Billy J. Kramer with The Dakotas: Little Children / They Remind Me Of You 1963 UK-Parlophone
Billy J. Kramer gehört ebenfalls zu den Propheten im eigenen Lande. Klar hatte er im UK seine Hits, gehörte zur Merseybeat-Oberklasse, richtig absahnen aber konnte er in den Staaten, weswegen es viel leichter ist, eine US-Pressung seiner LPs zu bekommen als eine aus dem Heimatland.
Little Children war in beiden Charts hoch vertreten, natürlich zu Recht. Es ist Merseybeat der allerfeinsten Art. Gitarrenorientierte Bandmusik, eine melodiöse, rhythmisch leicht vertrackte Mid-Tempo-Ballade, Billy J.’s schöne Stimme, die noch ganz leicht das 50s-Vibrato eines Elvis hat oder auf der Flip ein wenig Buddy Holly durchhören lässt, und natürlich ein hervorragender Song, mit perfekter Bridge, über die blöden kleinen Geschwister, die einen beim Date mit der großen Schwester stören.
Alles ist toll an dieser Aufnahme, nichts übertrieben, alles wunderbar auf den Punkt hin produziert. Man achte nur mal auf die Rhythmusgitarre oder den Sound der Leadgitarre, der mit einem Klavier kombiniert zu sein scheint. Die Dakotas in Bestform.
(·) Die UK-Pressung dürfte relativ leicht und einigermaßen günstig zu bekommen sein. Eine dt. Pressung gibt es nicht, obwohl die erste Single des Band, das von den Kramer-Buddies Lennon und McCartney für ihn geschriebene Do You Want To Know A Secret, auch in Deutschland erschien.
The Merseybeats: I Think Of You / Mister Moonlight 1963 UK-fontana
Sie hießen so wie die Musik, die sie spielten. Stammten natürlich aus Liverpool und waren eine von den vielen tollen Bands, die die Stadt am Mersey zu jener Zeit hervorbrachte. Eine der allerbesten.
Ihr größter Hit war diese ihre zweite Single, die es immerhin auf Platz 5 im UK schaffte. Anders als bei den Bands der R&B-Schiene war klassischer Merseybeat deutlich melodiebetonter, leichter, filigraner.
So auch I Think Of You. Es ist ein trauriges Liebeslied, das sich sanft swingend und völlig unaufdringlich in die Gehörgänge schleicht. Dreiteilig angelegt, kein klassischer Refrain, keine Hookline, nur das häufig wiederholte I Think Of You im Text. Dazu gebrochene Gitarrenakkorde und als Rhythmusinstrumente kaum mehr als zwei Klanghölzer und ein Bass. Was Band und Produktion aber aus diesen wenigen Zutaten machten, wie sie damit den ganz eigentümlichen, ein wenig weinerlichen Gesang von Tony Crane unterlegten, hat ganz große Klasse. I Think Of You ist damit eines der schönsten Liebeslieder des englischen Beat der 60s. Sehr dezent und unglaublich einfach gemacht, aber mit fantastischer Wirkung.
Die Flip enthält das auch von Lennon später gesungene Mr. Moonlight, hier aber in einer deutlich entspannteren Version.
(·) Auch diese Single dürfte im UK leicht zu bekommen sein.
The Ravens: I Just Wanna Hear You Say (I Love You) / Send Me An Angel 1964 UK-Oriole
Eine Band namens The Ravens gab es im UK schon Anfang der 50s. Ob es die gleichen Musiker sind wie hier, weiß ich nicht. Der RRPG listet diese Single jedenfalls unter dem gleichen Eintrag, wenn auch als einzige Single der 60s, 10 Jahre nach der letzten vorherigen Veröffentlichung. Die Musik der pre-Rock’n Roll-Band jedenfalls wird keinesfalls so geklungen haben wie diese Platte hier.
Noch sind die 50s herauszuhören in den großartigen Vocals, dem Backgroundchor. Deutlich aber sind auch 60s auszumachen, leichte Einflüsse von Joe Meek und vor allem die Frische und Spielfreude des Merseybeat. Während die A-Seite ein hohes Pop-Appeal aufweist, verweist die Flip mit ihrer kraftvollen Gitarre auf die Gruppensounds vom Mersey River. Beide Tracks sind absolut catchy, und sie sind, ob Beat oder nicht, Perlen ihrer Zeit und passen tatsächlich besser in das Jahr 63, in dem der RRPG die Single ansiedelt, als nach 64, wie es auf dem Label angegeben ist.
Alles in allem ist auch diese Platte eine meiner Fave-Singles jener Zeit, auch wenn sie recht unbekannt geblieben ist.
(·) Der RRPG siedelt den Wert bei 22 Pfund an. Ich weiß nicht, wie realistisch dies ist.
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