Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Faves #63


The Feelies: Fa Cé La / Raised Eyebrows 1979 UK-Rough Trade

The Feelies waren natürlich keine Singles-Band. Und dennoch war ihr erstes Lebenszeichen diese 7″. Nicht etwa eine Auskopplung aus der LP Crazy Rhythms, sondern das erste in Vinyl gepresste Output dieser fantastischen Gruppe, welches die LP erst möglich machte. Eine amerikanische Gruppe, die mit einer 7“ im UK bei Rough Trade reüssierte und dann für Stiff ein Album aufnahm. So konnte das damals sein. Und weil vor allem die A-Seite im Vergleich zur Album-Version reichlich anders ist, ist die Single von vornherein ein Muss für den Feelies-Freund.
Aber man muss das mögen: diese überdrehten Sounds und Rhythmen und die Abkehr von jeglichem rockism, den die Welt gesehen hat. Da mäandern die beiden Gitarren zu Beginn in ironiestrotzendem Feedback umeinander her, um schließlich in einer ziemlich schrillen und wahrlich antirockig aufgenommenen ersten Gesangszeile zu münden. Großartig und kein Vergleich zur LP-Version, die hier zwar Ähnliches erreicht, aber auf andere Weise, indem sie nämlich den Rhythmus überdreht. Weshalb jene Version den Song sogar in die Zweiminutenschranken verweisen kann.
Aber auch bei der Single-Version finden sich diese fantastischen rhythms, die der LP den Stempel aufdrücken. In gewisser Weise noch verwegener aufgenommen und zurechtgemischt als dort. Wie um mit dem Hörer zu spielen, schleichen sich die drums immer wieder an ihn heran, in die Mitte des Stereospektrums, um sich alsbald wieder in den Hintergrund oder zur Seite zurückzuziehen. War nicht so gemeint, wir sind nicht so, es ist alles nur ein Spiel! Und doch mündet das Ganze am Ende in einem erlösenden kurzen Refrain mit einem grandiosen Abgang.
Was dies anbelangt, ähnlich die B-Seite. Reichliche zwei Minuten ein Instrumental, ein typisch genialisches Feelies-Geplänkel mit kleinen Spannungsbögen, hintern denen das Ohr immer den großen Atem zu ahnen versteht. Und am Ende überraschen sie dann doch noch mit ein paar wunderbaren Gesangsfloskeln, die das alles irgendwie zu überhöhen und damit irgendwo auch ad absurdum zu führen scheinen.
Ja, eine überragende Single, obwohl die Feelies keine Singles-Band waren und Raised Eyebrow am Ende förmlich das Crazy Rhythms zu provozieren scheint, das auf der LP folgt. The Feelies: Feel your head and think your body.

(·) Für ganz Schnelle steht derzeit im Netz noch eine copy für ca. 16 Dollar, ansonsten dürfte diese Single zwar nicht unbedingt teuer, aber recht selten sein.


The Ovations: I’m Living Good / recipe For Love 1965 US-Goldwax

Goldwax war eines der wichtigen Southern Soul Lables. Und James Carr der größte Star, wenngleich man damals auch mit ihm kaum viel Geld verdienen konnte. Diese Single der Ovations gelangte ebenfalls in die Charts, viel mehr an Erfolg war aber für Goldwax nicht herauszuholen.
I’m Living Good entstammt der Feder von Dan Penn und Spooner Oldham und ist ein grandioses Beispiel für eine eher „weiße“ Song-Anlage, die allerbestens „schwarz“ funktioniert und nach dieser perfekten performance hier im Grunde gar nicht mehr anders vorstellbar ist. Also Southern Soul vom allerfeinsten.
Der Lead-Sänger Louis Williams hat unüberhörbar seine private lessons bei Sam Cooke genommen, der leicht raue Schmelz seiner Stimme ist unvergleichlich. Die Produktion dieser Ballade ist absolut mitreißend mit wunderschön wiegendem drive. Besonders hervor sticht die Gitarre, die sich identifizierbar ähnlich auch auf einigen weiteren Goldwax-Produktionen (so bei James Carr) und andernorts im southern soul wiederfindet. Habe den Gitarristen noch nicht namhaft machen können. Tops, weißt du da eigentlich mehr? Eine großartige Soul-Single.

(·) Ich denke eher nicht, dass das gelbe Label oben das originale ist. Von Goldwax gibt es sehr verschiedene Label, deren zeitliche Einordnung ich noch nicht auf der Reihe habe. Mag sein, dass sie alle parallel erschienen, mag sein, dass es verschiedene Auflagen aus verschiedenen Jahren waren.


The Human Beinz: Nobody But Me / Sueno 1967 D-Capitol

Als ich sie das erste Mal hörte, war ich elektrisiert. Was für eine Aufnahme! Ich kenne zwar bis heute nicht das Original der Isley-Brothers und kann mir vorstellen, dass es ebenfalls ganz hervorragend sein könnte, aber was die Human Beinz daraus gemacht haben, ist ein überaus tolles Beispiel für den US-amerikanischen Garagen-Punk.
Nach einigen lokalen Veröffentlichungen war dies ihre erste Single für Capitol. Ihren Bandnamen Human Beings hatten sie dabei zu Human Beinz verballhornt. Und es wurde ein veritabler Hit, der, wie man unschwer oben erkennen kann, auch bei uns veröffentlicht wurde.
Der Song ist sicher nichts Großes (übrigens nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen von Pomus/Shuman), eher in der Art von Money oder ähnlichen shoutern, unter diesem Blickwinkel dann aber doch wieder ganz großartig.
Das Faszinierende ist die Intensität der Aufnahme. Sie beginnt mit einer sirenenhaft heulenden Gitarre, Bass und Rhythmus setzen ein, die vocals incl. shoutenden backgrounds kommen hinzu, die Rhythmusgitarre … so steigert sich das Ganze zu einem mitreißenden Stückchen Musik, das absolut floorshaking alles in seinen Bann zieht, was zwei Beine hat. An der ein oder anderen Stelle hat man das Gefühl, dass sie im Tempo noch einen Zahn zulegen (im Grunde verwerflich!), aber das verstärkt das Gefühl des unglaublichen drive, den der Track ausstrahlt. Ganz große Klasse.

(·) Als deutsche Columbia-Pressung ziemlich selten, aber möglicherweise dem Original vorzuziehen, da sie prächtig klingt. Allerdings wohl kaum unter 15 Euro zu bekommen.

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