Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Roxy Music: Virginia Plain / The Numberer 1972 D-Island

Es gibt Singles, die Musikgeschichte schreiben, weil sie so anders sind, weil sich mit ihnen eine neue Popwelt öffnet. Das muss nicht immer bestens sein. Nach meiner Wahrnehmung war Paranoid ein ebensolcher Fall oder Teen Spirit. Ganz sicher kommt aber dieses Attribut, und das im allerbesten Sinne dieser Platte zu.
Wir hatten zu jener Zeit T.Rex schon, wir hatten Bowie, es war die Frühzeit des Glamrock, des narzisstischen Hedonismus in Reinkultur. Aber Roxy´s erste Single überhöhte und transzendierte ihn gleich dermaßen, dass vieles Folgende für mich bald nur noch matter Glitter war.
Hört man die Platte mit den Ohren von heute, mag man sich eine noch wahnsinnigere Produktion vorstellen können, aber damals waren diese Sounds, diese Vocals, dieses Songwriting schlichtweg umwerfend. In jeder Hinsicht absolut ungehört, das war einfach nur toll. Dazu kamen die Outfits und die ganze Attitüde der Band. Das Klappcover der LP mit dem Bild der Dame auf dem hellen Diwan (und ohne den Hit Virginia Plain übrigens) schien dem revolutionären musikalischen Inhalt erst einmal nicht zu entsprechen, bis irgendwann klar wurde, dass genau das gemeint war: die auf ewig unerfüllte Suche nach purem musikalischen Reichtum und schierer Schönheit. Diese wunderbare Tragik hat im Pop wohl niemand besser verkörpert als Bryan Ferry.
The Numberer ist ein sax-betontes Instrumental, ebenfalls non-LP, welches vielleicht nicht ganz den Spagat zwischen gestern und morgen schafft, das dennoch eine sehr eigene Sprache spricht.
Natürlich eine der allerbesten Singles der 70er. Und ein Muss für jede Sammlung.
(·) Die obige dt. Pressung ist mittlerweile wohl nicht mehr ganz so leicht zu bekommen. Aus dem Jahr ´77 gib es ein RI mit Pyjamarama als Flipside.


The Gestures: Run, Run, Run / It Seems To Me 1964 US-Soma

Man höre und staune. Eine US-Band aus dem fernen Minnesota bringt eine der besten Singles heraus, die das Jahr 1964 gehört hat. Und da gab es so einige. ;) Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll. Zunächst mal ist es ein ganz, ganz feiner Song, sehr einfach, zupackend und eher im UK-Beat zu verorten als in Minnesota. Das Arrangement dagegen hat surf-amerikanische Einflüsse, was schon mit dem Gitarrenintro beginnt. Dann sind da die Vocals, die besonders beim häufig wiederholten „run, run, run, baby, to set you free“ eine derartig eigentümliche, sanft-lockende Stimmung zaubern, dass es eine wahre Freude sein sollte, der Aufforderung nachzukommen oder halt die Single noch einmal zu hören. Für mich ein absolutes Kleinod.
It Seems To Me wirkt als Song etwas zerfahrener, wenn auch bemühte Klasse zu erkennen ist.
(·) Oben ist aus Versehen die Rückseite meiner „Audition Copy“ abgebildet. Die Gestures haben meines Wissens nur zwei Singles gemacht. Diese sollte noch einigermaßen gut zu bekommen sein, da sie ein Top 50-Hit war.


The Rivals: Here Comes The Night / Both Sides 1980 UK-Oakwood

Here it comes… Ich habe hier vor vielen Monaten schon das Original von The Them vorgestellt. Hier nun ein Cover von 1980 von einer Band, über die ich nichts weiß. Tops, weißt du mehr? Auch von ihnen soll es nur zwei Singles geben, beide recht selten und eher teuer.
Sie machen hier aus dem Them-Klassiker einen Punk-Song, was ja eigentlich nichts Besonderes ist. Dennoch besticht diese Aufnahme durch ihre schneidenden Gitarrensounds und den ungeheuren Drive. Wer den Song so toll findet wie ich, hört hier eine echte Alternative zum Original.
Both Sides kommt songmäßig bei weitem nicht an die A-Seite heran, ist dennoch ein erfrischend kurzweiliges Punk-Stückchen mit pluckernden Gitarrensounds. Insgesamt eine ganz feine Single.
(·) Selten.

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