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Faves #32
John Leyton: Lonely Johnny / Keep On Loving You 1962 UK-HMV
Johnny Remember Me war Johnny Leyton`s größter Hit (UK-No.1). Seine Stimme muss auf die Damenwelt elektrisierend gewirkt haben. Vor allem bei diesen beiden Aufnahmen hier. Zudem beherrschte er punktgenau das Spiel des lonely man in a strange world, was auch schon in den Titeln zum Ausdruck kam: Johnny Remember Me, Lonely Johnny, Lone Rider, Lonely City, Wild Is The Wind …
Seltsamerweise aber machte gerade diese Single offenbar überhaupt keinen Eindruck auf die UK-Hörer, obwohl ich sie für ausgesprochen gelungen halte und beide Seiten sehr mag. Lonely Johnny ist ein feiner Pop-Song mit sehr schönem Drive. Leyton´s Stimme ist irgendwo angesiedelt zwischen Elvis und Cliff, unnachahmlich eigen aber sein naiv-unschuldiges „teaaeaaaear in my eye“. Heartbreaking.
Keep On Loving You ist eine ebenso feine Nummer mit wiederum tollem Gesang. In dieser Hinsicht zumindest ist diese Single seinem No.1-Hit überlegen.
·) Ich hatte die Platte als „mint“ gekauft. Ist sie auch, bis auf das fehlende Mittelstück. Sehr ärgerlich. Aber John Leyton-Platten sind noch einigermaßen gut zu bekommen.
The Troggs: Wild Thing / Lost Girl 1966 D-Hansa
Wild Thing scheint nicht gerade die Spitze des guten Geschmacks, hat man manchmal den Eindruck. Und es ist damit wohl so wie mit Louie Louie, es geht nicht ohne, aber keiner will so recht dazu stehen, dafür scheinen beide Songs zu einfach gestrickt. Ich mag beide und es war ja auch keine geringe Reverenz, als Hendrix Wild Thing in Woodstock spielte.
The Troggs waren eine Beat-Band der zweiten Stunde in den 60s und sind sicher etwas unterbewertet. Nicht, dass ihre Musik die Welt aus den Angeln gehoben hätte, sie haben aber ein paar fantastische Singles eingespielt. Wovon das originale Love Is All Around nur eine ist. Ihre erste, sehr rare UK-Single Lost Girl ist hier die Rückseite. Eine tolle, beinahe US-garagenmäßige Aufnahme, die dieser deutschen 7“ zusätzlichen Wert gibt. Lost Girl ist ansonsten damals kaum noch woanders veröffentlicht worden.
Ja, und Wild Thing ringt mir immer wieder Anerkennung ab. Ganz prima gemacht, sehr archaisch, mit gut kalkulierten dynamischen Wechseln, schrappeliger Rhythmusgitarre und dem bis dahin ungehörten Solo auf irgendeinem obskuren Flöteninstrument, wohl einer Art Okarina. Unverzichtbar.
(·) Relativ häufig, aber selten gut erhalten. Sie wurde meistens kaputt gespielt.
Donovan: Universal Soldier / Oh Dee I Do 1965 D-Vogue
Der arme Donovan wurde in den 60s schon früh abgetan: als spinnerter Träumer, als Schmalspur-Dylan mit Milchbubigesicht, als kleines Dummerchen in Pennebaker´s Don´t Look Back.
Und doch, seine erste Platte Universal Soldier hat sicherlich genauso ein Stück Musikgeschichte geschrieben wie Blowing In The Wind und Eve Of Destruction. Sicher ist es ein naives Antikriegs-Statement, aber in seiner Einfachheit überaus entwaffnend und zu jener Zeit keinesfalls dumm.
Natürlich mag der Song selbst nichts bewegt haben, aber er mag bei den Lagerfeuern in den 60´s und bei den vielen WG-Abenden und Feten in den folgenden Jahren genauso zu der breiten, aber diffusen Protest-Haltung der Jugendlichen beigetragen wie die oben genannten beiden anderen Songs. Solche Songs haben jedenfalls auf meine ethische (Selbst-)Erziehung einen weit größeren Einfluss gehabt als die gleichzeitigen Versuche von Kirche und Staat.
Insofern also gehört er allemal zur Kulturgeschichte der 60er. Deshalb auch habe ich meine drei Cover abgebildet, die jedes für sich einen ganz eigenen Umgang mit diesem Song widerspiegeln. Die dt. Single (links) zeigt den wachen und selbstbewussten Protestsänger. Die englische EP deutet in ihrer Gegenüberstellung von strammen Guards-Men (einer ist umgefallen!) und düsterem Hintergrund zumindest die Ernsthaftigkeit des Songinhaltes an. Die französische EP setzt ganz auf den verträumten Clochard (Donovan hat die Augen zu!) mit zwei etwas dümmlich kommentierenden Grafiken von Kriegsgerät, das Ganze also nicht sonderlich ernst nehmend.
Die Rückseite der dt. Single (die Platte ist im UK meines Wissens nur als EP erschienen) ist ein wunderschöner Bert Jansch-Song, ganz in akustischer Folkmanier wie die A-Seite: Oh Dee I Do (wohl fälschlich auf der Hülle als Oh Deed I Do gedruckt?!?).
(·) Die dt. Single dürfte die seltenste der obigen drei sein. Habe sie noch nicht oft gesehen.
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