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Eric Burdon & the Animals: When I Was Young / A Girl Namend Sandoz 1967 D-MGM
“I smoked my first cigarette at ten”. Dass sich ein einziger Satz aus der Strophe eines Songs derart intensiv mit einem Song verbinden kann, ist schon erstaunlich. Egal, wen man auf den Song anspricht, den meisten schießt obige Zeile in den Kopf. Dabei wäre „I was so much older then, when I was young“ doch um einiges aussagekräftiger, was diesen Song anbelangt.
When I was Young war die erste Single Burdons nach der Trennung von Decca. Er hatte seine Animals neu aufgestellt und sich selbst im Bandnamen nach vorn platziert. Wir warteten gespannt auf das erste Lebenszeichen und siehe da, es gab einen musikalischen Knall. Nach zögernd pochenden Basstupfern flog die E-Gitarre stukamäßig mit Getöse ein und hatte uns sofort gepackt. Danach folgt die Geschichte einer harten Kindheit, songtechnisch recht spartanisch und ohne wirklichen Refrain ausgeführt. Auch das Arrangement unterstreicht sehr passend diese Kargheit und so fügt sich beides zu einer weiteren Großtat der Animals.
Unverständlich, dass die Platte kein großer Hit wurde.
(·) Ich habe meine obige Mint-Copy als white-label Promotion-Platte vor einiger Zeit für unter 10 Euro bekommen. Ein ausgesprochenes Schnäppchen. Angesichts der relativen Seltenheit und Gesuchtheit hätte sie mindestens das Doppelte kosten müssen.
Sex Pistols: Anarchy In The U.K. / I Wanna Be Me 1976 UK-EMI
Eigentlich kann es nur einen geben: Aber dies war wieder einmal ein Urknall in der Popmusik.
Es ist viel über die Single und die Pistols geschrieben worden. Ich will das hier nicht wiederholen. Wahrscheinlich gab es wohl nur einmal zuvor eine solche musikalische Explosion, die richtige Single zur richtigen Zeit. Damit erübrigen sich auch Diskussionen über die Geschäftstüchtigkeit eines Herrn McLaren, über die technischen Fähigkeiten der Bandmitglieder. Anarchy war der Stich mit der Nadel in einen zum Platzen gefüllten Ballon. Rrright Now!
Was gab es damals nicht für ein Aufsehen. Die Zeitungen im UK waren voll. I am an antichrist. I am an anarchist. Destroy. Und die Jungs benahmen sich in TOTP so sehr daneben, dass EMI ihren Vertrag kurzerhand kündigte und die Single zurückzog. Die ersten schnell verdienten Pfund für die Band. (Noch fixer ging es bekanntermaßen kurze Zeit später bei AM, als der abgeschlossene Vertrag dort schon nach einer Woche Papier von gestern war. Die A&M 7“ von God Save The Queen ist mittlerweile fünfstellig. Britische Pfund!)
In den wenigen Wochen (waren es sechs?) ihrer Ladenexistenz kam Anarchy locker in die Charts und wäre sicher höher als bis auf Platz 38 geklettert. So aber ist auch diese erste Pistols-Single mittlerweile recht selten geworden, zumindest auf dem Plattenmarkt. Denn den meisten, die sie damals gekauft haben, bedeutet sie eben mehr als Geld, weswegen sie ihr Exemplar auch nicht aus der Hand geben wollen. Dass ich nicht zu diesen gehört habe, obwohl sie mir wahnsinnig viel bedeutet, verzeihe ich mir in meinem Plattenleben wohl niemals mehr. Ich besaß sie als deutsche EMI-Pressung mit Bildhülle. Sie ist um Einiges seltener als die UK-Ausgabe. Und diese deutsche gibt erst recht keiner mehr her. Ich hatte damals die Originale verkauft und mir zum Ausgleich das Virgin-Pistols-Pack mit den Singles zugelegt. Damn!
All das, was Popmusik einmal ausgemacht hatte und in den frühen Siebzigern immer mehr verschwunden war: Ausdruck jugendlicher Suche, pubertären Aufbegehrens, unbekümmerten Selbstbewusstseins, Kompensation allen Frustes, all das fand sich mit einem Schlag in dieser Single wieder und in vielen folgenden der Punk-Ära. Schien die etablierte Welt bei Elvis erst nach einigen Monaten zu begreifen, dass jener auf eine ganz eigene Art für die Jugend von damals irgendwie „verderblich“ oder gar „gefährlich“ war, machten es die Pistols mit dieser einen Singles-Side auf Anhieb kompromisslos klar. Dafür sei ihnen Dank. Es geht nicht um Anarchie, es geht um die potenzielle Kraft von Popmusik, die sich in dieser Single manifestiert.
(·) Obige EMI-UK in Mint dürfte mittlerweile bei 40 bis 50 Euro liegen. EMI-D habe ich nie wieder gesehen, außer in dem Punkspecial von WD vor drei Jahren im Stone, und sollte wohl das Doppelte kosten.
The Electric Prunes: Get Me To The World On Time / Are You Lovin’ Me More 1967 D-Reprise
Nach ihrem fulminanten Debüt I had Too Much To Dream Last Night (siehe in diesen Faves) war dies die zweite Single der Prunes. Nicht leicht zu entscheiden, welcher der Vorzug zu geben ist.
Here I Go, higher, higher… Das sanft wabernde Pluckern des Intros auf der ersten Single verliert hier die naive Anmut und mutiert nach und nach elektronisch verfremdet ins Bo Diddley’sche und leitet einen Track ein, der wesentlich härter und zupackender ist als jener zuvor.
Was in seiner Deutlichkeit als Drogenbezug verstanden werden könnte, ist zunächst nur die Geschichte eines vom Liebeswahn Erfassten. Dies ist mit den knallharten vocals und dem exaltierten kurzen Refrain so überzeugend umgesetzt, dass kein Zweifel am Zustand des Infizierten aufkommt. Das Ganze endet folgerichtig in einer Klimax mit Sirenengeheul und Gitarrenchaos.
Auch die Are You Lovin’ Me More ist ein toller Track, was ich nicht von allen auf der Debüt-LP sagen würde. Ein schöner gitarrengetriebener Song, der etwas konventioneller daher kommt als Get Me, nichtsdestotrotz aber genauso überzeugend.
(·) In den Staaten ein Hit, wie die erste Single. Bei uns sehr selten. In Mint wird sie um die 50 Euro kosten.
Today’s Tops:
1 Pistols
2 Nice
3 Prunes
4 Burdon
5 Mo-Dettes
6 New York Blondes
PS: Kommentare von Gastlesern gern auch an otis-online@gmx.de
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