Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Faves #48


Black Box Recorder: The Facts Of Life / Watch The Angel, Not the Wire 2000 UK-Nude

Trip Hop mit Popappeal. Ich habe die Platte erst spät kennen gelernt, aber dann gleich ungeheuer lieb gewonnen. Kein Problem bei dieser großartigen Single. Distinguiert bis ins letzte Detail fasziniert sie musikalisch mit einer Geschmeidigkeit und solch überirdisch schönem Timing, dass alle Charts dieser Welt hätten getoppt werden müssen. In den UK wurden die Top-20 knapp gestreift, aber ansonsten passierte nicht viel. Es blieb ihr größter Hit.
Dabei hatten Luke Haines, der vormalige Frontmann der Auteurs, und John Moore, ex-Jesus And Mary Chain, ihrer Sängerin Sarah Nixey zudem einen so feinen Song zu singen gegeben, dass nur ein Herz aus Stein sich der zart hauchenden stimmlichen Verführung hätte entziehen können. Zu schön für diese Welt? No one gets through life without being hurt. At this point the boy who’s listening to this song is probably saying: it’s easier said than done and it’s true. It’s just the facts of life there’s no master plan. Walk me home from school, I’ll let you hold my hand.
Wieder ein paar Minuten mehr, die das Leben lebenswerter machen. Pop as pop can be. Ein absolutes Kleinod.

(·) Müsste noch gut zu bekommen sein. Ob in der oben gezeigten limitierten und nummerierten Auflage, weiß ich nicht.


Raymond Froggatt: Callow-La-Vita / Lost Autumn 1968 D-Polydor

1968 neigten sich wieder einmal Jahre des popmusikalischen Aufbruchs ihrem Ende zu. Das Wichtigste schien gesagt und ausprobiert. Also begann eine Zeit der Differenzierung, der Verfeinerung, der Neuorientierung, auch die der Verrohung, der Ausbeutung, der Simplifizierung jenes musikalischen Materials, dem bis zu dieser Zeit noch eine gewisse Jungfräulichkeit zu eigen gewesen war. Es gab zwar noch wunderbare Singles, aber sie wurden immer häufiger übersehen. LPs drängten sich in den Vordergrund. Bei ihnen kam es oft weniger auf die Qualität einzelner Tracks und Songs, als vielmehr auf ihre künstlerische Ganzheit an.
Eine dieser großartigen, aber übersehenen 7“s war die erste (?) Single des UK-Songwriters Raymond Froggatt. Noch ein wenig im Flower Power des Jahres zuvor verhaftet, schrieb „Froggie“ eine Art Pendant zu McKenzie´s San Francisco; jedoch deutlich weniger zeitbezogen, dabei einen Hauch mehr an Poesie verströmend.
Wie bei dem US-Pendant bestechen neben dem einfachen Songaufbau mit eingängiger Melodieführung auch hier die wundervolle Produktion und der Gesang. Eine samtene (Bass-) Gitarre gibt dem Song ein so schwebend leichtes Fundament, dass man sich in die sommerlich leichte Atmosphäre mit ihren sleepy heads in the afternoon förmlich hineingezogen fühlt.
Im gleichen Jahr noch nahmen The Dave Clark 5 den Song auf und landeten damit im UK einen Top 10-Hit. Für mich ausgesprochen unverständlich, da der DC5-Track von dem Zauber des Originals kaum etwas hinüberrettet, ihn an manchen Stellen gar zu einer, in meinen Ohren ziemlich fürchterlichen, musikalischen Bierzelt-Kraftmeierei verformt. Mag es an dem Songtitel gelegen haben, dass die DC5-Version ein Hit wurde? Das etwas seltsame „Callow-La-Vita“ hatten sie in „Red Balloon“ geändert und schon lief die Platte. Im RRPG lese ich, dass es im gleichen Jahr im UK noch ein Froggatt-Re-Release mit dem Titel Red Balloon gab. Aber da war es dann zu spät.
Callow-La-Vita ist eine der Singles (wie z.B. auch die Mark Beer-Platte), zu denen ich eine ganz besondere Beziehung entwickelt habe, die man als Außenstehender möglicherweise nicht ganz nachvollziehen kann. Auch sie dürfte auf Dauer in meiner Top100 bleiben.

(·) Schwer zu finden. Aber dann nicht unbedingt teuer.


The Beatles: Ticket To Ride / Yes It Is 1965 D-Odeon

Hier ist sie nun gleich mit einer ihrer besten Singles: Jene Boy Group, die in den Jahren ’62-’66 die Popwelt aufmischte, die eine Zeitlang die Hoffnungen vieler trug, die in die Staaten einmarschierte, dann aber zu einer albern freakigen Militärkapelle mutierte, über die manch einer nur noch den Kopf schütteln konnte. Was war in die Jungs gefahren, dass sie einem All You Need Is Love und Obladi Oblada antun mussten? Oder war man einfach nur zu alt für sie geworden? Das klassische Dilemma von Boygroups?
Dagegen stand 1965 noch die wundervolle Power dieser Single. Allein der Rhythmus hat Ewigkeitswert. Ohne irgendwelche künstlichen Effekte herbeigezaubert (davon hatten sie ja einige Zeit später mehr als genug), drängt er sich in seiner unnachahmlich creependen Kraft dem Hörer derart auf, dass kein Entkommen ist. Harrison´s Gitarre und die Songdramaturgie tun ihr Übriges. Auch die Bridges zwischendurch, die rhythmisch straight daherkommen, unterstützen die großartige Songanlage. Einfach nur toll.
Früher galt das noch was: Meiner Erinnerung nach war die Rückseite damals non-LP. Man musste also schon die Single kaufen, um in den Genuss dieses leicht beatles-untypischen Yes It Is zu kommen, das durchaus seine Feinheiten hat.

(·) Häufig, wie die meisten Beatles-Platten. Es gab in D nur dieses Künstler-Loch-Cover (KLC) dazu.

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