Re: Chet Baker

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gypsy-tail-wind
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FriedrichChet Baker und Fingernägel auf Wandtafel ist ein Vergleich, der mir niemals in den Sinn gekommen wäre. Süßer Wohlklang auf der einen Seite und kreischende Attacke auf Trommelfell und Nerven auf der anderen. Ich vermute eher, das viele Jazz-Nerds die Nase gerümpft haben angesichts und -gehörs dieses hübschen vermeintlichen musikalischen Dünnbrettbohrers.

Es geht um den Effekt, den manche Stimmen auf manche Leute haben – der Vergleich mag unpassend sein, aber es ist nunmal so, dass dem einen sein süsser Wohlklang beim anderen zu Panikattacken führt, wenn er länger als fünf Sekunden zuhören muss, für mich wäre Baker als Sänger wohl das, was man „acquired taste“ nennt – es fiel mir eben nicht zu, ich fand die Stimme des jungen Chet anfangs sehr übel – gar nichts von Wohlklang, einfach nur: sofort wieder ausschalten. Sowas kann man meistens gar nicht beeinflussen, man kann es ab und zu mal wieder versuchen und kann eben mit der Zeit im besten Fall einen Geschmack für die Stimme (das betrifft auch Instrumentalstimmen, ich komme ja z.B. mit William Parker auch nicht immer klar, kann David S. Ware kaum ertragen etc.) entwickeln. Da geht es nicht um „in den Sinn kommen“ sondern um unmittelbare, teils physische Reaktionen, die stattfinden, bevor überhaupt eine Reflexion darüber einsetzen kann. Ich habe z.B. einen Freund, der kommt mit Hammond Orgel partout nicht klar, ähnliches kennt man von Vibraphon, Querflöte …

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