Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Faves #34


Bob Marley & the Wailers: No Woman, No Cry / Kinky Reggae 1974 D-island

Beide Seiten sind Aufnahmen von dem grandiosen 75er Lyceum-Konzert, von dem es auch eine hoch gerühmte Live-LP gibt. Kinky Reggae jedoch ist non-LP und zudem wohl ein Unikum. Ich kenne nämlich keine andere 45er mit einer Spielzeit von 7:35 auf einer Seite. Und das in Super-Qualität. Aber das ist nur die eine Seite der Single/Medaille.
Wenn ich mich recht erinnere, war die Live-LP für manch einen in meinem Bekanntenkreis der allerletzte Anstoß, Reggae damals dann doch goutieren zu können. Und ganz wesentlich dazu beigetragen hat diese fantastische Version von No woman, No Cry. Im Vergleich zur Studio-Aufnahme auf Natty Dread ist sie langsamer, etwas ausladender vom Gestus her und rhythmisch so wunderbar samtig, dass es eine wahre Freude ist; anstelle einer uhrwerkartigen Präzision eher ein Rhythmusteppich. Ich liebe diese rhythmische Weichheit, diesen nur dem Reggae ureigenen Swing sehr. Und der Song als solcher ist natürlich ein unsterblicher Klassiker. Sehr einfach, aber geschickt gemacht und unglaublich wirkungsvoll und gut.
Jetzt aber die Kehrseite der Medaille: diese Single ist bestenfalls ein Appetizer, den man Blackwell gleich wieder um die Ohren schlagen möchte. Wohl wahr, dass man die mögliche Spielzeit auf der B-Seite voll ausgenutzt hat, dafür wurde aber beim Title-Track daran gespart. Er wird nämlich nach 4 Minuten mit dem Einsatz des Gitarrensolos ausgeblendet, obwohl die knapp 7 Minuten der LP-Version allemal Platz gehabt hätten.
Möglicherweise aber war das Politik: Würde der ungeneigte Hörer wenigstens diesen vier Minuten schönster Reggae-Musik sein Ohr schenken, er wäre für Weiteres geködert. (Also wie gemacht für unseren Candy, probier es noch mal. ;) )
Wegen der Rückseite von Belang, ansonsten muss ich hier auf die LP verweisen.
(·) Bob Marley-7“s sind bei uns mittelmäßig gesucht. Sie sind aber nicht sonderlich häufig.


The Easybeats: Friday On My Mind / Made My Bed 1966 D-United Artitsts

Richtig erfolgreichen Aussie-Beat gab es in den 60s von zwei Bands. Von den Bee Gees und den Easybeats. Viel cooler waren natürlich letztere, erfolgreicher aber die Brüder Gibb, die kamen wirklich aus Australien und zogen mit dem Erfolg nach England und später in die Staaten. Während die Easybeats Europäer waren, die es nach downunder verschlagen hatte. Obwohl der Durchschnittshörer kaum mehr als diese Single kennt, waren die Easybeats ´66 dennoch keine One Hit Wonder. Und später fungierten die beiden Songwriter Vanda und Young dann als Produzenten von AC/DC und waren maßgeblich an deren Erfolg beteiligt (Angus und Malcolm sind die jüngeren Brüder von obigem Harry Young).
Friday On My Mind war weltweit ein Riesenhit und wurde häufiger gecovert (u.a. von Bowie auf Pinups). Ein toller Song, eine unglaublich gute und packende Produktion, eine Single, die den Zeitgeist präzise einfing. Angefangen vom Text, der die Arbeitswoche als endloses Warten auf den Freitagabend mit Girls und Fun beschreibt über den Pop-Appeal des Songs bis hin zu den kleinen, feinen psychedelischen Einsprengseln.
Genial der Aufbau: ein nervös pendelndes, leeres Gitarrenintervall zu Beginn begleitet die Beschreibung der miesen Wochentage, eine zweite Gitarre setzt erste kleine Hoffnungsschimmer bis das Ganze dann rhythmisch und melodisch in der Freitagnacht seinen Refrain-Höhepunkt findet. Eine ganz wunderbar gemachte Verdichtung. Pop at its best.
Made My Bed ist ein für die damalige Zeit toller Hard-Rocker mit Gitarren-Riffs und -Sounds, die in die rockende Zukunft weisen. Weiß jemand, wer die Single produziert hat? Das müsste doch ein versierter Engländer gewesen sein.
Hello How Are You (von G. Walker gecovert) war einige Zeit später dann noch eine schöne Ballade von ihnen.
(·) Obwohl ein Top 10-Hit bei uns, hat die Single in guter Erhaltung ihren Preis, da sie recht gesucht ist.


France Gall: Poupee de cire poupee de son / Le coeur qui jazz 1965 D-Philips
In den 60ern produzierte der Grand Prix noch ein paar echte Hits, die wirklich gekauft wurden, von U. Jürgens Mercy Cherie über Sandie Shaw´s Puppet On A String bis hin zu Cliff´s Congratulations. France Gall´s Poupee… gehört ebenfalls dazu. Wer meint, den Song nicht zu kennen, mag sich dunkel an die dt. Version erinnern: „Das war eine schöne Party“.
Nun ist diese Platte sicher nicht weltbewegend, aber sie hat einen wunderbar unbekümmerten Charme und vor allem mag ich France Gall´s Stimme hier. Sie klingt so ganz leicht verschnupft, sehr sexy. Der 12-jährige jedenfalls war von dieser kleinen blonden Französin hin und weg. Viele spätere, dt. gesungene Sachen von ihr fand ich dagegen, wenn ich mich recht erinnere, reichlich kindisch (A Banda, Die Playboys bei den Eskimos, Unga Katunga, Computer Nr. 3 …). Aber dass sie eben dieses dumme kleine Mädchen eigentlich nicht war, (was mit den obigen Titeln leicht so rüberkam), will ich hier zumindest mal gesagt haben. War sie doch seit Beginn der 60s (parallel zu Francoise) eine hoch angesehene Chanson-Sängerin mit z.T. recht jazzigen Arrangements.
(·) France Gall ist einigermaßen gesucht, die selteneren Sachen sind verhältnismäßig teuer. Diese Single war ein Millionenhit, dennoch hat sie heute in Mint ihren Preis.

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