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Faves #74
Die heutigen Singles wurden allesamt vor meiner bewussten Musikhörerzeit veröffentlicht. Ich habe sie also als Nachgeborener lieben gelernt.
Dion: Little Diane / Lost For Sure 1962 US-Laurie
Nachdem sich Dion und seine Belmonts im Sommer 1960 getrennt hatten (seine Heroinsucht war eine zu große Belastung für eine weitere Zusammenarbeit), versuchte er es zunächst auf eigene Faust, ehe er sich mit den Del-Satins als Backgroundsängern zusammentat und in den Jahren 61/62 mehrere große Hits produzierte. So sorgten Runaround Sue (#1), The Wanderer (#2), Lovers Who Wander (#3) und Little Diane (#8) in den US-Charts für reichlich Wirbel, waren aber auch im UK und bei uns recht erfolgreich.
Little Diane ist ein grandioses Klagelied über die Treulosigkeit seiner Diane. Dion singt es mit einer Stimme voller Schmerz, intensiv, drängend und klagend. Die musikalische Inszenierung dazu ist grandios. Die abfallende harmonische Linie mit den parallelen, aber jeweils leicht nach oben führenden Melodielinien spiegelt die Stimmung zwischen Trostlosigkeit und einem Rest Hoffnung wunderbar wider. Garniert wird der Track mit Bazooka-Sounds (das ist jene billige Faschings-Tröte, durch die man quäkende Laute von sich geben kann, hier möglicherweise von einer Orgel eingespielt), die die Leiden des Sängers kongenial ergänzen. Popmusik allererster Güte.
(·) Die US-Pressung wird im Katalog mit 20 $ angesetzt, hinzu kommt das oben abgebildete Sleeve mit 40$.
Ramrods: Geisterreiter ((Ghost) Riders In The Sky) / Zig Zag 1961 D-London
Stan Jones’ Song von den Geisterreitern (1949) ist ein viel gecoverter Country-Klassiker. Die Geschichte vom alten Cowboy, der von einem Ghost Rider ermahnt wird, sein Leben zu ändern, ansonsten sei er, wie sie selbst, dazu verdammt, des Teufels Herde in den endlosen Weiten des Himmels einzufangen, auf ewig vergeblich. Ein großartiger, düsterer Song, gespeist aus des Cowboys Ängsten und Einsamkeit, archetypisch und in sich ausgesprochen schlüssig.
Es gibt eine Unzahl von Coverversionen, diese hier von den Ramrods verzichtet auf den Text und kommt als Instrumental daher. Es erreichte damals in den USA, als Fender-Gitarre und Country noch nicht so recht zusammen gingen, zwar nur mit Mühe die Top Thirty (im Apache-geschulten UK allerdings Platz 7), war aber ein Longseller und zählt heute zu den ganz großen Instrumentalklassikern. Es ist grandios gemacht. Die Melodie wird zu Beginn von einer twangenden Duane Eddie-Gitarre gespielt, unbegleitet und voller Spannung auf das Kommende, dann steigert sich das Ganze, wird mit allerlei z.T. unheimlichen Geräuschen unterlegt und so schafft es auch das Instrumental locker, den Geist des Songs, seine Düsternis und Mystik nachzubilden.
(·) Die dt. Ramrods-Single ist wohl nur in neuwertigem Zustand sehr selten. Die Pressung klingt sehr gut und ist auch deshalb einen Kauf wert.
Jimmy Gilmer And The Fireballs: Daisy Petal Pickin’ / When My Tears Have Dried 1963 D-London
The Fireballs waren eine von Norman Petty produzierte Instrumental-Band, also aus dem Hause, in dem Buddy Holly seine unvergleichlichen Tracks produzierte. Sie hatten Ende der 50er einige Hits. Anfang der 60s sahen sie sich nach einem Sänger um und fanden ihn in Jimmy Gilmer, der schon einige Soloerfahrung hatte. Auf Drängen Pettys nannten sie sich nun Jimmy Gilmer & The Fireballs, nach dem Vorbild von Buddy Holly & The Crickets.
Gleich die erste Platte, Sugar Shack, wurde ein großer Hit. Daisy Petal Pickin’ ist eine Art Follow Up davon. Ich habe es anstelle von Sugar Shack ausgewählt, weil ich die Platte mit dem oben abgebildeten schönen und recht seltenen Cover besitze.
Sugar Shack war eine flotte Pop-Nummer, geschrieben von einem Mitglied der String A Longs und produziert von Petty. Als musikalischer Gimmick taucht immer wieder eine kleine Melodielinie auf, sie klingt wie von einer Flöte, wurde aber auf einer Vox-Orgel gespielt. Sugar Shack war in den Staaten mit anderthalb Millionen Singles einer der meistverkaufte Hits 1963. Als Daisy Petal Pickin’ ein paar Monate später erschien, begann gerade die British Invasion und so ging die Platte etwas unter.
Der Track setzt dezent auf das Erfolgsrezept des Vorgängers und enthält im Hintergrund wieder die bekannten Vox-Sounds, ist insgesamt aber etwas rockiger und härter, Crickets-mäßiger. Eine tolle Platte, auch angesichts der wunderschönen Rückseite, einer Ballade, die zu anderen Zeiten ohne Weiteres selbst großes Hitpotenzial gehabt hätte.
Jimmy Gilmer nahm noch einige weitere Singles mit den Fireballs auf, allesamt weniger erfolgreich. Erst 1968 konnten die Fireballs mit Bottle Of Wine noch einmal einen Top Ten-Hit landen.
Die Rückseite des obigen Sleeves enthält einen biografischen Text zu Gilmer und weist auf die Platte Sugar Shack hin, die natürlich auch auf London erhältlich war. Gilmers Pre-Fireballs-Platte, Born To Be With You / I´m Gonna Go Walkin wird dort nicht erwähnt, obwohl sie zuvor ebenfalls im gleichen Hause veröffentlicht worden war. Allerdings unter dem Namen Chimmy(!) Gilmer.
(·) Die obige dt. Single-Ausgabe ist sehr selten. Vor allem das Cover dürfte die Platte recht teuer machen, da auch US-Fans interessiert wären. Ich habe sie noch nie bei Ebay angeboten gesehen.
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