Re: Otis´ 7" Faves

#2455297  | PERMALINK

otis
Moderator

Registriert seit: 08.07.2002

Beiträge: 22,557

Faves #33


The Tremeloes: Here Comes My Baby / Gentleman Of Pleasure 1967 D-CBS

Brian Poole And The Tremeloes waren Anfang der 60er eine der führenden britischen Beat-Bands. Mindestens eine Single von ihnen werde ich hier auch noch vorstellen. Nach den frühen Erfolgen waren sie einige Jahre später ohne Poole nur noch die Tremeloes und hatten noch mehr Erfolg mit einigen recht massenwirksamen Pop-Hits (Silence is Golden, Even The Bad Times Are Good). Meine liebste Platte von den späteren ist aber diese hier.
Here Comes My Baby ist unüberhörbar ein typischer, früher Cat Stevens-Song, der es allemal mit seinen großen Leistungen The First Cut Is The Deepest, I´m Gonna Get Me A Gun, I Love My Dog etc. aufnehmen kann. Die Trems setzen ihn hier sehr schön locker mit ganz eigenem, beinahe ausgelassen südländischem Flair um. Yo la Tengo´s Version auf Fakebook geht wohl auf diese Aufnahme zurück.
Die Rückseite ist netter Mid-60s-Beat. Die Kopfstimmen allerdings nerven etwas.

(·) Die Platte dürfte nicht sonderlich selten sein.


Shop Assistants: I Don`t Wanna be Friends With You / Looking Back 1986 UK-Azur

Die Shop Assistants gehören neben The Tallulah Gosh zu meinen zwei liebsten C86*-Girl-Pop-Bands. Es gab noch eine paar tolle mehr. Kurze Zeit später wurden sie die Motorcycle Boys, von denen es auch mindestens eine tolle Platte (Big Rock Candy Mountain) gibt.
Ihre erste EP habe ich hier schon vorgestellt. Hier ihre vierte 7″.
Ein unglaublich treibender Beat unterlegt das Ganze, ein Minimum an Melodie wird beständig von einer leicht sägenden Gitarre repetiert, unterstützt von typisch mädchenhaften Vocals, ein paar winzige Ansätze von Breaks und wieder von vorn das alles. Eine Tour de Force in C86-Beat.
Die Rückseite ist ähnlich gemacht und fast so gut. Nur fehlt diese schier entwaffnende und geradezu süchtig machende Einfachheit der Melodie das A-Seite.
Eine wunderbare Single. Absolut unterbewertet.
(·) I Don´t Wanna … ist auf der einzigen Shop Assistants-LP enthalten. Looking Back wohl non-LP. Wie häufig oder selten diese Single ist, weiß ich nicht. Aber allzu gesucht ist die Band nicht. Also wohl eine leichte Beute, wenn sie mal auftaucht.

*C86: Ich weiß nicht, ob allen noch bekannt ist, was es mit C86 auf sich hat.
Seit ca. ´84 hatte sich im UK (wieder einmal) eine gitarren-orientierte Indieszene entwickelt, die mehr und mehr Aufsehen erregte (u.a. Creation-Label). Die erste große Brit-Pop-Welle, wenn man diejenige ein knappes Jahrzehnt zuvor nicht mitzählt und diejenige mehr als 20 Jahre früher auch nicht. ;)
Jedenfalls brachte der NME 1986 eine Musik-Kassette unter dem Titel „C86″ auf den Markt, auf der einige dieser Bands versammelt waren (z.B. Mighty Lemon Drops, Primal Scream, Wedding Present, Flatmates). Seitdem hat sich der Begriff für diese Bands gehalten. Insgesamt feiner Gitarren-Pop.


Procol Harum: A Whiter Shade Of Pale / Lime Street Blues 1967 D-Deram

An dieser wunderschönen Aufnahme hat mich von Anfang an gestört, dass man ihr eine Nähe zu Bach angedichtet hat. Und das nicht etwa, weil selbige offensichtlich war, sondern es war eher eine wohl meinende Attacke damals sich fortschrittlich wähnender Musikjournalisten/-kritiker/-lehrer, die meinten, den bis dato im öffentlichen Bewusstsein nach wie vor eher ungeliebten Popmusikern auf diese Weise endlich Können, Ernsthaftigkeit, Schlauheit und Kultiviertheit attestieren zu dürfen. Es bleibt dummes Zeug.
Ähnlich der berühmten Drei-Akkord-Punk-These der Damned. Blues ist sicherlich Dreiakkord-Musik oder vieles in der Folk-/Volksmusik, aber nicht Punk. Punk kommt mit weniger Akkorden aus oder mit mehr, aber klassische Drei-Akkord-Musik ist Punk beileibe nicht. Musiker wissen, was ich meine. Aber jeder schreibt es halt vom anderen ab und es hält sich offensichtlich ewig. Hört sich ja auch schlau an. Das musste ich mal loswerden.
Die Akkordstruktur von A Whiter Shade Of Pale jedenfalls mag auch Bach schon benutzt haben, keine Frage. Sie ist aber als eine die Toneiter abfallende Harmonienfolge ziemlich typisch, ja beinahe zwingend – und also keineswegs typisch Bach! Natürlich hat die Aufnahme durch die Orgel Gary Brookers zudem noch einen leicht klassischen Touch, man kann das Ganze ohne weiteres aber auch, wie jüngst im RC-Sonderheft geschehen, unter Psychedelia subsummieren.
Mit einem Wort: Ganz tolle Platte, die unendlich viele Schmuse-Einheiten zur Folge hatte. Auch danke dafür, Brooker.
Die Flip übrigens ganz anders: ein einfaches R&B-Stück mit ein paar guten Ideen und feinem Drive.
(·) Über die Jahre ein Millionseller. Seltener wohl nur in Mint.

--

FAVOURITES