Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Faves #12


The Leaves: Hey Joe / Funny Little World 1966 US-Mira

Ich müsste arg lügen, würde ich behaupten, dass ich die ´60s-US-Bands, die einige Jahre später als Garagenbands berühmt wurden (na ja, relativ berühmt), damals schon gekannt hätte. Die eine oder andere US-Band kannten wir natürlich, aber den Großteil des Bodensatzes, der dann ab Anfang der 70er zunächst als „Nuggets“ international bekannt wurde, den kannte ich nicht. Dabei waren so unglaubliche Schätze darunter, aber die Amis hatten sich zu der Zeit halt in die Engländer verguckt und gaben den eigenen Leuten zumindest in den nationalen Charts nicht allzu viele Chancen.
The Leaves haben nicht so sehr viel gemacht, wie so viele andere ähnliche Bands damals auch. Aber sie haben ihren Stern am Himmel als „Entdecker“ von „Hey Joe“, den sie hier Dino Valenti zuschreiben. Ich weiß nichts über die wirkliche Autorenschaft. Bei Hendrix steht „Trad.“ auf der Single. Wer weiß mehr?
Jedenfalls hatten sie es wohl schon ein Jahr vorher aufgenommen, diese Single ist aber von ´66. The Love folgten mit ihrer an diese Version angelehnten Aufnahme wie andere auch (Shadows of Knight, gibt es nicht auch irgendwo eine von den Byrds?), ehe Hendrix dem Song dann zum absoluten Durchbruch verhalf.
Wer nur die von Hendrix kennt: diese hier ist schneller, fetziger, atemloser und irgendwo auch schriller und unbändiger. Eine überaus tolle Platte.
Für die 7“-Novizen: Solche White-Lable-Platten wie oben sind immer als Werbeplatten für DJ´s, Radiostationen etc. gedacht gewesen. Das Original-Mira-Label war zu der Zeit schwarz. Manchmal sind diese Promotion-Singles („Promos“, wie der gewöhnliche Deutsche sagen würde) noch deutlich gesuchter und damit wertvoller als die handelsüblichen Singles.
An dieser Stelle auch noch einmal der dringende Hinweis an alle Interessierten der 60er Jahre: Diese sind unvollständig ohne die amerikanischen Beatbands, die landläufig als „Garage“-Bands oder „60´s-Punk“ oder später z.T. als „Freak-Beat“ gehandelt werden. Der „Nuggets“-Sampler war nur der Anfang.


Prince: Purple Rain / God 1984 D-WEA

Prince war zum Glück nicht Michael Jackson, aber der neue Hendrix mal wieder. Damit war das Geviert abgesteckt und die Fans sahen sich sortiert.
So ähnlich habe ich es von damals in Erinnerung. Es gab selbst in meinem Bekanntenkreis eine Prince- und eine Jacko-Fraktion. Und das Solo zum Ende von Purple Rain war ja wirklich schön. Da war sich die eine Hälfte einig. Purple Rain also ein würdiger Nachfolger von Hey Joe?!?!?
Was soll ich da noch mehr sagen? Ist zwar vieles Geschwätz, das von damals. Aber Purple Rain hat in der Popgeschichte ganz sicher seinen Platz auf dem Olymp. So einfach es scheint, so clever ist es doch gemacht. Einziger, aber böser Wermutstropfen: irgendein WEA-Idiot fühlte sich bemüßigt, für die 7“ das Gitarren-Solo auszublenden, ehe es richtig angefangen hatte.


Jimmy Curtis: Psychedelic Situation / Gone but not forgotten 196? D-Ariola

Diese Platte ist in Deutschland wohl auf immer mit dem Klarnamen von unserem Mikko verbunden. Ich weiß nicht, seit wie vielen Jahren er sie schon auf seiner Bestenliste ganz vorn führt, er wird sicher dazu Stellung nehmen. Ich weiß auch nicht, wie viele Musikfans er schon angefixt hat, nach dieser Platte zu suchen. Genug jedenfalls, denn sie geht nach wie vor nicht unbedingt billig weg, wenn sie überhaupt mal auftaucht. Und die Nachfrage ist bekanntlich Grund für entsprechende Preise.
Ich selber besitze sie erst seit einigen Monaten und war natürlich unglaublich gespannt, was denn das wohl für eine Musik sein würde, für die „Freakbeat“-Mikko sich dermaßen stark macht. Er hatte schon vorgewarnt, mit Psychedelic habe sie nichts zu tun, obwohl der Titel dies versprechen würde, und auch sonst sei sie eigentlich gar nicht so sehr besonders, nur halt ihm besonders ans Herz gewachsen.
Also legen wir sie mal auf.
Es beginnt mit einem furiosen rhythmischen Dauerlauf von Orgel und Rhythmusgruppe (inkl. Schrammelgitarre im Hintergrund). Dann der Gesang von Jimmy Curtiss, etwas gespresst, etwas bubblegum-haft, wenn noch jemand weiß, wie diese kurzlebige Welle damals klang. Plötzlich eine leicht übersteuerte und rhythmisch sehr fein gemachte Überleitung (eigentlicher Höhepunkt des Songs!) in den Refrain. Diese wird garniert mit früh-elektronischen Geräuschen, die ohne weiteres als verfremdete Klospülung durchgehen könnten. Das Ganze durchgängig begleitet von einem unglaublich treibenden, orgeldominierten Beat.
Die Flip kommt übrigens ohne Orgel aus, dafür schrammelt die Gitarre noch viel mehr. Gefällt mir auch ausnehmend gut. Doof eigentlich nur diese Kopfstimme im Refrain, dennoch ein sehr guter Song. Allerdings scheint diese Seite recht anfällig für leichte Beschädigungen oder kommt als schlechte Pressung daher. Jedenfalls klingt meine B-Seite wirklich nicht sonderlich gut.
Eine sehr schöne Platte also und recht originell. Direkt Vergleichbares fällt mir nicht ein. Doch von solchen solitären Singles gab es zu der Zeit noch ein paar mehr. Damit es zur Nr.1 reicht, müssen wohl ein paar sehr persönliche Erinnerungen dazu kommen.
Mikko, mail mir mal ein Scan vom Pic-Sleeve (das gibt es doch?!), dann füg ich das ein, wenn du möchtest. Und stimmt überhaupt die Jahreszahl? Ich habe die Jahre ´65, ´66 und ´67 gefunden. ´65 kann ich nicht glauben, zu der Zeit wäre diese Aufnahme reichlich grandios gewesen. ´66 ist auch noch früh, ´67 finde ich passend.

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