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Faves #6
Garnett Mimms: Cry Baby / Don´t Change you’re your Heart 1963 US-UA
Sorry, eine Schande ist das, was man oben sieht. Eine der tollsten Soul-Singles der 60s in einem derartigen Zustand. Aber einigermaßen gut hörbar ist sie noch! Und dann ein Sänger, den kaum einer kennt, mit einem eher putzigen Namen, dass man das Ganze doch gleich ad acta legen möchte.
Nein!
Hier ist die Platte, die so klingt, wie Janis Joplin gern geklungen hätte, nur hatte sie nie diese Coolness. Sie hat den Song ja gecovert, ziemlich in seiner Manier. Aber dies hier ist wirklich toll.
Einerseits dieser unglaubliche Aufschrei zu Beginn und immer wieder zwischendurch, dass man glaubt, aller Schmerz dieser Welt sei in diese 10 Sekunden Refrain gepackt. Dann aber jedes Mal die musikalische Auflösung in den Strophen mit wunderbaren, winzigen Gitarrenlicks versehen, die dieser Orgie in Weltschmerz ein Augenzwinkern verleihen, so dass hier ein Stückweit die Kluft zwischen schwarzer und z.B. Janis´scher weißer Musik sehr schön hörbar wird. Das alles ist genauso ernst gemeint, wie die ganz große Liebe, die bis zum nächsten Samstag hält.
Ein ähnlicher Wahnsinn auf der Rückseite!
Ein Mint-Exemplar ist auf dem Weg aus den Staaten hierher! Das musste jetzt sein!
Sex Pistols: God Save The Queen / did you no wrong D-Virgin ´77
Bei solchen Klassikern ist es immer schwer, etwas zu schreiben. Also sollte man besser schweigen. Habe ich oben bei den Stones gemerkt.
Aber hier im Forum konnten einige Jüngere die Wertigkeit dieser Platte nicht ganz nachvollziehen. Gab es in den letzten fast dreißig Jahren in ihren Augen doch genügend Musik, von der sie meinen wollten, dass sie frecher, anarchischer, punkiger, kompromissloser klinge als die Pistols hier.
Ich versuche es deshalb noch einmal.
Nein, diese Musik gibt es nicht! Jedenfalls kenne ich sie nicht. Alles, was jemals nach Clash und Pistols kam, musste sich nicht mehr gegen irgendetwas behaupten. Es konnte sich berufen auf eben diese.
Ich will die ganzen Stories, die sich um die Bedeutung der frühen Pistols und ihre Platten ranken, eigentlich hier nicht ausbreiten. Aber manches muss doch sein, es geht nicht anders.
Die 70s hatten sich in der ersten Hälfte so entwickelt, dass Bands wie Led Zepp und Deep Purple einen Rockstandard definiert hatten, der von vielen als selbstbezüglich und hohl empfunden wurde, von anderen als die Erfüllung des Rock überhaupt. Für die einen also große Mache, nix dahinter. Für die anderen the greatest show on earth. Nur noch getoppt von Cracks a la Floyd und Yes, die noch mehr heiße Schallwellen in den akustischen Orkus bliesen, so dass Herr Wakeman (Yes) geradezu abhob in die höchsten Sphären der musikalischen Allheiligkeit …
Ach, was soll der Schmarren, die Pistols und andere räumten damit und mit einigem anderen derart gründlich auf, dass, wer hier von Hype redet, überhaupt keine Vorstellung davon haben kann, wie dreckig es wohl nicht nur mir in den mittleren 70s ging, was Musik anbelangt.
Dass es zu der Zeit z.T. wunderbare amerikanische country-related Musik gab, habe ich erst später entdeckt und wohl auch erst später hören wollen. Und der englische Pubrock war mir noch zu sehr Ableger des Rock, als dass er mir hätte wertig genug sein können.
Ja und da waren die Pistols dann da und sie waren schockierend irgendwo und so geradeaus, so perfekt produziert, so sehr ohne Kompromisse, dass es in wunderbarer Umkehrung der inhaltlichen Aufschreie nicht mehr um no future, sondern endlich wieder um Hoffnung gehen durfte. Eigentlich war ich ja schon fast zu alt dafür, aber sie haben mich gepackt wie einen Teen.
Bekannt ist, dass sie ungeliebt von der guten Mutter EMI, die Anarchy In The UK rausgebracht hatte, welche sogar als dt. Pressung erhältlich ist, wenn man Glück und Geld hat, als das next big thing von A&M einen fetten Vertrag bekamen. Dieser wurde dann aber auf Betreiben der wahren Größen dieser Firma (z.B. Wakeman) nach einer Woche mit einer ganz dicken Abfindung für die Jungs wieder gelöst.
A&M hatte God Save The Queen herausbringen wollen. Die Single war gepresst, musste dann halt wieder eingestampft werden. Allerdings fanden einige ganz wenige Exemplare davon den Weg in die Öffentlichkeit, so dass diese die wohl derzeit legendärste Pop-Single ist, die jemals offiziell veröffentlicht wurde, die aber keiner hat und also mittlerweile im 5000 Euro-Bereich liegen dürfte. Finger weg von allen Angeboten. Es werden mit Sicherheit Fakes sein! In High Fidelity (Buch!!) spielt sie ja auch eine kleine Rolle.
Ironie der Geschichte: als der Mutterkonzern Polygram 1998 UK-A&M auflöste, wurden einige wenige verdiente Firmenrepräsentanten mit einem der wenigen Restexemplare verabschiedet.
Danach fanden die Pistols schließlich ein Zuhause bei Richard „Ballonfahrer“ Branson´s damals noch relativ jungem Virgin-Label, blieben dort, machten noch einige tolle Platten und verschwanden dann zu Recht in der Versenkung.
Aber ihre ersten Singles sind Musikgeschichte. Was zählte da noch Never Mind The Bollocks? ;)
Nicht die LP war es, es waren die Singles.
Stimmt. Es ging um „God Save The Queen“. Die Platte ist toll!
Aretha Franklin: I Never Loved A Man The Way I Love You / Do Right Woman, Do Right Man D-Atlantic ´67
Es ist die erste dt. Atlantic-45er in diesem Thread.
Jetzt, da ich den Titel oben schreibe, erinnere ich mich, dass ich zu Beginn des RS-Forums vor mehr als 2 Jahren einmal im Ich-Suche-Bereich nach einer dt. Atlantic-Singles-Diskographie gefragt hatte. Keine Antwort! Wie auch, wenn ihr alle keine Singles hortet. Aber das scheint sich ja langsam zu ändern! ;)
Dabei sind die dt. Atlantic-Singles der 60´s, die mit den Siebzigtausender-Nummern, eigentlich das, was die Stax-Singles drüben in den Staaten waren: beinahe in der Gänze großartig!
Und diese hier ist eine der allerallerallerschönsten! Beide Seiten und besonders die B-Seite. Wer mit der frühen Columbia-Aretha nicht soo viel anfangen kann, wem die spätere schon manchmal etwas manieriert erschien, ist hier genau richtig. Wunderbar fein dosierte Vocals, auch ihr Pianospiel, das mir manche ihrer späteren Aufnahmen etwas verleidet, ist hier durchaus noch sehr songdienlich, zurückhaltend und zwingend.
Es gibt genügend Möglichkeiten, diese beiden Songs zu hören. Tut sie euch an!!! Und in dieser Kombination! Denn die beiden kommen als Single an den vollkommenen Tonträger verdammt nahe heran.
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