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Faves #62
The Undertones: Teenage Kicks / Smarter Than You // Ture Confessions / Emergency cases 1978 UK-Good Vibration (oben: 1978 UK-Sire)
Teenage Kicks war John Peels liebste Single und das einzige Stück, das er jemals in seiner Sendung gleich zweimal hintereinander spielte.
Fürwahr ein großartiges Stückchen Musik auf Vinyl. Eine Offenbarung auch für mich damals. Das war kein rüder Punk, wenn auch die Attitüde allemal passte, sondern die ultimative Songwerdung von teenaging, wie sie die Welt bis heute nicht allzu oft erleben durfte.
Es geht natürlich nur um die vermaledeite Sehnsucht nach dem einen Mädchen. Ging es je um mehr in dem Alter? Um eine Liebe, die dermaßen vereinnahmend ist und das Leben beherrscht, dass der Alltag dahinter verschwindet. Zudem natürlich grauenhaft unerfüllt bleibt.
Kann es intensivere vocals dazu geben als Feargal Sharkeys leicht gebrochene, aufgeregt vibrierende und irgendwo auch traurig klingende Stimme? Und bessere Musik dazu? Ein ganz einfacher Songaufbau, absolut earcatching schon beim ersten Hören, ein rhythmischer und harmonischer Drive, der die ganze Unbedingtheit des Momentes perfekt abzubilden scheint und jeden in seinen Bann zieht, und eine Melodieführung, deren Simplizität der Seelenlage des Sängers exakt zu entsprechen scheint. Die sägenden Gitarren, Bass und drums geben den nötigen Drive, so dass die Einzigartigkeit jugendlicher Gefühlsverwirrung hier eine unglaublich stimmige musikalische Ausleuchtung erfährt.
True Confessions steht der A-Seite kaum nach, war von der Band gar höher als Kicks eingeschätzt worden. Und die beiden anderen Tracks vervollkommnen durchaus eigenständig und hörenswert eine Single, die für mich zu den allerbesten der 70er gehört.
Die Original-Auflage auf Good Vibrations war, dank Peels Promotion, sehr schnell ausverkauft und bald relativ teuer. Sire griff sofort zu, nahm die Nordiren unter Vertrag und brachte schon einen Monat später diese EP (siehe oben) neu heraus.
(·) Die Good Vibrations-Ausgabe suche ich seit ´79, ich hatte zunächst nur eine Sire ohne Hülle, mittlerweile diese hier. Die Good Vibrations liegt, wenn man sie denn findet, allemal im mittleren zweistelligen Pfund-Bereich, auch wenn der RRPG nach wie vor etwas anderes behauptet. Habe sie noch nie so günstig gesehen, wie dort angegeben, und das dort genannte Pink-Sleeve scheint derart rar, dass es ein Vielfaches erzielen würde.
Die obige Sire ist weitaus häufiger aber auch kaum unter 15 Euro zu bekommen,
The Seeds: Pushin’ Too Hard / Try To Understand 1965 US-GNP Crescendo
Wir UK-Fixierten haben damals von der Garagen-Szene in den USA fast nichts mitbekommen. Jedenfalls waren mir die Seeds und Standells und Count Five und und und in den 60s unbekannt. Als Anfang der 70er Greg Shaw’s Sampler Nuggets erschien, der übrigens dankenswerterweise von Rhino gerade wieder neu aufgelegt wird, war es wie eine kleine Offenbarung. Sky Saxon hatte es mir mit seinen Seeds ganz besonders angetan und noch heute dürfte Pushin’ Too Hard meine liebste Single aus der Ära sein, wenn es auch harte Konkurrenz gibt. Und natürlich ist der Track ein absoluter Klassiker des US-garage-punk.
Er war 1965 auf ihrer zweiten Single erschienen, das Debüt Can’t Seem To Make You Mine steht ihm übrigens kaum nach.
Sky Saxons manischem Gesang nimmt man auf der Stelle die völlige Hilflosigkeit ab, die er dem Mädchen gegenüber empfindet, das ihn so sehr zur Verzweiflung bringt. Die fuzzy Gitarrensounds, die wummernde Orgel und der atemlose Drive, der sehr ähnlich kurze Zeit später bei den 13th Floor Elevators wieder auftauchte, unterstreichen die Vergeblichkeit seines Bemühen. Es ist, als trommele da jemand gegen eine imaginäre Wand, hinter der die verletzende Geliebte steht. Er erreicht sie nicht und sie erniedrigt ihn bis aufs Blut.
Damit erreicht dieser Track bei aller musikalischen Simplizität eine ziemliche Einzigartigkeit. Auch ist das musikalisch weit weg von den britischen Vorbildern, die ja Anstoß und Motivation für die Garagenbands waren.
(·) Oben ist die zweite Pressung von ´66 abgebildet, die als Rückseite Try To Understand hatte. Die erste Pressung war mit Out Of The Question als Flip erschienen. Die Single dürfte noch einigermaßen gut erhältlich sein.
Don Covay: It’s Better To Have / Leave Him (Pt. II) 1974 UK- Mercury
John Peel zum zweiten. Diese Single fand sich bei ihm nach seinem Tod neben 150 anderen in einer Box, als seien sie seine besonderen Schätze gewesen. Und ich gestehe, obwohl Don Covay–Fan seit langem, ohne Peel’s Anstoß hätte ich mir It’s Better To Have womöglich nur ein-, zweimal angehört und dann als angenehme ***-Platte irgendwann letztendlich vergessen.
Die Tatsache, dass er sie auf die beschriebene Weise adelte, zwang zum Nachhören und dann ging es ganz schnell mit den Sternen aufwärts.
Wirklich eine tolle Platte, aber so zurückhaltend toll, fast unauffällig, dass man ihre unglaubliche Klasse möglicherweise nicht auf Anhieb erfasst. Mittlerweile höre ich sie immer mindestens zweimal hintereinander, so großartig ist dieser flow, so schnöde das Ende nach nur drei Minuten, so sehr bin ich immer noch auf der Suche nach dem Geheimnis dieses Tracks mit seinem Wahnsinnsgroove.
Es muss die Produktion sein, die einen sehr einfachen, wenig ausgeleuchteten boogie-ähnlichen Rhythmus im Hintergrund mit einer grelleren Oberfläche kombiniert, die viel Abwechslung, dann aber auch immer wieder anchorpoints fürs Ohr bietet. Songmäßig passiert nicht viel, kaum Harmoniewechsel, kaum Melodie, dafür hat das Ganze aber diesen absolut mitreißenden drive, dass man nach drei Minuten einfach nicht genug davon gehabt hat.
Also repeat.
Leave Him ist eine unglaublich langsame, sehr schöne Ballade.
(·) Diese Single scheint nicht sonderlich häufig, dennoch für 5 Euro da und dort zu bekommen. Ist aber nicht immer so “mint”, wie es die Verkäufer gern angeben, was besonders die Flip nicht gut verträgt.
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