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Faves #75
Heute ein Sixpack aus den Jahren 66/67. Pop aus der Zeit des pubertierenden Otis. Singles, die ich damals gehört habe, nicht unbedingt meine allerliebsten aus der Zeit. Die kamen hier nämlich schon fast alle vor. Vielmehr einige, denen man nicht aus dem Weg gehen konnte, die uns damals auf ihre Art begleiteten, zu denen man Stellung bezog, ziemlich subjektiv. Allemal aber interessant genug, dass es lohnt, sie hier auszubreiten. Und auf ihre Art auch immer Faves.
The Monkees: A Little Bit Me, A Little Bit You / The Girl I Knew Somewhere 1967 D-RCA
Über die Monkees habe ich andernorts schon geschrieben. Casting band, boy group. Das wussten wir damals natürlich alles, darüber rümpften wir massiv und naseweis die Nase. Und dennoch konnte ich mich ihrem Charme nie entziehen. Ich habe kaum einmal eine LP von ihnen besessen, aber wohl schon alle Singles. Die derzeit letzten Lücken sollte ich bald schließen.
Ja, sie waren irgendwo verflucht sympathisch, clever und als Produkt einfach gut. Es passte alles. Und jede kleine Geschichte von Rebellion im Lager der Jungs (mal hieß es, sie wollten ihre Titel nun selbst einspielen, dann, sie wollten sogar selber ihre Songs schreiben), sogen wir begierig auf, als Rechtfertigung dafür, dass an den Jungs tatsächlich was dran war, dass sie was konnten, dass sie gut waren.
Dabei reichten doch die Singles selbst eigentlich schon aus. Mit offenen Ohren gehört enthalten sie allerfeinste Popmusik, mit größtenteils großartigen Songs.
Diese hier ist ein schönes Beispiel dafür. Ein Traumtitel, ein typischer Neil Diamond-Song, und eine perfekte Umsetzung. Noch heute schmelze ich dahin, wenn Micky Dolenz sein Girl I don’t want to find … singt. So weich, so zart. Dazu kam der Drive der etwas vertrackten Rhythmen und Breaks. Das zog selbst uns, noch reichlich schüchterne Jungs auf die Tanzfläche.
Und auf der Rückseite dann tatsächlich ein eigener Song. Der Mann mit der Bommelmütze hatte ihn geschrieben, unter uns Fans der unbeliebteste, aber als Musiker der beste von ihnen: Michael Nesmith. Er sollte noch viele weitere gute schreiben.
(·) Diese Single dürfte für 10 Euro in sehr gutem Zustand zu bekommen sein. In wirklich neuwertigem, aber wohl teurer.
The Smoke: My Friend Jack / We Can take It 1967 D-Metronome
Banned in the UK, bei uns ein großer Hit. Es hieß, es ginge um Drogen. Wir Unschuldslämmer vom Lande fanden die Single vom Text her allerdings ziemlich harmlos, waren aber in unserem Alter natürlich noch nicht textsicher. Dennoch glaubten wir, in dieser Hinsicht schon wesentlich „psychedelischere“, die Erwartung an Drogeninspiration weitaus mehr bestätigende Musik gehört zu haben als dieses einfache Liedchen. Wenn eine solche Melodie Ergebnis der geheimnisvollen Drogen war, dann konnte es mit denen nicht so weit her sein. Zur gleichen Zeit war auch Painterman von den Creation in den Hitparaden, was für mich persönlich ähnlich problematisch, weil songmäßig ähnlich belanglos war. Angetan hatte es uns natürlich der fantastische Gitarreneffekt. Den aber bekam der Gitarrist unserer Schulband nach kurzem Üben genauso gut hin, womit dieser Zauber auch recht schnell verflogen war.
Für mich war die Rückseite viel wichtiger. In feinster Who-Manier, mit viel Drive und deutlich weniger Kinderliedmelodie röhrte We Can Take It aus den Musikboxen. Ein toller Track. Allein er lohnt die Single. My Friend Jack brauche ich heute nicht mehr unbedingt, aber We Can Take It lege ich immer noch gern auf.
(·) Da die deutlich seltenere UK-Pressung mit 35 Pfund zu Buche steht, sind die Engländer nach wie vor scharf auf diese dt. Single, weshalb sie bei uns nicht sonderlich günstig ist.
Keith West: Excerpt Form “A Teenage Opera” / Theme From “A Teenage Opera” 1967 D-Odeon
Ein Unikum, ein Rätsel, wie so etwas ein solcher Hit werden konnte. Keiner mochte die Platte aus ganzem Herzen, aber auch kaum einer vermochte sich ihrem Charme zu entziehen.
Die Geschichte ist schnell erzählt: Der deutsche Mark Wirtz wollte mit Keith West (Mitglied von Tomorrow, einer der vielen Psych-Bands jener Zeit, allerdings einer der besten) im Swinging London von ´67 eine Teenage Opera herausbringen. Nichts wurde daraus (Ende der 90er erschienen Reste auf einer CD, hört man), nur diese Single hier erreichte die Ohren der Hörer. Und sie schlug unglaublich ein. Das ehrgeizige Opernprojekt im Hinterkopf bekam sie für den Hörer eine eigenartige Faszination. Was sollte das große Ganze wohl werden, angesichts dieser Kindermusik? Wie sollte sich aus der kleinen Geschichte um Grocer Jack ein tragfähiges Libretto entwickeln? Und das mit dem Titel „Teenage Opera“!! In meinem Leben jedenfalls gab es Wichtigeres als kleine Krauter.
Es wurde ja auch nichts daraus, doch allein diese Single war eine kleine Oper für sich. Sie bot in fast viereinhalb Minuten sehr viel schöne Melodien, klassisches Instrumentarium, rührend unschuldige Kinderstimmen und einen musikalischen Pomp, der sich in keiner Weise durch die Story um Jack zu rechtfertigen schien. Und dennoch gelangte hinter all der Verspieltheit eine naive Wahrheit ans Tageslicht, dass es für den Hörer kein Entrinnen gab. Urenglisch das alles. Und sehr schön.
(·) Häufig und häufig schlecht erhalten. Dennoch im einstelligen Eurobereich.
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