Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Booker T. & The M.G.s: Green Onions / Boot Leg D-Atlantic ´63

Instrumentals haben es schwer in Listen und überhaupt. Dennoch taucht immer mal wieder eines in den Charts auf. Ende der 50´s/Anfang der 60´s war das noch anders, da gab es einige Instrumentals, die es zu internationalen Chartsehren gebracht haben. Es war die Zeit, als der klassische Rock´n Roll seine Kraft verloren hatte und etwas später die Surfwelle abzuräumen wusste.
So war auch der erste Hit der Stax-Familie (damals noch unter dem Label „Satellite“ firmierend) ein Instrumental-Stück der „Mar-Keys“, einer Art Hausband, in der auch der Sohn der Labelmutter Estelle Axton mitspielte. Die Single hieß Last Night und wurde sogar in Deutschland auf Atlantic veröffentlicht. Von diesen Mar-Keys (bei denen Steve Cropper und Duck Dunn schon mitgespielt hatten) spalteten sich bald darauf die legendären M.G.´s ab.
Booker T.&M.G.´s waren in der Folgezeit die unübertroffene Begleitband für eine Vielzahl der Stax-Soul-Produktionen der 60er und hatten selber einige große Hits. Der erste und allemal unübertroffene war dieser mit den Frühlingszwiebeln.
Ich weiß gar nicht, was ich mehr bewundern soll an dieser Platte. Das unglaublich präzise Orgelspiel Booker T. Jones´, Croppers feixende Gitarre, die faszinierende Coolness, diesen Track mit seinem Drive nie über die Stränge schlagen zu lassen, oder ganz einfach nur den Titel des Stückes. Man wird den Burschen sicher keine irgendwie geartetete Dummheit unterstellen wollen, aber so viel an Sophistication, dieses Stück Green Onions zu nennen und dann mit diesem frechen Understatement zu spielen, ist einfach nur grandios. Wohl das beste, mindestens eines der zwei oder drei besten (weiß es selber noch nicht) Instrumentals der 60s!
Auch die Flip ist wunderbar reduziert und verzichtet auf vordergründige catchy moments. Ebenso toller Titel: Boot Leg!
Das Cover da oben ist das einer Wiederveröffentlichung. Leider!


The Who: Pictures Of Lily / Doctor! Doctor! D-Polydor ´67

Nachdem ein Klassenkamerad mir tagelang was von der neuen Who-Single vorgeschwärmt hatte, war ich beim ersten Hören etwas enttäuscht. Sooo dolle schien sie mir denn doch nicht. Dann packte mich Pubertierenden aber die Vorstellung von einer Lily, die es offensichtlich wert war, dass man einen Song über sie machte. Ja, eigentlich gar nicht mal über sie, sondern über die Pictures Of Lily. Und plötzlich passte alles. Es war der perfekte Song für einen, dessen Vorstellungskraft, was die Mädels anbelangte, weit über die reichlich ereignislose Wirklichkeit hinausging. Die Who hatten ja recht, es waren letztlich die Bilder, die das Leben so wonderful machten.
Und Lily begann lebendig zu werden vor meinem geistigen Auge, provozierte Phantasien. Also wollte ich mir die Single in ihrer Hülle anschauen, in der Hoffnung, die angebetete Lily Wirklichkeit werden zu lassen. Es war ja kein Geld da, mir die Platte zu kaufen, nicht mal ein Plattenspieler, aber diese Pictures Of Lily wollte ich gesehen haben.
Und dann sah ich das da oben! Schade, fand ich.
Irgendwie starb sie da, wurde das Ganze profan. Umgekehrt wäre es wohl genauso gewesen. ;)
Dennoch… sie ist mir sehr wertig geblieben, wie so einige der frühen Who-Singles. Aber nicht die allerliebste, obwohl der Doctor auf der Rückseite auch klasse ist.


Joe Tex: I gotcha / A Mother´s Prayer D-Mercury ´72

Joe Tex ist einer der großen alten Soulsänger. Eigentlich könnte man mit einer ganzen Reihe von guten Singles hier aufwarten. Werde mich aber auf zwei beschränken. Dieser hier fiel leider die „Show Me“ zum Opfer.
Wer also Joe Tex hier entdeckt, sollte unbedingt weiterforschen!! Er hat keine dieser besonders kraftvollen Shouter-Stimmen, sondern eher die etwas heisere und sanftere Stimme.
Dass er damit dennoch richtig gut los-funken konnte, zeigt er hier. I Gotcha ist aus Tex´s 70´s-Funk-Phase. Er hatte da noch ein paar richtig schöne Hits. Der größte wohl Ain´t Gonna Bump No More (With No Big Fat Woman). Toller Song-Titel.
Aber I gotcha ist härter und besser. Und das oben genannte Show me (von ´67) ein toller Vorläufer davon. Dies jedenfalls ein Stück in allerbester James Brown Manier, jedoch voller, saftiger, rhythmisch weniger wendig vielleicht, dafür kraftvoller. Richtig gut!
Wir werden den Joe aber auch noch von einer ganz anderen Seite kennen lernen!

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