Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Faves #73

Nach einer kleinen Pause ein Faves-Start ins neue Jahr. Eigentlich sollte es eine gemischte Runde werden, aber die Girls hatten so sehr die Oberhand, dass ich am Ende eine reine Mädchen-Ausgabe daraus gemacht habe. Auf geht’s.


The Flatmates: I Could Be In Heaven // Tell Me Why / So In Love With You 1986 UK-Subway

Die Flatmates waren Teil der independent C86-Britpop-Generation mit einer Musik, die durch sweet melodies, jangling guitars und Frische und Unverbrauchtheit zu gefallen wusste, zumal ihr jegliches Sound- und Studiokalkül abzugehen schien. Und Subway war eines der wichtigen Label. Zwar konnte kaum eine Band mit dem Etikett C86 (benannt nach einer Musikkassette des NME) wirklich große Erfolge verbuchen, Nachfolger aber finden sich bis heute in der Szene (z.B. Belle & Sebastian).
Ich jedenfalls war damals ziemlich begeistert und, wenn ein Mädel die Leadvocals sang, erst recht. Ob bei den Shop Assistants, Talulah Gosh, den Primitives oder eben den Flatmates. Girl Pop der dritten Generation.
Die A-Seite enthält einen jener klassischen Tracks der Szene mit kurzen eingängigen Melodieschnipseln, Background-Ohooaho und diesem Schrammelgitarrenhintergrund, was den oftmals leblosen Studioproduktionen des beginnenden digitalen Zeitalters mühelos Paroli bieten konnte. Die Flip enthält zwei weitere Preziosen, die aber nicht an die heftig pubertären Liebesträume der A-Seite heranreichen. Twee Pop at its best.

(·) Im Netz angeboten zwischen 10 und 30 $. Man bediene sich.


The Supremes: Come See About Me / Long Gone Lover 1964 NL-Motown

Nach Where Did Our Love Go schien es kein Halten mehr zu geben für die Supremes. Ein Hit löste den anderen ab, weltweit. Die Supremes wurden weltweit zum bestverkauften schwarzen Act der 60s. Man produzierte in den Anfangsjahren gar deutsch gesungene Singles mit den drei Schönen aus Detroit, auch sie fanden Abnehmer.
Come See About Me war ihre dritte Hitsingle, konnte allerdings nach Baby Love nicht ganz an die großen Erfolge der beiden Vorgänger anschließen. Dafür war der Song zu wenig catchy, die Hookline zu unaufdringlich. Dennoch eine große Platte, die es verdient hat, ans Tageslicht geholt zu werden, enthält sie doch alle Zutaten des klassischen Motown-Sounds. Die Rückseite ist musikalisch etwas untypischer für die Supremes und erinnert mit den tief gesungenen dunklen Vokalen im Titel an den Song I’m Blue (The Gong-Gong Song).

(·) Die frühen Motown-Singles der Supremes, Four Tops, M. Gaye und einiger weiterer Künstler erschienen in Deutschland auf CBS. Wenn sie Pic-Sleeves hatten, waren diese zumeist wunderschön, weshalb sie heute natürlich recht gesucht sind. Das obige dt. Sleeve besitze ich nicht selbst, die holländische Pressung links ist etwas häufiger. Eine mint-Copy davon dürfte ca. 15 Euro kosten, die dt. ist wohl teurer. Ganz rechts habe ich die Rückseite des You Can’t Hurry Love-Covers abgebildet (schon eine Tamla Motown-Ausgabe), welches einige der früheren CBS-Platten zeigt. Drei der abgebildeten Singles waren übrigens in dt. gesungen. Allesamt heute natürlich extrem gesucht.


Ella Washington: Bye, Bye, Baby / The Grass Is Always Greener (On The Opposite Of the Fence) 1967 US-Atlantic

Der aufmerksame Faves-Leser mag sich erinnern, dass He Called Me Baby von Ella in meiner Top 20 ist. Hat es eine Platte einmal bis dahin geschafft, sucht man natürlich weitere Singles der Künstlerin, und das war weder sonderlich schwer angesichts des schmalen Ouevre der Sängerin, noch besonders teuer, da Ella Washington nicht zu den gesuchten Stimmen dieser Welt zu zählen scheint. Ihr Sound Stage 7-Output ist, bis auf die großartige LP, leicht zu bekommen, aber ihre ersten beiden (?) Singles, zunächst jene auf dem regionalen Florida-Label Octavia und dann die Atlantic hier, waren schon ein größeres Problem. Gerade letztere habe ich jahrelang gesucht. Dabei schien sie gar nicht einmal so unglaublich rar zu sein, wie der Preis vermuten ließ; sie ging stets recht teuer für 35-70$ weg. Ich bekam sie aber einfach nicht, da ich in den US-Auktionen immer im letzten Augenblick, meist morgens gegen 4 oder 5 Uhr, überboten wurde und war also verdammt heiß auf die Platte. Sie musste eine besondere sein. Mittlerweile hatte ich längst die Octavia-Single gefunden, aber auch mitbekommen, dass gerade die Atlantic einen gewissen Status im Northern-Soul-Bereich für sich beanspruchte, was dann den Preis erklärte. Irgendwann fand ich sie schließlich in Mint zum Fixpreis und griff zu.
Man kann meine Spannung verstehen, als ich sie auflegte. Und ich war zunächst leicht enttäuscht, zumindest von der A-Seite. Ein Uptempo-Track, der zwar einen gehörigen Drive hatte, aber als Song nicht unbedingt viel hermachte. Seltsame harmonische Rückungen und etwas holprige Drums waren nicht unbedingt das, was ich erwartet hatte. Beim Nachhören ergab das Ganze (bis auf die schwachen Drums) zwar etwas mehr Sinn und aber der erwartete Killertrack war Bye Bye Baby nicht.
Die Flip war mir als Instrumental-Track von der Octavia-Single bekannt, jetzt also mit Ellas Gesang und als wesentlich langsamere Ballade. Wunderschön. Wieder kam hier, wie natürlich auch auf der A-Seite, ihre biegsame, immer kontrollierte und auch im shouting noch weiche Stimme bestens zur Geltung.
Unterm Strich bleibt eine ***1/2 A-Seite und eine gute **** B-Seite.
So kann’s gehen mit den teureren Singles.

(·) Wie oben beschrieben, ist die Single in Mint kaum unter 40 $ zu bekommen.

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