Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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The Bongos: Telephoto Lens / Glow In The Dark 1980 US-Fetish

Die Debüt-Single der Bongos war meine erste Hör-Bekanntschaft mit der Gruppe, leider erst viele Jahre später. Als eingefleischter Feelies-Fan fand ich die Musik auf Anhieb großartig und ich gestehe gern, dass die Feelies eine solche Single nicht hinbekommen haben. Aber selbige höre ich auch eher als LP-Band. Crazy Rhythms ist ein Gesamtkunstwerk, keine Aneinanderreihung von Songs.
Anders geht es mir mit den Bongos, deren erste LP Drums Along The Hudson zur Hälfte aus den zuvor veröffentlichten Singles-sides bestand. Diese allerdings waren allesamt vom Feinsten. Die ganz leicht schrammelige, dennoch punktgenaue Gitarre und die ausgesprochen selbstbewusste z.T. etwas komplexere Rhythmusarbeit geben beiden Songs einen Hintergrund, auf dem Richard Barone mit seinem trockenen, wave-typischem Gesang die Melodielinien sehr schön zur Geltung bringt. Da klingen dann auch mal Bezüge zu Devo an, deren Härte und Kantigkeit aber hier einer sanften Verspieltheit gewichen sind.
Glow In The Dark ist für mich das Highlight der Band überhaupt, und damit auch dieser Single. Es schlägt alles Weitere, was ich von ihnen kenne, auch die oft so gelobte Bulrushes-7“.
Die Single-Versionen beider Songs divergieren von den LP-Aufnahmen, was ganz besonders Glow zugute kommt.

(·) Diese Single dürfte die seltenste der drei frühen 7“s sein.


Songdog: Janie Jones / Cold Coffee And Ava Gardner 2005 UK-One Little Indian

Vergessen wir einmal, dass Janie Jones ein Clash-Song ist. Vergessen wir, dass dies ein Extrem-Cover ist, meint, dass der Original-Song beim ersten Hören kaum erkennbar ist. Nehmen wir die A-Seite also mal als eigenständiges Stückchen Musik: Ja, auch dann begeistert sie mich. Beeindruckend die wunderbare Produktion, offen und räumlich, wie man es lange nicht gehört habe. Hier ist Platz für Musik, kann sie sich in aller Ruhe ausbreiten. Das geschieht auch. Sehr langsam singt Lyndon Morgans das Lied eines vom Leben Frustrierten, nur begleitet von akustischer Gitarre und ein paar zusätzlichen klanglichen Tupfern. Dennoch fehlt jede Singer/Songwriter-Attitüde und trotz aller klanglichen Offenheit entsteht eine musikalische Dichte, die gefangen nimmt.
Wunderschön, aber womöglich zu viel der Schönheit. Diese Vollkommenheit kann angesichts des Songtextes sinnvoll nur als eine Art Eskapismus verstanden werden, dafür aber ist sie fast zu selbstgefällig. Also doch eine kleine Einschränkung.
Die Rückseite ist reinste Ohrenweide. Wieder diese wunderbare Produktion, akustische Klänge von Gitarre und Akkordeon, die einem die Ohrenläppchen streicheln, und Posaunen-Sounds, die trotz digitaler Herkunft ganz samtig und allemal echt anmuten. Ein Traum.
Ich werde mir die LP der Gruppe nicht holen, da ich befürchte, dass in der Anhäufung solcher Songs viel von ihrem Zauber verloren ginge.

(·) Die Single war gar nicht so leicht zu bekommen, auch eher teuer. Also unbedingt zugreifen, wenn man sie sieht. Kommt in dunkel-pinkfarbenem Vinyl.


P.P. Arnold: (If you think you’re) Groovy / Though It Hurts Me Badly 1968 D-Immediate
Da und dort liest man, dies sei eine Small Faces-Single mit dem Gesang von P.P.Arnold. Das stimmt natürlich insofern, als Groovy von den Mod-Gesichtern nicht nur geschrieben, sondern auch gespielt und produziert wurde. Dennoch geht die Aufnahme in einiger Hinsicht über das hinaus, was man von der Band kennt. Hier ist deutlich mehr Studiotechnik und -arrangement zu hören, als es bei typischen Small Faces-Aufnahmen damals der Fall gewesen ist.
Der Song selbst ist großartig und es ist nicht zu verstehen, warum er nicht häufiger gecovert wurde. Es ist eine groß angelegte R&B-Ballade, die sich sehr organisch mehr und mehr steigert und die Stimme der Arnold sich schön entfalten lässt. Sicher ist sie keine überragende Sängerin, aber sie hat ein ganz eigenes Timbre, das von diesem Song geradezu herausgefordert wird. St. Marriot wird sich beim Songwriting als Frau gehört haben.
Warum aber wurde die Platte Anfang 68 kein Hit, das Zeug dazu hätte sie allemal gehabt? Eine Erklärung könnte sein, dass die Aufnahme von einer extrem großen dynamischen Spannbreite lebt mit sehr leisen und sehr lauten Stellen (zu Beginn z.B. eine Dreiviertelminute pianissimo) und dass diese nicht unbedingt radiotauglich sind. Etwas gängiger produziert hätte der Song sicherlich seinen Weg gemacht. So aber ist er allemal spannender.
Die Rückseite ist eine der ersten Eigenkompositionen der Lady, in einer Art Bacharach-Style gehalten. Sehr hörenswert.

(·) Die Platte ist recht selten. Von den englischen Mods sind die P.P. Arnold-Singles zudem recht gesucht, da sie über die Small Faces mit der Szene in Verbindung gebracht wird.

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