Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Handpicked Treasures Of Jazz › Re: Handpicked Treasures Of Jazz
Album #11
Eric Dolphy – Out To Lunch
Blue Note (BLP 4163)
Freddie Hubbard – tp
Eric Dolphy – as, f, bcl
Bobby Hutcherson – vib
Richard Davis – b
Anthony Williams – d
New Jersey 25.02.1964
Hat And Beard (Dolphy)
Something Sweet, Something Tender (Dolphy)
Gazzellon! (Dolphy)
Out To Lunch (Dolphy)
Straight Up And Down (Dolphy)
„Schon wieder Blue Note?“, mag manch geneigter Leser fragen. Ja, aber keine Angst. Es handelt sich nicht um noch eine typische Hard Bop Platte. Dies wäre 1964 von dem Avantgarde gestählten Multiinstrumentalist Eric Dolphy sicherlich auch nicht zu erwarten gewesen. Letztlich entzieht sich Dolphy jeglicher Kategorisierung. War sein Debut und die Zeit davor bei Chico Hamilton noch vage vom Hard Bop geprägt, wurde er zuhörends freier in seinen Improvisationen. Er arbeitete mit Coleman, Nelson, Coltrane, Mingus und verband – in ähnlicher Weise wie Roland Kirk – in seinem Spiel die Tradition mit den aufregenden Neuerungen der Avantgarde und des Free Jazz. Viel zu früh starb er 1964 im Alter von 36 Jahren in Berlin, kurz vor Erscheinen seines Meisterwerks ‚Out to Lunch!’.
Ich muss gestehen: Es hat etwas gedauert, bis ich Dolphy überhaupt (und diese Platte im besonderen) schätzen gelernt habe. Seine Melodielinien waren mir immer zu abstrakt, sein Spiel zu vordergründig, seine Strukturen zu vage. Ich hielt in lange für einen überschätzten Free Jazzer. Doch je öfter ich ‚Out to Lunch!’ hörte, um so mehr wurde ich in den eigenwilligen Kosmos des Eric Dolphy eingesogen. Man achte z.B. auf das wunderbare Zusammenspiel und die feine Melodik im Stück ‚Something sweet, something tender’, auf die klug gesetzten Akkorde von Hutcherson in ‚Out to lunch’ oder auf die schiere Kraft von ‚Straight up and down’, die vor allem durch Williams gnadenlose Snareschläge erzeugt wird. Sein Spiel ist auf der gesamten Platte eine bewundernswerte Mischung aus Härte, Lyrik und Swing. Wie Miles Davis schon sagte: „Es gab nur einen Tony Williams.“
Und es gab auch nur einen Eric Dolphy. Sein Spiel, mit den schnellen Läufen und den harschen Tönen, mag zunächst abschrecken. Doch irgendwann entdeckt man die Schönheit in seinem Spiel. Die Ausdruckskraft. Und – obwohl es albern klingen mag – man fühlt eine Ehrlichkeit, die einen verstört, beglückt und manchmal ziemlich fordert. Alles auch wunderbar zu hören auf der CD ‚Last Date’ u.a. mit dem traumhaften Flötensolo in ‚You don’t know what love is’. ‚Out to Lunch!’ bleibt aber seine beste Platte und sicherlich der beste Einstieg in die spannende Welt des Eric Dolphy. Man muss sich nur drauf einlassen.
(captain kidd)
Was für eine Session, was für ein Quintett!
Zwei immer wiederkehrende Feststellungen, wenn ich diese Platte auflege. Neben der absolut phantastischen Rhythmussektion (besonders Tony Williams) ist es das Vibraphonspiel Bobby Hutchersons, welches dieses Quintett so einzigartig macht.
Der pure Wahnsinn scheint es, der diese Gruppe antreibt. Ein gegenseitiges Umschwirren und Suchen von neuen Strukturen macht diese Session zu einem der interessantesten Momente im Nachkriegsjazz. Ich weiß nicht, ob es jedem im Moment des Entstehens bewusst war neues zu schaffen, aber genau diese Unwissenheit auf der einen und die Offenheit auf der anderen Seite macht den Reiz dieser Platte aus.
Das perfekte Zusammenspiel der beiden Bläser und deren brillantes Unisonospiel setzt dem Ganzen dann noch die Krone auf.
Wenn man erst den Zugang zu dieser wunderbaren Musik gefunden hat, lässt sie einen nicht mehr los.
Ich bin kein Freund von Superlativen, aber hier scheinen sie mir angebracht.
(atom)
--
Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...