Re: Handpicked Treasures Of Jazz

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atom
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Ein Text von captain kidd. Leider etwas verspätet.

Album #16

Miles Davis – Kind of Blue

1. So What
2. Freddie Freeloader
3. Blue in Green
4. All Blues
5. Flamenco Sketches

Miles Davis – Trumpet
Julian ‚Cannonball’ Adderley – Alto Saxophone
John Coltrane – Tenor Saxophone
Bill Evans – Piano
Paul Chambers – Bass
Jimmy Cobb – Drums
Wynton Kelly – Piano (#2)

Im Original ist die Rede von Cannonball Adderly und Wyn Kelly. Man ist dabei immer von unabsichtlichen Schreibfehlern ausgegangen. Die beiden sind jedoch die Einzigen, die nicht direkt bei Columbia unter Vertrag waren, oder? Vielleicht ist das wieder so ein Pseudonyme Ding

Recorded at Columbia 30th Street Studio, New York City on March 2, 1959 (#1-3) and April 22, 19549 (#4,5). Produced by Irving Townsend

Es macht ja sicherlich sonst keiner. Und vielleicht ist es auch gar nicht nötig. Dieses Album kennt eh jeder. War ja sogar im Stone auf Platz irgendwas beim Poll der 500 besten Alben. Campino hat’s bestimmt auch gewählt. Eigentlich also so ein ekeliges Konsensalbum. Aber erstens werden Konsensalben eigentlich nie wirklich von demjenigen auch gehört (ist ja quasi der Sinn von solchen Alben, kann man halt aber schön mit angeben und sagen: seht her, Jazz höre ich auch) und zweitens sind sie manchmal doch einfach sehr sehr gut (siehe Pet sounds, What’s going on, Crooked rain Crooked rain). Hier nun also Kind of blue. Das meistverkaufteste, vielleicht das wichtigste aber bestimmt eines der schönsten Jazzalbum aller Zeiten. Für unzählige der erste Schritt in den Jazzkosmos, so auch für mich. Oder war es doch Billie Holiday?

Auf jeden Fall streifte ich durch den Plattenladen und sah dieses berühmte Cover. Auch durch den großen gelben Aufkleber (Jazz Masterpiece) war ich irgendwie angefixt, denn ich war gerade dabei, meine musikalischen Grenzen zu verschieben. Also CD in den Player im Ladenlokal und Kopfhörer auf. Und ungelogen, dieser tastende, verspielte Anfang nahm mich sofort gefangen. Ich war begeistert. Die Soli fand ich zunächst etwas zu lang und teilweise (Coltrane wohl) zu laut, aber dank dieses Anfangs kaufte ich die CD. Und hörte sie dann wochenlang beinah ununterbrochen. Immer mehr entfaltete sich die ganze spontane Schönheit der Aufnahmen. Ich fühlte jeden Ton, jede Phrase verankerte sich in meinem Kopf. Begeisterung. Bis heute kann ich nicht genau erklären, woran es liegt. Ich, man verzeihe diese Duselei, fühle es einfach. Und jedes Mal wieder.

Vielleicht spürt man einfach die Spontaneität der Spieler (von jedem Track soll es ja nur einen Take geben), die Freude, dass sie endlich nicht mehr wild durch die Akkorde rennen mussten wie beim Bop. Dass sie ihre Ideen freier verwirklichen konnten, dank der modalen Spielweise (die ich übrigens nie wirklich „verstanden“ aber möglicherweise „begriffen“ habe). Und vielleicht war Miles glücklich, endlich mal nur eigene Stücke spielen zu können und nicht auf die ewigen Standards zurückgreifen zu müssen. Dies macht jedenfalls für mich auch einen wichtigen Teil des Zaubers aus. Der größte Zauber geht natürlich von den Musikern selbst und deren Spiel aus. Sei es Miles weicher sinnlicher Ton, Adderleys tief im Blues verwurzelter Protofunk Jubel oder Coltranes nach Freiheiten suchender harter und klarer Sound. Einfach wunderbar. Und dazu eine unglaubliche Rhythmusgruppe. Der „zurückhaltende Intellektuelle“ Bill Evans am Klavier mit seinem kühlen Feuer (bei einem Stück funkelt jedoch Wynton Kelly mit einem robusten Solo), der junge Bassist Paul Chambers (Mr. PC) und am Schlagzeug Jimmy Cobb.

Alles Meister. Und so klingt die Musik auch, wiederum bitte ich um Verzeihung, meisterhaft. Das ist pure Schönheit. Schönheit des Augenblicks. Und dieser Augenblick kehrt immer wieder. Albern, dieses Album nicht hören zu wollen, weil es halt jeder hört, weil es eben ein Konsensalbum ist. Wer es nicht mag, okay, aber verstehen werde ich das wohl nie.

(captain kidd)

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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...