Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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The Monkees: Daydream Believer / Goin´ Down 1967 D-RCA

Daydream Believer kennt man.
Deshalb habe ich als erstes das mir bis gerade unbekannte „Goin´ Down“ aufgelegt und glaubte meinen Ohren nicht zu trauen. Es beginnt wie ein jazzig flitzendes Stückchen Musik, das vor sich selbst davonläuft. Wieder singt Micky Dolenz. Was aber zunächst wie eine kleine, nicht ganz ernst gemeinte Spielerei in fremden Gefilden anmutet, entwickelt sich über eine Laufzeit von immerhin 4 Minuten zu einem unglaublich gut gemachten, fetzend mitreißenden, wahnsinnig swingenden, absolut untypischen Monkees-Song. The Monkees are doing R&B on the Parchement Farm. Ganz toll!!
Manch einer mag sich fragen, wenn dieser Otis die Single schon so lange hat (habe ich wirklich), wenn er sie schon seit den 60s liebt, wieso kennt er dann nicht die Rückseite?
Zum einen wohl, weil wir (wir? zumindest ich) in den 60s in erster Linie die A-Seiten gehört haben, den B-Seiten oft nicht trauen mochten. Typisches Teenie-Verhalten halt. Zum anderen habe ich später wohl eher mal Daydream Believer aufgelegt, als hier weiterzuforschen.
Immerhin stammt jener Titelsong nämlich von einem meiner weiteren Faves, John Stewart, der in der zweiten Ausgabe des Kingston Trio Anfang der 60er noch als recht junger Mann seine ersten Meriten mit etwas bardenhafter Folkmusik verdiente. Dann als Songschreiber und vor allem seit ´70 auch als typischer Singer-/Songwriter durchaus unterbewertet war.
Hier also ein klasse Song von ihm, von den Monkees sehr poppig dargeboten. Man muss diese Version heute vielleicht nicht mehr so mögen und verstehen, denn sie mag für manche Ohren einen leichten „Oldies“-Touch haben. Mit der grandiosen Rückseite aber ist und bleibt dies eine grandiose Single. Die Flip wird mit Sicherheit demnächst häufiger aufgelegt als die wohlbekannte A-Seite.
Da kann man mal sehen, dass so ein Thread auch eine musikalische Entdeckungsreise sein kann. :)


The Spencer Davis Group: Keep On Running / High Time Baby 1965 D-fontana

Mikko hat oben m.E. etwas leichtfertig geschrieben, Gimme Some Loving sei mit I´m A Man eindeutig die beste Single, die diese Gruppe veröffentlicht habe. Nicht doch! Und was ist mit Keep On Running?
Ein tolles Bass-Riff, das den Song einleitet, unverwechselbar und auf ewig mit ihm verbunden. Dann folgt ein unglaublich gut ge-time-ter Song, absolut präzise und zurückhaltend arrangiert, dabei extrem wirkungsvoll. Stevie könnte nicht schwärzer singen.
Aber so toll der Song, so fein austariert das Arrangement, etwas fehlt bei den großen Hits der Spencer Davis Group, weshalb sie trotz ihrer Einzigartigkeit kaum auf dem Olymp der ewig Besten zu finden sind. Es ist wohl der Swing. Sie kommen recht kantig daher und sind auf ihre Art genauso Vorläufer eines End-60er-Hardrock wie es z.b. auch die Yardbirds waren.
Da fehlte den weißen Jungs aus Birmingham einfach ein gutes Stück an schwarzem Rhythmus-Feeling, obwohl Stevie Winwood reichlich davon gehabt haben mag, wie er mit einem feinen Piano-Solo auf der Rückseite wieder beweist. Mag auch sein, dass Deutschlehrer Spencer Davis an allem schuld war, der sich und seine Band nach Stevies Weggang immerhin mit solch Obskurem wie „Det war in Schöneberg“ zu diskreditieren wusste. Wahrlich keine Offenbarung. Wahrscheinlich aber wollten sie alles genau so und nicht anders und es war ja auch verdammt gut so!


Candi Staton: Stand By Your Man / How Can I Put Out The Flame 1970 US-Fame

Candi Staton und Tammy Wynette. Zwei Südstaatenladies, deren Wege sich hier kreuzen. Die Staton stammte aus Alabama und kam über die Gospelschiene zur Musik, wurde entdeckt von Clarence Carter, der sie heiratete und an Rick Hall weiterreichte (nicht als Frau), der mit ihr dann um 1970 auf Fame zwei großartige LPs produzierte. Später hat sie Mitte/Ende der 70er noch einmal ein paar Hits (u.a. Young Hearts Run Free) und einige auffallend gute, eher old fashioned Soul-LPs gemacht.
Der große Star im Süden jener Zeit aber war natürlich nicht die schwarze Candi, sondern jene weiße Country-Lady Tammy Wynette, die allein 1968 fünf No.1.-Hits hatte. Sie zählen heute noch zu den Klassikern. Unter ihnen „Stand By Your Man“.
Mit ihrer Aufnahme davon liefert Candi Staton eine wunderbare, schwarze Lesart von dem Song ab, die damals wohl auch einige weiße Ohren erreicht haben mag. Der Beat ist recht hart für einen solchen Song, mit einer prima Gitarre, die Stimme schwarz, ebensolche (?!) Streicher und feine Bläser. Insgesamt ein wunderschönes Beispiel dafür, wie gut Country und Soul musikalisch da unten ineins gehen konnten.
Die Rückseite eine herrliche Ballade. Was will das Soul-Herz mehr?

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