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Faves #25
Ivy League: Tossing And Turning / Graduation Day 1965 UK-Piccadilly
Die beiden wichtigsten Band-Mitglieder habe ich hier letztens schon einmal erwähnt. Sie waren die Autoren des Music Explosions-Hits „Little Bit O’Soul“. John Carter und Ken Lewis haben Anfang der 60´s zunächst als Carter-Lewis & Southeners einige, heute recht gesuchte, Singles eingespielt, dann als Trio unter dem Namen Ivy League erste Erfolge verbucht, von denen diese Single hier der größte Hit war.
Ein unverwechselbares morsemäßiges Orgelintro, hohe Stimmen, bester Harmoniegesang und eine catchy Melodie waren die Zutaten dieser exzellenten Scheibe. Es klingt alles etwas amerikanisch, obwohl ich gar nicht so recht zu sagen wüsste, warum. Beach Boys sind drin, Mamas & Papas vorweggenommen, ein leichter Folkrock-Touch, dazu reichlich Pathos.
Noch mehr Beach Boys-Einfluss hört man auf der Rückseite. Obwohl es weit von den Vorbildern weg ist, es fehlt die Leichtigkeit, das Runde, der Fluss, so hat dennoch auch Graduation Day seine ganz eigentümliche Klasse. Eine sehr schöne Single.
(·) Relativ leicht als UK-Pressung zu bekommen. Eine dt. Pressung gab es nicht, wohl eine holländische.
James Brown And The Famous Flames: It´s A Man´s Man´s Man´s World / Is It Yes Or Is It No? 1966 US-King
Ich bin nicht der größte Fan von James Brown. Aber diese Platte hat mich umgehauen, als ich sie zum ersten Mal hörte. Es war irgendwann vor vielen Jahren im Auto im Urlaub in Frankreich. Ich kannte einige Live-Versionen von dem Song, sie waren in gewisser Weise austauschbar, aber diese Studio-Version war schlichtweg eine Offenbarung.
Diese Dramatik, diese unglaublichen Streicherarrangements, ja, und dann auch der Text. Wie hier mit allem Ernst und aus voller Überzeugung ein ziemlich male-chauvinistisches Weltbild zelebriert wird, das ist wie aus einer anderen Welt. Man kann die Faszination kaum erklären, im Grunde sollte es doch abstoßend reaktionär sein. Aber das Ganze hat eine derartige Unschuld (obwohl wir natürlich alle wissen, wie „unschuldig“ James Brown in diesen Dingen wirklich war), dass es genauso beeindruckt, wie z.B. den Atheisten der Wayfaring Stranger von Johnny Cash oder Im A Pilgrim von den Byrds oder eben auch der vor Monaten hier vorgestellte Joe Tex-Song „Hold What You´ve Got“.
(·) Oben habe ich meine originale, amerikanische King-Pressung abgebildet. Ich besitze auch noch die deutsche auf Polydor International. Sie klingt deutlich weicher und nicht so scharf und aggressiv. Allerdings scheinen mir die King-Singles häufig auf billigem Vinyl gepresst worden zu sein, was ihrer Haltbarkeit und dem Sound gar nicht gut tut. Dennoch würde ich die King-Version vorziehen, wenn sie wirklich wie neu klingt. Meine ist es nicht.
The Tornados: Telstar / Jungle Fever 1962 D-London / Decca
Ende der 50er, Anfang der 60er war die Zeit der Instrumentals. Die Zeit des Rock´n Roll schien vorbei, aber viele Tanzkapellen spielten aus seiner Tradition heraus in kleineren Combos mit elektrisch verstärkten Instrumenten und, mangels charismatischer Sänger, eben Instrumentals. Viele dieser Stücke wurden absolute Welterfolge, von weicheren Sounds a la Billy Vaughn über z.T. feine Rocker a la Johnny & The Hurricanes bis hin zu den Surfsounds Kaliforniens.
Auch in Deutschland waren solche Bands (meist waren es Musiker aus Südostasien, die über Holland hierhin gekommen waren und als Indo-Bands richtig viel Geld verdienten) sehr beliebt.
Im UK waren die Shadows sicher die bekanntesten, jedoch war Telstar wohl der größte Instrumental-Hit (ist es so, DJ?) jener Zeit, sogar in den USA No.1.
Joe Meek´s Geniestreich fiel in die Zeit der ersten Weltraumerkundungen und er fand kongeniale Sounds dafür. Es beginnt (und endet) mit undefinierbar spacigen „Motor“-Geräuschen und mündet dann in eine soundmäßig beinahe undefinierbare Orgel-Melodie, die auf Anhieb jeder zu kennen glaubt und mitsummen kann. So einfach und zwingend, dass es da auch irgendwelche Plagiats-Geschichten gab, wenn ich recht informiert bin. Die ganze Platte ist eine wunderbare Demonstration des Studiogenies Joe Meek. Dabei war sein Studio nicht viel mehr als eine Bastelstube mit ausrangierter BBC-Hardware.
Übrigens wunderschön, wenn der Chor kurz vor Ende einsetzt und der rhythmisch ganz leicht unbeholfene Übergang Sekunden vorher. Herrlich!
Dass es nicht unbedingt Space sein musste, zeigt Meek mit dem Jungle Fever. Ein Soundspieler, wie er im Buche steht. Und dennoch wird das Ganze nie zum Selbstzweck, immer bleibt das Neuartige unschuldig, immer bleibt es Pop, der die Anerkennung durch den Hörer sucht und herausfordert.
Ich hoffe, ich kann noch einige Singles aus der Meek-Produktion hier vorstellen, viele davon gehören zu meinen liebsten der frühen 60s. Ich muss aber erst noch einige nachkaufen.
(·) Telstar war ein absoluter Million-Seller, ist aber als dt. Pressung in neuwertigem Zustand mit Hülle dennoch nicht häufig, da die Platte sehr viel gehört wurde. Im UK dürfte sie leichter in bestem Zustand zu finden sein. Ich habe oben mal meine EP mit den beiden größten dt. Hits der Band abgebildet, eine Clubausgabe, die in dieser Ausgabe ebenfalls nur in mint etwas seltener ist.
Der nette Blonde oben rechts ist übrigens „Heinz“, der Bassist der Band, der einige Zeit später mit dem wunderschönen „Just Like Eddie“ einen tollen Solo-Hit hatte.
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