Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Faves #53

Heute ein 60s-Special. Ein ziemlich persönliches, mit drei Singles aus dem Jahr 65 und drei vom Ende des Jahrzehnts.


The Beatles: No Reply / Eight Days A Week 1965 D-Odeon

Einige wenige Beatles-Singles habe ich sehr ins Herz geschlossen. No Reply gehört ganz sicher dazu, obwohl bei uns damals in erster Linie die B-Seite gespielt wurde, die noch ganz in der Tradition der früheren Beatles-Songs steht. An dem Titel Eight Days A Week konnten sich außerdem meine erst wenige Wochen alten Englischkenntnisse bewähren. (Damals war der Schuljahreswechsel noch zu den Osterferien.) Ein gutes Gefühl. Es machte die Sprache ungleich wertvoller als das tote Latein, mit dem man sich schon zwei Jahre rumgeschlagen hatte.
No Reply aber hatte und hat für mich bis heute etwas Einzigartiges. Zunächst einmal ist es von Songstruktur und Arrangement her offener und auf Grund des fehlenden Refrain nicht so ganz gewöhnlich. Dann mag ich auch sehr, wie hier die Geschichte eines Jungen erzählt wird, der vergeblich vor dem Haus seiner Angebeteten wartet.
Oft wird dem Text von Ticket To Ride eine gewisse Genialität, gemessen an anderen Pop-Texten damals, nachgesagt. Mir war dieser Text hier immer genauso lieb. Und der Zwischenteil mit If I were you I’d realise that I love you more than any other guy ist einfach nur toll und dem liebeshungrigen Teen aus der Seele gesungen.
Kann es sein, dass diese Single im UK in dieser Kopplung gar nicht erschien?

(·) Sicher nicht häufig in bester Erhaltung. Aber ich habe nicht lange suchen müssen, als ich sie mir kaufen wollte. Preis: 10-15 Euro.


The Sorrows: Take A Heart / We Should Get Along Fine 1965 D-Vogue

The Sorrows habe ich erst in den 70er Jahren als Band kennen gelernt, auch wenn ich mich an Take A Heart erinnern konnte. Aber es war weder bei uns, noch im UK ein größerer Hit, allerdings immerhin so erfolgreich, dass man für den deutschen Markt eine von den Sorrows auf deutsch gesungene Version („Nimm mein Herz“) produzierte. Diese gehört hierzulande zu den gesuchtesten dieses Genres, so dass die Single neuwertig mittlere dreistellige Euro-Beträge einfordern kann.
Die Sorrows waren eine jener typischen 60’s-UK-Bands der zweiten Stunde, die mehr und mehr eigene musikalische Wege zu beschreiten suchten, weder im Schatten des Merseybeat, noch in erster dem R&B verhaftet. Unter diesen gehörten sie sicherlich zu den musikalisch härtesten. Kraftvolle, oft kantige Rhythmen, eine schrille Leadgitarre und die tiefen Vocals von Don Maughn, der sich nach dem Split der Band Don Fardon nannte, machten ihre Musik ziemlich einzigartig.
Take A Heart ist mittlerweile ein 60s-Klassiker und stammt von Miki Dallon, wohl in Anlehnung an J.D. Loudermilk’s Lament of The Cherokee Reservation Indian geschrieben. Jedenfalls wurde der Loudermilk-Song zwei Jahre später mit Don Fardon unter dem Titel Indian Reservation ein Welterfolg, jetzt von Miki Dallon mit einem sehr ähnlichen Arrangement wie Take A Heart produziert. Seltsame Geschichte.
Die Sorrows gingen nach einer Handvoll großartiger Singles und einer ebenso hervorragenden LP noch für ein paar Produktionen nach Italien, ähnlich wie die Primitives damals, bevor sie endgültig von der Bildfläche verschwanden..

(·) Tolle Single. Sehr selten und recht gesucht. Preis mind. € 30


The Searchers: Take Me For What I’m Worth / Too Many Miles 1965 UK-PYE

Zu den Searchers hatte ich jahrzehntelang ein eher gleichgültiges Verhältnis, was daran gelegen haben mag, dass sie ihre ganz großen Hits vor ´65 hatten. Auch wenn Sugar And Spice, Needles And Pins, Sweets For My Sweet etc. in den Jahren danach immer noch präsent waren, hatten sie aber für unsereins nicht mehr die Bedeutung, die sie zwei Jahre zuvor noch gehabt haben mochten. Hinzu kam, dass die Searchers vom Äußeren nun wirklich nicht zu den coolen, sondern eher zu den braven Jungs zu gehören schienen. Ihre Musik war mir zudem nicht sonderlich originär, zu wenig spektakulär von ihren musikalischen Ideen her vorgekommen. Auch wenn ich im Laufe der Zeit viele Fans kennen lernte, die mir die Band unbedingt ans Herz legen wollten, hat sich erst in den letzten Jahren mein Verständnis für die Liverpooler so grundlegend geändert, dass ich sie heute für eine der besten Bands der 60s halte. Ganz großartige Musik auf allerhöchstem Niveau.
Aus all den Gründen habe ich 1965 Take Me For What I’m Worth wohl auch nur ganz am Rande mitbekommen, anderes war mir viel wichtiger. Heute gehört diese Single für mich zu den zwei, drei besten Searches-7“s. Es ist eine wunderbare Aufnahme des P.F. Sloan-Songs. Eine Art Folk-Rock der frühen Art, wie er in den Staaten zeitgleich mit den Byrds weltweit populär wurde, und einer jangling guitar, ähnlich jener auf ihrer vorletzten Single He’s Got No Love ein paar Monate vorher.
Auch Too many Miles hat einen Folk-Touch, durch die akustischen Instrumenten noch besonders betont. Sehr schön.

(·) Oben die relativ seltene UK-Ausgabe, die für den Export produziert wurde. Entsprechend hat diese Single ein großes Loch, wie es auf dem Kontinent üblich war. Preis ca. € 30.

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