Re: Handpicked Treasures Of Jazz

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atom
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Ein Text von captain kidd:

Album #25

Clifford Brown & Max Roach – Clifford Brown and Max Roach
EmArcy MG-26043

Clifford Brown – Trumpet
Max Roach – Drums
Harold Land – Tenor Saxophone
Richie Powell – Piano
George Morrow – Bass

Recorded at Capitol Studios, Hollywood in August 1954.

1. Delilah
2. Parisian Thoroughfare
3. Daahoud
4. Joy spring
5. Jordu

Nur zwei Jahre spielten Brown und Roach zusammen. Doch in dieser Zeit zwischen 1954 und 1956 waren sie definitiv das beste Hard Bop Quintett überhaupt. Und auch heute haben die Stücke nichts von ihrer Vitalität und Strahlkraft verloren. Neben Art Blakeys Jazz Messengers (bei denen Brown ja auch kurz spielte) sicherlich die eindrucksvollsten Aufnahmen dieser Jazzrichtung und mit die lebendigste Musik überhaupt. Deswegen ist der frühe Tod von Clifford Brown und Bandpianist Richie Powell (Bruder von Boplegende Bud Powell) bei einem Autounfall auch musikalisch ein großer Verlust. Und der Jazz ist ja voll von solch frühen Verlusten. Okay, bei einigen deutete der Lebenswandel bereits früh auf eine kurze Lebenszeit hin, so z.B. bei Charlie Parker der nur 35 Jahre alt wurde. Aber auch viele ‚bodenständigere’ Musiker verstarben viel zu früh. So Trompeter (und, unglaublich aber wahr, Browns Nachfolger im Max Roach Quintet) Booker Little mit 23 Jahren, Bassvirtuose Scott LaFaro (25 Jahre), Multiinstrumentalist Eric Dolphy (36) und auch John Coltrane ist ja nur 41 Jahre alt geworden*. Müßig zu überlegen, was diese Genialisten alles noch veranstaltet hätten. Halten wir uns an das, was sie veranstaltet haben.

Meine erste Begegnung mit Clifford Brown hatte ich mit dem Memorial Album auf Blue Note. Und ich war sofort begeistert. Sein Ton, seine Melodieeinfälle und vor allem seine Verbindung der Tonschönheit eines Miles Davis mit der Geschwindigkeit von Dizzy Gillespie. Einzigartig. Schnell kaufte ich drei Brown/Roach CDs nach. Meine liebste wurde das Debut „Clifford Brown and Max Roach“. Jeder Track swingt von einer Idee zur nächsten, Melodien haken sich wie selbstverständlich fest und das Schlagzeug treibt und koloriert gleichzeitig. Über allem strahlt natürlich diese Trompete. Ideenreich, verletzlich, ausdrucksstark und manchmal einfach verdammt schnell. Aber immer auf den Punkt. Und immer mit Gefühl.

Am Anfang steht der Track „Delilah“. Trompete und Saxophon spielen eng ineinander gewoben eine orientalisch anmutende Melodie, bevor Land zu einem ersten Solo ansetzt. Und bei Browns Einsatz geht dann die Sonne auf. Man hat den Eindruck, als würde Roach auch noch wenig mehr swingen, als würde Brown alle mit seiner Wärme infizieren. Ach, herrlich. Und es geht immer so weiter. Das zweite Stücke ist ein schneller Rocker, an dessen Anfang ein wenig konfuse Bläsereinwürfe stehen, die sich dann jedoch urplötzlich zu einer eindringlichen, unisono gespielten Melodiephrase durchringen. Ein Wahnsinn das Ganze. Und auch die restlichen drei Stücke fallen nicht ab. Was fehlt ist vielleicht eine wirkliche Ballade, wie z.B. das eindringliche „Time“ auf der „At Basin Street“ Scheibe. Aber das ist zu verschmerzen. Kann man ja gleich danach hören. Wenn man diese CD durchgeswingt ist.

Weiter zu empfehlen:

Clifford Brown & Max Roach – Study in Brown [EmArcy 1955]
Clifford Brown & Max Roach – At Basin Street [EmArcy 1956]
Sarah Vaughan – Sarah Vaughan [EmArcy 1954]

* Diese traurige Liste ließe sich beinahe endlos fortsetzen. So sind auch Trompeter und Cool Urvater Bix Beiderbecke (29 Jahre), Gitarrenlegende Charlie Christian (26 Jahre), der Erfinder des modernen Bassspiels Jimmy Blanton (24 Jahre), Basswunderkind Paul Chambers (34 Jahre) und Freejazzer Albert Ayler (34 Jahre) alle sehr jung gestorben.

(captain kidd)

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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...