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Ein Text von captain kidd:
Album #35
Dizzy Gillespie – Something Old, Something New
[Philips PHM/(S) 600-091]
Dizzy Gillespie – Trumpet
James Moody – Flute, Altsaxophone, Tenorsaxophone
Kenny Barron – Piano
Chris White – Bass
Rudy Collins – Drums
1. Bebop
2. Good Bait
3. Medley: I can’t get started / ´Round midnight
4. Dizzy Atmosphere
5. November Afternoon
6. This lovely feeling
7. The day after
8. Cup Bearers
9. Early Mornin’ Blues (Bonus Track)
Recorded April 25, 1963 at A&R Recording, New York City. Produced by Hal Mooney.
Was kann man überhaupt über Dizzy Gillespie schreiben? Der Mann ist eine Legende. Miterfinder des BeBop und Vorbild für eine Reihe anderer Trompeter wie Miles Davis, Lee Morgan oder auch Freddie Hubbard. Vielleicht sogar Vorbild für alle Trompeter nach ihm. Darin nur vergleichbar mit Louis Armstrong. Und doch habe ich mich erst spät um Aufnahmen mit ihm gekümmert. Klar, die Aufnahmen mit Charlie Parker kannte man – aber der Bop jener Zeit gehörte nicht unbedingt zu meiner Lieblingsmusik. Auch das sollte sich mit Dizzy ändern. Aber der Reihe nach.
Meine erste Gillespie-CD war „Diz and Getz“ mit, natürlich, Stan Getz. Eine hart und schnell swingende Scheibe mit der ultimativen Version von „It don’t mean a thing (if it ain’t got that swing). Schnell musste eine zweite CD her, eben die hier besprochene. Und schon beim ersten Hören war ich total fasziniert – was eigentlich relativ selten vorkommt. Aber allein die himmelstürmende Lässigkeit des höllisch schnellen Openers riss mich förmlich vom Stuhl. Nach den unisono gespielten Anfangsriff spielt Moody ein wahnsinniges, funkinfiziertes Sax-Solo (mit einigen dreckigen Honks). Und dann kommt Dizzy. Er schert sich nicht um Taktgrenzen, sondern fackelt ein Feuerwerk von Melodieeinfällen und rhythmischen Variationen ab. Das alles in enormer Geschwindigkeit, die einen staunend zurück lässt. Aber immer mit Seele und merklicher Spielfreude. Und so faszinierend geht es weiter.
Herauszuheben zum Beispiel das Medley. Sehr ruhig und getragen erarbeiten sich Dizzy und Moody die Melodie, fangen dann kurz an zu swingen und schwenken anschleißend kongenial auf den Monk-Klassiker über. Moody spielt ein großartiges Solo, gefolgt von Dizzy, der am Ende eine waldhornartige Phrase bläst, die einen zwischen Lachen und Weinen zurücklässt. Nächstes Highlight ist das Stück „November Afternoon“ von Tom McIntosh, dessen Kompositionen einen Großteil der zweiten Seite ausmachen. Faszinierend hier vor allem, wie Trompete und Saxophon die Hauptmelodiephrase immer wieder zusammenspielen – besonders, wenn sie dies versetzt tun. Ein enorm spannendes Hörerlebnis.
„This Lovely Feeling“ ist dann das Flöten-Feature von Moody. Bemerkenswert hier, dass Dizzy am Ende des Stücks auch so klingt, als würde er Flöte statt Trompete spielen. Für diese Details liebe ich diese Platte. Denn auch die restlichen Stücke bieten genug Spannung und Spielfreude. Gleiches gilt für die Mitmusiker. Klar, Barron überzeugt auf ganzer Linie, aber auch die eher unbekannte Rhythmusgruppe swingt hervorragend. In den Liner Notes steht etwas von Gillespies „isolated masterpiece“ der 60er. Keine Ahnung, ob es wirklich das einzige in diesem Jahrzehnt von ihm war – aber ein Meisterwerk war und ist es auf jeden Fall.
Weiteres vom mittleren Dizzy:
Dizzy Gillespie and Stan Getz – Diz and Getz [Norgran MGN 1050 / Verve 549 749-2]
Dizzy Gillespie – At Newport [Verve 314 513 754-2]
(captain kidd)
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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...