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The Searchers: Desdemona / The World Is Waiting For Tomorrow 1971 D-RCA
Die Searchers hatten ihre beste Zeit Anfang bis Mitte der 60er und existieren noch heute. Aber richtig wahrgenommen wurden sie nach ihrer großen Zeit kaum noch, obwohl sie, wie ich durch Roots heute weiß, weiterhin tolle Platten gemacht, von denen sich schon so einige bei mir angesammelt haben. Eine davon ist diese.
Mit dem nachlassenden Erfolg verbunden sind gemeinhin Firmenwechsel (wie übrigens auch bei den Fortunes oben), von Pye ging es mit sehr wenig Erfolg für zwei (gute) Singles zu Liberty, von dort Anfang der 70er zu RCA. Desdemona war die erste Single der Searchers für das neue Label.
Der Song hat nichts mit dem bekannten Bolan-Song zu tun, ist diesem aber auf seine Art durchaus ebenbürtig. Und wieder dürfen wir den ureigenen Qualitäten dieser Band lauschen: ein in jeder Hinsicht perfekter Einsatz und stilsicheres timing aller musikalischen Zutaten. Das ist reine Popmusik, mit der Betonung auf Musik, aber derart stimmig produziert und in sich geschlossen, dass man nur staunen kann. Dass solche Musik Anfang der 70er kein großes Publikum mehr fand, scheint im Nachhinein verständlich. Für die Charts war sie einerseits nicht einfach genug, andererseits lugte der Glamrock damals schon um die Ecke, und da passte sie ebenfalls nicht hinein. Dennoch: Eine der ganz, ganz großen Searchers-Singles. Und sie haben eine Unmenge guter gemacht.
(·) Nicht leicht zu finden, mit 10 Euro sollte man für ein gut erhaltenes Exemplar allemal rechnen. Searchers-Fans mögen zwar nicht so häufig sein wie Stones- oder Beatles-Fans, aber es gibt mehr, als man denken mag, und die Platten sind deutlich seltener als die der Big Two.
Pat Boone: Little Honda / Beach Girl 1964 D-Vogue
Natürlich steht Roots auch für absolute Detailkenntnis und Hintergrundwissen, was dann Schätze ans Tageslicht bringt, von denen der gewöhnliche Hörer kaum wissen kann. Immer mit strengem Blick auf die Qualität der Aufnahme, aber oft auch mit einem augenzwinkernden „Das habt ihr noch nicht gehört, nicht wahr?!“ präsentiert der DJ dann wieder ein seltenes Stück. Nö, haben wir noch nicht gehört, wie auch, bei so unbekannten Zusammenhängen, bei so kleinen Auflagen. Auch hierfür zwei Beispiele.
Pat Boone ist sicher nicht erster Kandidat, in roots gespielt zu werden, eher wäre er einer der letzten, da Boone von Beginn an für die Weichspülvariante von Rock und Pop stand. Er war zwar zeitweise ein echter Konkurrent für den King, er sang Tutti Frutti und Long Tall Sally, aber kam nicht ansatzweise so authentisch oder gar rock-rebellisch rüber wie der King. Eher stellte er die Schwiegersohn-Variante dar, von der Elvis wiederum manchmal geträumt haben mag.
Eines Abends nun spielte WD diese Single mit der Frage in der Anmoderation, wer wohl der Sänger sei. Wir hörten Little Honda, durchaus adäquat performed, mit Beach Boys-artigen Backings. In der Abmoderation dann die Auflösung: Terry Melcher hatte produziert, die Beach Boys waren als Background-Sänger ebenfalls am Werke, und wir hörten, dass dies eine Pat Boone-Single gewesen war. Es sollte noch besser kommen, als der DJ ein paar Minuten später die B-Seite spielte. Beach Girl ist ein Song von Melcher und Beach Boy-Johnston, eigens für diese Aufnahme geschrieben und in jeder Hinsicht auf der Höhe der Beach Boys-Tracks jener Zeit. Mögen Melcher auch die letzten Brian Wilson’schen Finessen fehlen, so gelang ihm mit Beach Girl dennoch eine wunderschöne Aufnahme, die ich keineswegs mehr missen möchte. Auf den Spuren der Vorbilder, aber mit durchaus eigener Statur. Sehr gut.
(·) Aus jener Zeit bei Vogue gibt es einige Pat Boone-Singles, die sein Bemühen um Anschluss an die neue Zeit erkennen lassen. Keine der mir bekannten kann aber mit einem derart originären und guten Track aufwarten. Da dies nach wie vor nicht sonderlich bekannt zu sein scheint, findet man die Platte dann und wann recht günstig. Und die, die ich bislang gesehen habe, waren sogar sehr schön erhalten. Wer hörte damals schon Pat Boone? ,-)
John Walker: Good Days / Midnight Morning 1973 US-The Greene Mountain Record Company
WD’s Vorliebe für die Stones wie für die Walker Brothers ist bekannt. Im Prinzip hatten beide im wirklichen Leben nicht sonderlich viel miteinander zu tun. Und dennoch gibt es zwei Singles, auf denen eine direkte Beziehung besteht. Eine von diesen habe ich http://www.rollingstone.de/forum/showthread.php?p=762623&highlight=strangers+tell#post762623 hier schon vorgestellt. Scott’s Version von Tell Me mit einer Gruppe namens The Strangers.
Hier nun sind die Stones teilweise selber involviert. Good Days ist ein Rocker, der im April 71 kurz vor den Aufnahmen zu Exile von Bill Wyman mit John Walker produziert wurde. Sein Finish erhielt er einige Wochen später mit der Exile-Mannschaft (backing vocals und Bläser) in Villefranche in Keef’s Haus.
Nach einem etwas trockenen, bassbetonten Beginn, entwickelt sich der Track sehr schön und bekommt durch die Arrangement-Zugaben dann gehörigen drive.
Midnight Morning zeigt die Bläserarbeit Bobby Keys’ von ihrer besten Seite. Ein saftig groovender Track, dem man jedoch gern eine Mick Taylor’sche Gitarre gewünscht hätte. Beide Titel sind übrigens Walker-Kompositionen.
Es ist unklar, ob die Platte wirklich jemals das Licht der Welt erblickt hat und nicht nur in wenigen hundert(?) Exemplaren als Promocopy existiert. Die „bekannten“ Exemplare jedenfalls sind allesamt mit diesem Aufdruck versehen. Bemerkenswert auch, dass sie als Mono-Version veröffentlicht wurde.
(·) Ich habe die Single tief in den Kellern des www nach langem Suchen gefunden. Der Besitzer wusste wohl kaum um den kleinen Schatz, den er da in den Massen seiner angebotenen Singles barg. Auf mein Angebot von 25$ incl. Porto ging er gern ein. Unter Kundigen müsste das ein Dumping-Preis sein.
Today’s Tops:
1 Stanton
2 Searchers
3 Nitty Gritty Dirt Band
4 John Walker
5 Fortunes
6 Boone
PS: Kommentare von Gastlesern gern auch an otis-online@gmx.de
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