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Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich: Bend It / You Make It Move 1966 D-Starclub
Die A-Seite war ziemlich grausam. Ein einfallslos stampfendes, sirtakihaft musikalisches Etwas, das den Beat-Club und seine Uschi verzauberte, aber uns Dreizehnjährige lehrte, dass die Ware Musik auch etwas mit Anstand zu tun haben sollte. Sirtaki ist seitdem gründlich tot für mich. Und Dave Dee bekamen von mir den Stempel, der eigentlich für die Monkees vorgesehen war. Dennoch stelle ich die Single hier natürlich nicht ohne Grund vor. Es geht schließlich um Faves. Und ein Fave ist die Rückseite. Im UK war es ihre zweite 7“, hier erschien sie als Flip von Bend It.
Die Band selbst war keinesfalls eine Retortenband. Die fünf Jungs konnten spielen und hatten schon einige Zeit Top Ten-Band-Erfahrung auf dem Buckel, als sie schließlich unter der Ägide von Blakley/Howard die Charts bei uns und im UK stürmten. Ein Hit nach dem anderen. Zu ihren Gunsten sei vermerkt: auf jeden war man irgendwie gespannt, jeder brachte etwas Neues, jeder hatte ein sehr eigenes Gesicht, aber das war es dann auch. Bis auf Hold Tight und meiner Erinnerung nach Okay mochte ich die anderen Sachen nicht.
Mit meinen heutigen Ohren gehört hat You Make It Move zwar einen viel zu stompend stupiden Beat, also überhaupt keinen Swing, -ähnlich wie ihr erster wirklich großer Erfolg Hold Tight- aber es ist dennoch eine feine Beatnummer mit einer schön sägenden Gitarre. Damals gern und oft von mir gespielt in der Musikbox, kam doch der wuchtige Rhythmus dort mit noch mehr Punch rüber als über heutige Stereoanlagen. Mein Fave-Track von der Band.
Apropos Beat-Club: Ab Bend It waren Dave Dee & Co., wie die Bee Gees bald, Dauergäste im Beatclub jener Zeit: Degeneriert zu Clowns. Für mich damals unverzeihlich, was sie der geliebten und ernst genommenen Popmusik antaten. Präsentiert von Uschi und Dave Lee, der zwar mehr von der Materie zu verstehen schien als Fräulein Nerke, der aber mit seinem blöden Getue dieser Veralberung von Musik zusätzlichen Vorschub leistete. Ziemlich unerträglich für einen, dem das alles mehr bedeutete. Glücklicherweise gab es zu jener Zeit genug gute Musik, die gespielt wurde, weshalb der Beat-Club nach wie vor eine Pflichtveranstaltung blieb.
(·) DDDBM&T-7“s sind die häufigsten Starclub-Singles. (Zur Erinnerung: Starclub-Sigles sind insgesamt sehr gesucht, auch wenn hohe Preise nur noch für absolut neuwertige Ware bezahlt werden.) Diese dürfte eigentlich noch unter 10 Euro zu bekommen sein.
Dave Davies: Death Of A Clown / Love Me Till The Sun Shines 1967 D-PYE
Die Kinks gehen auseinander. Streit zwischen den Brüdern. Dave fühlt sich untergebuttert von seinem Bruder. Hat Stress mit dem Schlagzeuger. Seltsame Geschichten wurden zuhauf kolportiert zu jener Zeit. Keiner von uns Jungs wusste Genaues, dafür hatte wir viel zu schlechte Quellen. Und bei allen Erfolgen der Kinks, bei aller Liebe zu den Kinks, der kleine Dave machte plötzlich das Rennen und landete einen der größten Hits des Jahres. Mich ärgerte das ein wenig. Bald aber rückten Autumn Almanac, Wonderboy und Days mein Kinks-Weltbild wieder zurecht.
Dennoch war der Clown natürlich eine tolle Platte, ihre musikalische Einzigartig- und eigentümliche Unverwechselbarkeit macht sie jedoch auch recht anfällig für Gewöhnungseffekte, weshalb mein Verhältnis zu diesem Track nach wie vor etwas zwiespältig ist.
Die B-Seite enthält mit Love Me Till The Sun Shines eine schöne Kinks-Nummer, etwas eindimensional vielleicht vom Song her, aber schön knüppelig und mit Verve gespielt.
(·) Die Single ist sehr häufig, meistens aber abgespielt und daher in Mint eher selten. Mit etwas Glück sollte man ein gutes Exemplar dennoch unter 10 Euro bekommen.
Alan Price: To Ramona / Born To Follow 1967 US-Parrot
Zum guten Schluss habe ich jetzt doch noch eine sehr rare Single ausgewählt. Sie ist mir in den letzten Monaten so wichtig geworden, dass ich sie unbedingt vorstellen möchte.
Alan Price, ehedem Animals-Organist und klassischer, typisch englischer Bohemien, was sehr schön in Don’t Look Back zu sehen ist, hatte sich von den alten Freunden getrennt und ging seit Mitte der 60er eigene Wege. 1967 erschien sein Solo-Album A Price On His Head, das u.a. auch den Dylan-Klassiker To Ramona enthielt. Der Track funkelte für mich schon immer aufgrund seiner intimen Eigenheit und völligen Reduziertheit aus dem Album heraus. Nun bekam ich vor einiger Zeit endlich diese entsprechende Single und war noch weitaus mehr fasziniert.
Auf der LP singt Price das Lied an Ramona sehr zurückhaltend und bewegend zärtlich, nur begleitet von einem leicht verhallten alten Klavier, kein Flügel. Von der Single erwartete ich natürlich nichts anderes als das Bekannte und doch, es kam anders. Die ohnehin schon wunderbare Aufnahme wird hier nämlich ab der zweiten Strophe mit vorsichtigst hinzugefügten Streichern noch derart veredelt, dass es förmlich sprachlos macht. Die ganze melancholische Sanftheit der Aufnahme bekommt plötzlich, weitab von jedem Pathos, eine noch größere Tiefe und Vielschichtigkeit. Die Strings führen, bei aller Zurückhaltung, eine Art Eigenleben, was dem Song mehr als angemessen ist. Mag ja sein, dass das Arrangement eine billige Auftragsarbeit war, mag sogar sein, dass die Rhythmen von Klavier und Streichern sich möglicherweise ungewollt etwas überlagern, das Ergebnis jedenfalls ist schicht und ergreifend atemberaubend. Das drittbeste Dylan-Cover!
Not Born To Follow ist der Goffin/King-Song, den auch die Byrds gecovert haben. Er mag als A-Seite gemeint gewesen sein, da er non-LP ist. So ganz ist das der Single nicht zu entnehmen. Für mich ist To Ramona die deutlich wichtigere Seite. Auch wenn Follow die Price’sche Melancholie, vor allem bedingt durch seine Stimme, beinahe ebenso schön transportiert.
Meine meistgespielte Single der letzten Monate.
(·) Leider ist mein Exemplar durch die Kugelschreiberschmiererei weit weg von einer guten Erhaltung, auch wenn es nach gründlicher Reinigung noch recht schön spielt. In den letzten Jahren habe ich bei ebay ganze zwei Exemplare von dieser Platte ausfindig gemacht. Dank an Mrs. Garthi, dass sie mir dieses hier überlassen hat. Preis? Wenn man sie findet, dann wohl für wenig Geld. Möglicherweise ist die Platte auch nur als Promo-Copy erschienen.
Today’s Tops:
1 Price
2 Davies
3 Monkees
4 Smoke
5 West
6 Dave Dee
PS: Kommentare von Gastlesern gern auch an otis-online@gmx.de
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FAVOURITES