. The Creator has a Master Plan (32:45)
2. Colors (5:37)

Personnel on „The Creator has a Master Plan“:
Pharoah Sanders – Tenor Saxophone
Leon Thomas – Vocal & Percussion
James Spaulding – Flute
Julius Watkins – French Horn
Lonnie Liston Smith, Jr. – Piano
Richard Davis – Bass
Reggie Workman – Bass
William Hart – Drums
Nathaniel Bettis – Percussion

Personnel on „Colors“:
Pharoah Sanders – Tenor Saxophone
Leon Thomas – Vocal & Percussion
Julius Watkins – French Horn
Lonnie Liston Smith, Jr. – Piano
Ron Carter – Bass
Reggie Workman – Bass
Freddie Waits – Drums

New York, 14. & 19.02.1969

Vereinfacht könnte man von knapp 33 Minuten Wahnsinn sprechen. Doch anders als bei ähnlich gelagerten, Free Jazz grüßenden, halbstündigen Aufnahmen (Coltranes Ascension etwa), steht hier eher die Melodie im Mittelpunkt. Genauer gesagt, ist es die Schönheit. Die Schönheit der Töne, der Melodien, der Schöpfung, die dann immer wieder von wahnsinnigen Saxophonexkursen angegriffen wird, in deren Rücken dann die gesamte Musik förmlich explodiert. Aber der Reihe nach.

Den Anfang macht natürlich Sanders selbst. Eine sehr melodische Phrase steigert sich leicht überblasen (und unterstützt durch allerlei fernöstliches Gebimmel) in einen kleinen Meditationsrausch. Plötzlich (2.00) verschwindet das Ensemble und eine an „Acknowledgement“ angelehnte Basslinie bricht sich Bahn. Unterstützt durch James Spauldings Flöte beginnt Sanders wenig später mit seiner ersten Improvisation. Eine wunderschöne aufsteigende Melodielinie, die variierend wiederholt wird. Dann entert Leon Thomas die Szene. Anfangs singend später beinah jodelnd fasziniert er mit immer wieder neuen Melodieentwürfen, bevor Sanders wieder sein Anfangsthema zitiert. Langsam steigert sich die Gruppe und wagt erste verstörende Ausbrüche. Schnell beruhigt sich dann der Sound. Doch es bleibt spannend.

Besonders als Sanders plötzlich eine irgendwie bekannte Melodie findet, sie abwandelt und schließlich einflechtet (15.30), bis das gesamte Ensemble auf diese neue Idee eingeht. Sanders Saxophon strahlt, das gesamte Ensemble schraubt sich immer weiter in die Höhe, verglüht schmerzhaft, atonal in der Sonne, fällt auf den Boden zurück. Und fängt dann einfach vor vorne an. Mit Wahnsinn benetzt suchen die Musiker weiter nach Liebe, nach Schönheit. Und manchmal finden sie die schmerzhaft erflehte Erlösung. Sanders’ Saxophon schreit in Ekstase. In Schmerzen. Das Ensemble bricht wieder zusammen, schwingt sich aber zu einem letzten großen Höhepunkt auf. Die Band spielt konzentriert, Sanders wildert mit brutaler Schönheit umher und findet schließlich zu seinem anfänglichen Thema zurück. Und vielleicht auch zum Glück.

(captian kidd)

--

Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...