Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Scott McKenzie: San Francisco (Be Sure To Wear Some Flowers In Your Hear) / What´s The Difference 1967 D-CBS

Der Titel-Song ist in den Ohren der meisten Nachgeborenen unter dem Verdikt „Oldie“ abgehakt und er scheint ja auch die vermeintlichen Kriterien für musikalischen Schrott bestens zu erfüllen: One-Hit-Wonder, weltweiter Millionseller, Zeitgebundenheit. Dass solche Kritierien nichts taugen, soll hier nicht diskutiert werden, dass sie aber dieser Platte erst recht nicht gerecht werden, ist der Grund dafür, dass ich sie hier vorstelle.
Scott McKenzie war und ist (?) Freund und Weggenosse von John Philipps, des wichtigeren der Papas von den Mamas & Papas. Zusammen produzierten sie diese Single, die in jenem 67er Summer of love in kürzester Zeit an die Spitzen der internationalen Charts gelangte und insgesamt über sieben Millionen Mal verkauft wurde.
Dass der Text kaum mehr hergibt als eine diffuse Zeitstimmung („there´s a whole generation with a new explanation“) mag ihm verziehen sein, spiegelt der Song doch derart überzeugend und verlockend die Welt des Flower Power wieder, dass nicht wenige von uns sich damals davon in den Bann gezogen fühlten. Klar rümpften auch wir Vierzehnjährigen schon die Nase darüber, dass textlich nichts rüberkam, dass nur eine Mode mitgemacht wurde, dass alle Welt ihn kaufte, aber nichts wirklich verstand, etc.
Dennoch war auch ich dem Song verfallen. Er war einfach zu gut gemacht. Man höre nur die überzeugende Songdramaturgie, achte auf die mit feiner Nadel eingestrickten “psychedelischen“ Sounds, die wunderbaren Vocals, addiere die Sehnsüchte einer Jugend hinzu, die von den revolutionären Dingen in Kalifornien und andernorts mit roten Ohren gehört hatte und sich nichts sehnlicher wünschte als an all dem teilhaben zu können.
Ja, diese Single war ein Teil. Und das perfid Umstürzlerische daran war ihre perfekt inszenierte Unschuld. Mochte auch die Elterngeneration den Teufel der Revolution durch die Hippies und Gammler dieser Welt an die Wand malen, aufgrund dieser Single waren wir uns in einem jedoch ganz und gar einig: so viel Schönheit kann nicht schlecht sein und wird auch nichts Schlechtes hervorbringen. Love and peace. Flowerpower. Make Love Not War. Turn on, tune in, drop out. Etwas albern und naiv meinetwegen, aber es machte ziemlich stark und selbstbewusst. Und hat ja letztlich auch nicht wenig bewegt.

(·) Wird meistens recht abgespielt angeboten.


Fred Neil: The Dolphins / I’ve Got A Secret 1967 US-Capitol

Diese Single besitze ich erst seit einigen Wochen und stelle sie deshalb hier gleich vor, weil im letzten RS-Special über Tim Buckley von Fred Neil die Rede war als Buckley´s großem Vorbild. Ein solches muss er auch vielen anderen gewesen sein.
Viel hat Fred Neil nicht veröffentlicht und sich ab Ende der 60er dem Musik-Betrieb praktisch ganz entzogen. Sein größter Song-Erfolg war Everybody´s Talking, bekannt geworden u.a. in der Hit-Version von Nilsson, von seiner 67er-LP „Fred Neil“, die auch The Dolphins enthielt.
Fred Neil´s unterschwellig wirkende Melodieführung, die unglaublich reduzierte, dabei so zwingend vereinnahmende E-Gitarre machen den Song zu einem der absoluten Meilensteine des elektrifizierten US-Folk. Und zum Ende des Songs hören wir ein kurzes Statement in Sachen 67er-Psychedelia, das seinesgleichen sucht.
Im Vergleich zu The Dolphins steht Scott McKenzie´s San Francisco natürlich wie ein billiges Pop-Liedchen da. Großartige Songwriter-Kunst vs. Kommerz. Dennoch täte man beiden unrecht, würde man sie gegeneinander ausspielen wollen .
(·) Als ich sie suchte, war sie leicht und günstig zu bekommen. Also wohl nicht selten.


Georgie Fame: Yeah, Yeh, Yeh / Peach And Teach 1964 D-Columbia

Man war ja kein Beatle. Keiner von den Burschen, die ihr Yeah Yeah in die Welt hinausschrieen, mit Frisuren, wie sie dieselbige noch nicht gesehen hatte, die die Mädels aufmischten wie der gute Cliff vor Jahren und die ansonsten gerade mal wussten, wie sie eine Gitarre halten mussten. Nein, Georgie Fame kam vom Jazz, was damals weder anrüchig noch uncool, sondern noch was Feines war, und vom R&B, was definitiv cool war.
Nur so mag sich das Durcheinander um den Songtitel erklären lassen, der im UK-Original „Yeh Yeh“ heißt. Ohne das „a“ der Beatles, ohne Komma und ohne das dritte Yeh, wie es auf der dt. Single getitelt ist, aber im Song nicht vorkommt. Dabei soll es im UK auch frühe Pressungen mit „Yeah Yeah“ gegeben haben. Tops, weißt du mehr?
Die deutsche Columbia jedenfalls entschied sich für die obige Titelgebung, wahrscheinlich so zu lesen: „Yeah!! Yeh Yeh“
Das Ganze hat dennoch mit Beat, wie man ihn damals kannte, wenig zu tun. Es ist ein zupackend quirliges, jazziges Stückchen mit sehr zurückhaltender, aber gleichwohl dominierender Fame-scher Orgel, das mühelos den Weg bis an die Spitze der Charts schaffte. Völlig unspektakulär, dennoch mit einem solch originären Groove, dass es unüberhörbar war. Und spektakulär gut.
Peach And Teach ist gerade mal 1:40 lang und es ist alles gesagt.
Große Klasse.
(·) Besterhaltene Originale sind nicht so einfach zu bekommen.

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