Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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The Ikettes: I´m blue / Find My Baby 1961 US-Atco

Ike Turner hat einen verflucht schlechten Ruf als Mann, jedenfalls nach dem, was ich so mitbekommen habe. Tina hat ihn ziemlich runtergemacht. Dabei ist er ganz sicher einer der wichtigsten amerikanischen schwarzen Musiker der letzten 50 Jahre.
Man mag sich deshalb vorstellen können, was es heißen mochte, eine „Ikette“ zu sein. Backgroundsängerin in seiner Band („Ike“tte!) mit Frau Tina als Frontfrau. Es mag wohl kaum eine härtere Schule für Sängerinnen gegeben haben. Aber als junges Mädel kam man andererseits schön in der Welt umher und lernte tolle Leute kennen. So wie wenige Jahre nach der obigen Besetzung die blutjunge Pat Arnold, die auf einer England-Tour Mick Jagger kennenlernte. Dieser führte sie bei Andrew Loog Oldham ein, unter dessen Fittichen sie eine kleine Solo-Karriere machte. Doch dazu ein andermal.
Die 61er-Besetzung der Ikettes jedenfalls nahm Ike Turner´s I´m Blue auf. Ob es auch eine Tina-Version davon gibt, ist mir nicht bekannt. Ich denke aber eher nicht, da er wegen seines ständigen Wechselgesangs ein typischer Song für eine kleine Gesangsgruppe ist, weswegen er auch z.B. von den Sweet Inspirations und Shangri-Las gecovert worden ist.
Diese Version von I´m Blue (The Gong-Gong Song) scheint mir die beste, sie ist wie aus einem Guss und hat ganz gehörigen Drive, obwohl sie nur sehr sparsam mit Piano, Bass und Drums instrumentiert ist. Sprich: die Ikettes sind eine absolute Klasse für sich hier.
Auch die Rückseite ist toll. Ziemlich kurz, beinahe ein improvisierter Session-Song, dennoch von bezwingendem Doo-Wop-Charme.
A- und B-Seite zusammen gerade mal 4 Minuten lang. Aber diese vier sind mir verdammt viel wert.


Emmylou Harris: Two More bottles Of Wine / Defying Gravity 1978 D-WB

Manche Interpreten habe ich mehr oder minder komplett auf LP, aber kaum Singles von ihnen. Emmylou ist so ein Fall. Sie war für mich von Anfang an ein klassischer LP-Artist. Singles habe ich eher stehen gelassen als gekauft, jedenfalls nie danach gesucht. Keine Ahnung, wie viele bei uns veröffentlicht wurden.
Diese hier habe ich aus zwei Gründen reingenommen. Zum einen darf Emmylou natürlich hier nicht zu kurz kommen, zum anderen enthält sie in meinen Ohren wirklich eins der Highlights ihres Schaffens.
Beide Seiten sind Auskopplungen aus ihrer LP „Quarter Moon In A Ten Cent Town“. Die A-Seite ist ein toller D.McClinton-Song, ein ganz prima Country-Rocker, in meinen Ohren von der Produktion her allerdings etwas trocken und stumpf; wie einige andere von der LP. Dennoch enthält die Platte aber mindestens zwei unglaublich schöne Songs, wovon einer hier die B-Seite ist, der Jesse Winchester-Song „Defying Gravity“.
Wunderschön diese einfache wie wirkungsvolle Melodieführung. Einem melodischen Aufschwingen folgt jedes Mal eine fallende Sequenz. Extrem einfach gemacht, dennoch von einer Wirkung, der man sich nicht entziehen kann. Zumal nicht in Kombination mit dieser Stimme und dem feinen Arrangement.


Jesus And The Mary Chain: HappyWhen It Rains / Everything´s Alright when You´re Down 1987 UK-Bianco Y Negro

Eine Band wie eine Offenbarung damals. Obwohl es das für meine Ohren brutalste Konzert meines Lebens war -sie hatten gerade ihre erste Single auf Creation veröffentlicht- habe ich sie von Anfang an wegen dieser wunderbaren Melodien, die sich auch unter der harten und düsteren Schale nicht verstecken ließen, sehr gemocht. Mehr noch, ihre Songs bekamen gerade durch das seltsame Ungleichgewicht von Schönheit und Lärm dieses ganz eigentümlich Sinistre, das ich von keiner anderen Band kenne. Auf seine Weise ebenso naiv wie großartig und düstere Unschuld pur. Die Beach Boys in der Unterwelt.
Happy When It Rains (wie auch die Rückseite) kommt für J&MC-Verhältnisse beinahe fröhlich und behende daher mit einer zwingenden Songdynamik, dennoch hat es den typischen Touch, den man bei ihnen nicht missen möchte. Feines Feedback-Gequietsche auf der Flip inclusive.

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