Re: Handpicked Treasures Of Jazz

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mark-oliver-everett

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Chet Baker- She was too good to me (1974)

Chet Baker, Trumpet, Vocal
Paul Desmond, Alto Saxophone
Bob James, Electric Piano
Ron Carter, Bass
Jack DeJohnette, Drums
Steve Gadd, Drums

Mit ihm bin ich zum Jazz gekommen und deshalb hier ein kurzer Exkurs Chet Baker, so gut wie ich das als Jazzamateur Zustande bringe(Auf schweizerdeutsch “so häb-chläb“ :lol: )

Chet Baker, Der Melancholiker, 1929 in Yale geboren, war einer von vielen im Schatten des grossen Miles Davis und wurde wohl auch sehr stark von ihm beeinflusst. Trotzdem war er meiner Meinung nach, nie ein billiger Abklatsch des „Meisters“. Durch seine Zusammenarbeit mit Gerry Mulligan half er mit, den Cool Jazz zu etablieren und ihm seinen speziell, individuellen Stil aufzudrücken. Einen Stil den ich, selbst wenn er Miles Davis Titel spielt, irgendwie noch heraushören kann. Es ist diese enorme Melancholie, diese vor Trauer triefende Stimme, welche für mich Baker ausmacht. Der König des Cool ist dem Abgrund zum Kitsch immer sehr nah gewesen, finde ich. Stoff (!!) für diese melancholischen Stücke lieferte ihm sein Leben. Es war ein Leben mit grossen Auf und Abs. Ein Leben, welches so kein Einzelfall war. John Coltrane, Charlie Parker oder auch Miles Davis trugen ein Stück zu dieser tief deprimierenden Geschichte des Jazz und dem Rausch bei. Es war eine Sucht, die Chet Baker für sein Leben gebrandmarkt, ja gezeichnet hat. Man sehe sich nur ältere Bilder von Baker (Bsp. Im “As time goes by“- Booklet) an. Ein gesunder Mensch sieht eindeutig anders aus. Speziell weil Baker schon von Natur aus eine eher sensible Persönlichkeit war, zog ihnen die Drogen noch weiter nach unten als andere. Ein Teil seines Lebens der nicht schön ist, doch welcher Chet Bakers Arbeit, Liveauftritte und somit unser Bild, welches wir heute von ihm haben, mitgeprägt hat. (Chet Bakers längeren Gefängnisaufenthalte nicht zu vergessen)

Zu “She was too good to me”. Das Album ist 1974, nach 4 Jahre langer Pause, als Comebackalbum bei CTI Records erschienen. Ich persönliche halte es für ein sehr typisches Album von Chet Baker. Es enthält alle Merkmale, die für mich Chet Baker ausmachen. Neben den bekannten Ohrwurmqualitäten (Opener Autumn Leaves), eine ruhige, coole, oft schon fast “singende“ Trompete und bei “With a song in my heart“ auch seine, ja ich sag wunderbare, melancholische “Bubenstimme“ so rein und klar, als gäb es keine Traurigkeit mehr. Und was würde besser zu dieser zarten Stimme passen, als die zuckersüssen Violinen zum Titelsong “She was too good to me“ und die Worte „I am so blue“? Ja, ich finde das Album passend zurechtgemacht. Nicht zu kurz, nicht zu lang. Mit Auf und Abs, wie Bakers Leben auch. Manchmal sehr ruhig, zurückhaltend, subtil und oft aufbrausend, schnell und packend. Trotzdem ein inhaltlich geschlossenes Album, wie ich finde.

Was man auch über Chet Baker sagen mag, so ist er doch mit diesem und anderen Alben aus dem Schatten herausgetreten und hat seinen eigenen Stil geprägt, für den ich ihn so mag. Hierzu noch diese nette Seite von CTI Jazz und viel spass bei hören.

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TRINKEN WIE GEORGE BEST UND FUSSBALL SPIELEN WIE MARADONA