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The Donkeys: No Way / You Jane 1980 UK-Rhesus
1979/80 hatte der Punk zwar längst seine Zähne verloren, dennoch blieb weiterhin jenseits von Rock, Hardrock und Disco eine große Sehnsucht nach musikalischer Power und Energie unbefriedigt, weshalb damals sowohl die Mods als auch die Teds Revivals erlebten, aber auch Bands wie The Donkeys mit ihrem unverbrauchten Power Pop gern gehörte Alternativen zum Mainstream waren.
Sicher sind hier noch einige Punk-Reminiszenzen zu hören, aber das Ganze geht doch deutlich in Richtung Pop. Dem knallharten, unglaublich präzisen Intro (selten ein fulminanteres gehört) folgt auf der Basis eines pluckernden Basses eine typische Donkeys-Melodie, die jeden mitreißt. Einmal gehört, nicht wieder vergessen, zum Mitsingen schön, entführt sie den Hörer in den Powerpop-Himmel.
Mit No Way hatten sie aber beileibe nicht ihr Pulver verschossen, You Jane steht dem absolut nicht nach. Und auch ihre wenigen anderen Singles sind unbedingt empfehlenswert.
(·) Preis: ca. 15-20 Euro
Crispian St. Peters : You Were On My Mind / What I’m Gonna Be 1966 D-Decca
Ein seltsamer Vogel, dieser Mann. Die Beatles waren größer als Jesus. Das war bekannt. Und nach einem Hit, glaubte Crispian St. Peters der Welt mitteilen zu müssen, er sei größer als die Beatles. Da rümpfte man dann doch die Nase, schüttelte den Kopf und hörte noch mal genauer hin.
Kein Zweifel, seine bekanntesten Singles konnten tatsächlich in Konkurrenz treten zum gleichzeitigen Output der Fab. Diese hier, das nur leicht schwächere Pied Piper, eine schöne Aufnahme von Phil Ochs’ Changes usw.
Und dieser erste Hit You Were On My Mind ist mir tatsächlich wichtiger als das meiste aus dem Oeuvre der Beatles. Es ist ein Song von Ian & Sylvia, einem damals ausgesprochen erfolgreichen kanadischen Folkduo, dem jede Form von Pop fremd zu sein schien. Die US-Gruppe We Five brachte eine markttaugliche Variante dieses wunderschönen Songs in die US-Charts und St. Peters bastelte sich auf deren Basis seine eigene Version davon. Eine unschlagbar tolle. Das beginnt schon im Intro beim Gesang mit seinem so eigentümlichen Tremolo, was dem einfachen, aber ziemlich liebestraurigen Text und seiner melodischen Umsetzung ausgesprochen entgegenkommt. Dann gibt es ein herzerwärmendes Arrangement mit den feinsten Steigerungen und Instrumentierungen, die man sich vorstellen kann. Eigentliches Highlight bleiben aber die grandiosen Vocals mit sich selbst im Duett. Einfach nur schön.
Die Rückseite ist ganz sparsam nur mit akustischer Gitarre (Jimmy Page?) arrangiert, dennoch ebenfalls ausgesprochen angenehm.
(·) Preis: ca. 10 Euro.
Tucker Zimmerman: The Red Wind / Moondog 1969 Libanon-Polydor
Besser spät als nie. Tucker Zimmerman stammt aus Kalifornien, hat einen klassischen Background und lebt mittlerweile seit vielen Jahren in Belgien. Ich habe Tucker 1970/71 in einem recht intimen Konzert in Münster gesehen. Es war eines meiner schönsten ever, so dass ich damals zwei LPs von ihm gekauft habe. Seine Musik war Singer-Songwriter-Folk mit sehr eigener musikalischer Diktion. Ich habe dann über 30 Jahre nie wieder was über Tucker gelesen oder gehört und hatte ihn als eine kleine private Erinnerung abgehakt. Niemand schien ihn zu kennen, mehr Platten schienen nicht zu existieren.
Dann schrieb Bowie (auch in unserem RS), wie viel ihm Tucker’s erstes Album „Ten Songs“ (was ich selber noch dringend suche) bedeute, und siehe da, plötzlich hält alle Welt Ausschau nach seinen Aufnahmen.
Ten Songs ist eine Kollaboration mit Tony Visconti, der sie produzierte, weshalb auch Bowie damals irgendwie involviert war bzw. die Aufnahmen mitverfolgte. Sie hat es wirklich in sich als eine ernste, auf unaufdringliche Art ambitionierte Folk-Psych-Platte mit einer ganz eigenen, ziemlich genialen Musiksprache, deutlich komplexer als die der nächsten beiden LPs, die ich von damals kannte.
Die non LP-Songs dieser Single entstammen diesen Sessions und zeigen Tuckers Songästhetik im Kleinen. Die akustische Gitarre als Rhythmusinstrument, die Vocals mit dem eigentümlichen leichten Tremelo, more talking than singing, und sparsame, aber gleichzeitig aufwendige Arrangement-Zugaben.
Die B-Seite enthält eine Hommage an Moondog, den blinden Musiker, der in den 50s und 60s auf New Yorker Straßen seine eigenwillige, hoch artifizielle Musik feilbot; aufgenommen, kurz bevor dessen berühmtes Columbia-Album erschien. Da ich mich in letzter Zeit etwas mit Moondog beschäftigt habe, höre ich jetzt in diesem Song auch deutliche Bezüge zu ihm heraus. Angefangen vom Rhythmus über leicht archaisch angehauchte Songelemente bis hin zur Instrumentation.
Sehr, sehr gut das alles.
(·) Diese Single erschien (mindestens) im UK, in NL, in D und im Libanon (!!!). Alle Ausgaben scheinen extrem selten, habe sie bislang nur auf Scans gesehen. Der Wert solcher Platten lässt sich schwer angeben. Wenn ich oben schrieb „alle Welt sucht Tucker“, stimmt das natürlich nicht ganz. Er bleibt in der Nische und diejenigen, die seine Platten suchen, müssen die jeweils aktuellen Angebote, wenn sie denn mal auftauchen, auch wahrnehmen. Dadurch wächst die Aussicht natürlich, sie irgendwann einmal günstig zu bekommen. Aber diese Single (auch die LP) scheint einfach kaum zu existieren.
Ich selber würde für eine deutsche im Bestzustand mit Hülle auch bei knapper Kasse 100 Euro bezahlen. Meine obige libanesische dürfte auf dem Sammlermarkt wohl einzigartig sein.
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