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Elvis Presley: That´s All Right / Blue Moon Of Kentucky 1954 US-Sun
And here it is! Die erste Single des King. Bei Sam Philipps in den Sun-Studios in Memphis aufgenommen. Und wieder eine Geburtsstunde. Die Definition des Rockabilly auf der Basis von A. Crudups schwarzem Song und einem country-induzierten Arrangement.
Am 5.Juli 1954 nahm Elvis diesen Song zusammen mit Scotty Moore und Bill Black auf. Voreilig, noch war keine einzige Platte für den Verkauf gepresst, ließ Philipps sie im Radio spielen. Sie schlug unglaublich ein und provozierte innerhalb kürzester Zeit mehr als eine halbe Million Vorbestellungen. Und immer noch gab es keine fertige Single. Als die Platte dann endlich auf den Markt kam, verkaufte sie sich nur noch in relativ geringen Stückzahlen, so dass ein neuwertiges Original-Exemplar heute im vier- bis fünfstelligen Dollar-Bereich angesiedelt werden muss.
Was war so besonders, was war so neu daran? Arthur Crudup´s Song war immerhin acht Jahre alt, in denen er sich hätte bewähren können. Und so viel anders war das Original damals gar nicht aufgenommen worden. Es ging rhythmisch ebenfalls ganz schön zur Sache, hatte ein ähnliches Arrangement, war allerdings unverkennbar schwarz, sowohl vom Gesang wie von seiner Ungeschliffenheit her.
Elvis´ Aufnahme dagegen bezog ihren Drive aus der Verdichtung und Perfektionierung der Vorgaben und zudem aus dem leichten Hall, der keine Löcher entstehen ließ. Außerdem hatte er selber natürlich die flexiblere und viel geschmeidigere Stimme, die dem Song irgendwo deutlich mehr angemessen war. Eine grandiose Aufnahme.
Das setzt sich nahtlos auf der Rückseite fort. Sie ist mir mindestens genauso lieb. Bill Monroe´s Song wird hier in einer atemlosen Unbedingtheit dargeboten, wie sie damals absolut ungehört gewesen sein müsste. Die gleichen Ingredienzien wie bei That´s All Right also, aber mit einem weißen Song als Basis.
Für mich sind diese Aufnahmen auch Lehrbeispiele dafür, wie mit minimalem, kaum hörbarem Einsatz von Drums dennoch ein Maximum an rhythmischer Wirkung erzielt werden kann. Das schiere Gegenteil von (Hard-)Rock ist hier Musik geworden. Und es war natürlich lange, lange vorher da.
(·) Wer Elvis´ Sun Recordings nicht gehört hat, kennt seine Wurzeln nicht, ja, verkennt den King. Sie sind leicht zu bekommen.
The Johnny Burnette Trio: The Train Kept A-Rolling / Honey Hush 1956 US-Coral
Auch wenn es sich immer noch nicht herumgesprochen zu haben scheint, aber das Johnny Burnette Trio dürfte die härtesten und heißesten Rockabilly Nummern des Jahrzehnts hinterlassen haben. Was sind die Rockabilly-Punks der späten 70er gegen diese Originale?
Der Titeltrack mit Johnny Burnette´s leicht exaltiertem Gesang, dem wirbelnden Upright-Bass seines Bruders Dorsey und der wahnsinnig trocken präzisen, nicht einmal sonderlich kunstvoll gespielten Gitarre von Paul Burlison (durch das Spiel auf den tiefen Saiten leichte Fuzz-Effekte vorwegnehmend) ist ein absoluter Meilenstein der Musikgeschichte. X-fach gecovert zwar, aber nichts reicht auch nur entfernt an dieses Original heran. Unglaublicher Drive, und das fast ohne Drums. Der schiere Rockabilly-Wahnsinn.
Honey Hush ist nur wenig schwächer. Ähnlich in Instrumentierung und Arrangement kommt es ebenso fordernd und bezwingend daher, so dass diese hier in meinen Ohren eine der allergrößten Singles der 50s ist.
(·) Anhand dieser Platte lassen sich sehr anschaulich die Höhen und Tiefen eines Sammlerlebens demonstrieren: Womöglich gibt es nur eine Handvoll Singles, denen ich bis ans Lebensende nachtrauern werde, da ich sie schon einmal besessen habe. Und ganz sicher sind zwei davon jene beiden, schön erhaltenen dt. Corals des Burnette-Trio (diese hier und Lonesome Train). Ich hatte sie vor fast dreißig Jahren mit einigen anderen sehr feinen R&R-Platten erworben und recht lieb gewonnen. Dann fand ich irgendwann eine Replica der hyperraren LP dieser tollen Band und glaubte auf die Singles verzichten zu können. Auf der nächsten Plattenbörse wurden sie mir dann noch vor dem Auspacken schon aus dem Auto heraus abgekauft. Gemessen an ihrer Seltenheit muss ich sie wohl verschenkt haben. Verkaufe niemals eine Platte, an der dein Herz hängt, nur weil das Geld lockt. Du verlierst viel mehr als eine Platte. ;)
Charlie Feathers: One Hand Loose / Bottle to The Baby 1956 US-King
Noch weniger bekannt dürfte der Name Charlie Feathers sein. Auch er hat nur eine Handvoll Singles veröffentlicht. Überflüssig zu sagen, dass auch sie zum Feinsten und Teuersten zählen, was der Rockabilly-Markt zu bieten hat.
Feathers war zur gleichen Zeit wie Elvis in den Sun-Studios aktiv, Elvis nahm dort auch einen Song von ihm auf. Sam Philipps sah Ch. Feathers allerdings eher in dessen angestammtem Genre, dem C&W. So kam es, dass Feathers seine wenigen wunderbaren Rockabilly-Sides in erster Linie für das King-Label in Cincinnati/Ohio einspielte.
One Hand Loose mag seine beste sein. Leider kenne ich nicht alle. Aber sie bietet Rockabilly, wie er lockerer, bezwingender und überzeugender kaum sein kann. Die Vocals mit einem Hauch von Manierismus, wie sich das für diese Musik gehört; Gitarre und Bass, so dezent unruhig, wie präsent antreibend; Drums, die den Song mit ihrem Beat eher überpudern als bestimmen und ein Song, der in seiner einfachen Dramaturgie dermaßen unaufdringlich ist, dass die Aufnahme auch nach dem x-ten Hörgenuss immer noch funkelt wie ein Diamant.
Bottle To The Baby ist um einiges vorhersehbarer in seiner Ausführung, aber nichtsdestoweniger ganz klar großartig. Die A-Seite mit seinem wunderbar filigranen Rhythmusgeflecht jedoch ist das absolute Glanzstück.
(·) Letztens wurde der Inhalt von John Peel´s liebster Singles-Kiste veröffentlicht. Nicht von ungefähr barg sie unter den 150 darin enthaltenen 7“s sechs Charlie Feathers-Singles.
Ich selber habe nur einen End-70er Sampler mit diesen Songs und weiß nicht, wie die derzeitige Verfügbarkeit seiner Aufnahmen ist. Das eine oder andere Original von ihm hoffe ich mir noch mal leisten zu können.
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