Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Faves #19


The Band: The Weight / I Shall Be released 1968 D-Capitol

Heute steht eine Reihe von Singles an, die, bis auf die letzte, in mancher Hinsicht Klassiker sind. Beginnen wir mit der besten 7“ von The Band. The Band waren natürlich keine Singles-Band, keine Pop-Band, keine Hit-Band. Beware!!! Wir schreiben ´68 und die Pop-Welt glaubte erwachsen geworden zu sein und in dieser Welt sollten Singles immer weniger Platz haben. Ich liebe die 7“ solcher Bands deshalb um so mehr, da sie irgendwo zwar ein Art Anachronismus darstellen, die dennoch nicht ganz vergessen lassen, dass es immer noch Popmusik ist, um die es geht. Solche Singles von solch guten Musikern aus dieser Zeit sind deshalb wohl allesamt auch nicht sehr häufig. Ich suche z.B. immer noch die ersten C,S,N & Y-Singles auf Atlantic.
Man muss zu dieser hier kaum etwas dazu sagen. Sie ist aus Music From The Big Pink ausgekoppelt und es war halt die Zeit, als der LP-Verkauf langsam den der Singles überholte. Mag sein, dass deshalb unter dem Songtitel auf beiden Seiten in Klammern jeweils der LP-Titel aufgedruckt ist, darunter erst die Credits für Robertson und Dylan. Dem Leser erscheint es, als würde hier eine neuartige Musik angeboten.
The Weight
(The Music From The Big Pink)
(Robertson)

Auf dieser Platte jedenfalls sind zwei ganz großartige Band-Songs enthalten. The Weight womöglich ihr größter.


The Beau Brummels: You Tell Me Why / I Want You 1966 US-Autumn

Dies ist das Original eines der schönsten Songs der 60´s. Er ist meines Wissen zwar kaum gecovert worden, hat für meine Ohren jedoch erst zehn Jahre später in der Fassung der Reunion-Brummels seine ultimative Form gefunden. Dann aber in einer absoluten Insel-Version. Und da ich ihn in dieser späteren Fassung kennen gelernt habe, hatte es die ältere Aufnahme anfangs bei mir nicht ganz so einfach.
Die Beau Brummels sind sicher eine der am meisten unterbewerteten Bands der 60s. Ron Eliotts superbes Songwriting, die locker leichte Westcoast-Grundstimmung, die wunderbare Stimme Sal Valentinos, all das verbindet sich zu einer Kunst, die auch in den 60´s ihresgleichen sucht. Einzig die Produktion der frühen Autumn-Sachen scheint mir manchmal recht karg und nicht immer optimal, was den frühen Singles etwas unfertig Demohaftes gibt. Manch einer mag darin eine Qualität sehen, ich kann es nicht unbedingt. Mit den englischen Searchers geht es mir dann und wann recht ähnlich. Obwohl es musikalisch natürlich verschiedene Welten sind.
Auf die Rückseite trifft exakt das Gleiche zu. Der Song vielleicht nicht ganz so zwingend, aber immer noch eine Offenbarung. Wie gesagt: ein Klassiker!


The Music Explosion: Little Bit O´Soul / I see The Light 1967 D-Ariola

The Music Explosion? Die Geburtsstunde des Bubblegum?
Nicht die Casting-Truppe The Monkees markierten den Niedergang des guten, echten und wahren Pop, nein, dafür waren diese zwei Herren aus Arizona verantwortlich, Jerry Kasenetz und Jeffrey Katz, kurz Kasenetz/Katz oder besser noch „Super K Productions“. Sie erfanden später gar selbst das Markenzeichen „bubblegum“ für ihre Musik: bedeutungslos (Yummy Yummy Yummy, Chewy Chewy), escape and have fun! Nicht einmal die Bands waren wirkliche Bands, sondern im Grunde immer wieder die gleichen Musiker unter verschiedenen Namen (Ohio Express, 1910 Fruitgum Co. etc.)
Ja, und diese Single hier war der erste große K&K-Hit. Sie lässt bei weitem noch nicht die konsequente Bubblegum-Ästhetik der späteren Sachen erkennen, zeigt aber schon das Produktionspotenzial der beiden.
Ich habe keine Ahnung, wie und warum, aber irgendwie müssen die beiden in England den Song „Little Bit O´Soul“ aufgetan haben, den zwei weitere recht schillernde Figuren der Popszene geschrieben hatten, nämlich John Carter und Ken Lewis. Diese beiden waren zunächst The Ivy League (zu dieser Zeit müssen sie den Song geschrieben haben) und später dann The Flowerpot Men, die mit Let´s Go To San Francisco im 67er Summer of Love einen Welthit hatten. Ich kenne allerdings von Carter/Lewis etc. keine frühere Aufnahme dieses Songs. Weiß da jemand mehr, ob es vorher schon mal von jemandem aufgenommen wurde bzw. woher K&K diesen Song gekannt haben können?
Jedenfalls nahmen sie ihn mit The Music Explosion auf, eine Killer-Nummer, die sofort ein Riesenerfolg wurde. Sie verband den Punch des US-Garage-Punk mit jeder Menge Pop-Appeal. Unglaublich karg produziert, nur Bass (mit samtweich klingendem, Louie Louie-haftem Riff), Drums (mit entsprechendem Geschepper, wo es nötig wird), einer frechen Orgel im Hintergrund und diesem typisch US-amerikanischen Gesangsstil, von dem mir bislang noch keiner erklären konnte, was ihn eigentlich genau ausmacht. (Wally Tax von den holländischen Outsiders hatte ihn auch drauf und natürlich die meisten Sänger der Garagenbands.) Irgendwie nasal und gepresst klingend, nicht kehlig und offen. Ich mag das sehr.
Die Flip verdient noch unbedingt Erwähnung. Ein sehr schöner Song, sehr einfach und zurückhaltend, hätte auch den Seeds alle Ehre gemacht oder den oben erwähnten Outsiders!
PS: Keine Sorge, der typische, etwas spätere Bubblegum wird hier selbstverständlich nicht auftauchen.

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