Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Xdreamysts: Right Way Home / Dance Away Lover UK-Good Vibration Records 1978

Habe sie erst letztens wieder in meinen Besitz bringen können. Sie war wie zwei- bis dreitausend weitere Singles vor ca. 15-18 Jahren einem fürchterlichen Kahlschlag bei mir zum Opfer gefallen. Habe damals fast alle meine Singles verkauft. Nach wie vor unverzeihlich, vor allem, wenn ich heute in meinem alten Büchlein blättere, in dem ich sie akribisch verzeichnet hatte. Manches ist nicht wiederzubekommen.
Die Xdreamysts waren eine irische(?) Band, die eine der sehr gesuchten Singles auf dem Good Vibration-Label herausgebracht haben. Kleine Auflage, kopiertes und gefaltetes Cover. Wichtigster Act des Labels waren sicherlich die Undertones (dazu die Outcasts, Moondogs, Rudi, Protex, ect.), deren Teenage Kicks auf GV schone lange meine Wantlist ziert.
Alles, was ich von dem Label kenne, ist feinster Power-Punk-Pop. Melodiös, kraftvoll, rundum ein schieres Vergnügen. Es gibt einen Label-Sampler mit den Singles von Good Vibrations, würde einiges für das Vinyl geben, wenn man schon die Originale nicht bekommt.
Mehr noch als in den 60´s liegen in der Musik u.a. dieser Bands die Wurzeln z.B der Libertines und anderer.
Als ich vor einigen Monaten nun Right Way Home zum ersten Mal wiederhörte, war ich ein ganz klein bisschen enttäuscht. Jagen die Jungs ihre Gitarren doch relativ freimütig durch einen Phaser, was ich wohl vergessen hatte. Das nimmt dem Song ein klein wenig die Power, die in seiner Melodie und seiner Attitüde allemal drinsteckt. Das hat er nicht ganz verdient, weil er einfach klasse ist.
Die Rückseite ist da gradliniger. Insgesamt aber eine großartige Single.


Music Machine: Talk Talk / Come On In US-Original Sound 1966

Welch eine Hammersingle. Play it loud. Lasst auch von der Atemlosigkeit dieses Songs mitreißen. Eine Orgie in Gitarre und Brachial-Sound ohne nervig zu sein. Unglaublich gut produziert.
Und ein Song, der so perfekt getimed ist, dass er ohne Umschweife einfach aufhört, als das titelgebende „Talk Talk“ zum ersten Mal auftaucht. Hat man ihn einmal gehört, wartet man einen ganzen Song lang auf diese zwei Worte, werden sie doch durch Fuzz-Gitarre und Orgel mehrfach förmlich in den Song hineingemeißelt, und genießt zwischendurch die Sounds, die sich die Herren um Sean Bonniwell haben einfallen lassen.
Die bei weitem beste Single dieser US-Garagenband, ein Klassiker der 60s und ein Muss für jede Sammlung. Seht zu, dass ihr sie bekommt. Meinetwegen auch auf einem Sampler, aber darauf achten, dass es eine vernünftige Überspielung ist.
Die Rückseite ist ganz anderen Kalibers, eine ruhige, fast balladeske Nummer, die aber eine schöne vielschichtige Steigerung aufweist. Und Bonniwells vocals waren schon verdammt gut!


Neil Diamond: Solitary Man / Cherry, Cherry D-Metronome 1966

Es gibt wohl keinen Song aus den alten Zeiten, den ich in den letzten 10 Jahren neu kennen gelernt habe, der mich mehr beeindruckt hätte als dieser. Kann es kaum erklären, warum. Zum ersten Mal habe ich ihn von Chris Isaak gehört. Der hatte ihn auf seiner San Francisco Days-LP ´93 veröffentlicht. Er war neben Two Hearts das Herzstück dieser Platte. Habe mich dann gleich auf die Suche nach dem Original gemacht und die Diamond-Platte auch gefunden.
Nun ist Neil Diamond nicht unbedingt jemand, den unsereins in sein Herz geschlossen hätte, hatte er doch in den frühen 70s ziemliche Weichspülermusik abgesondert. Erinnere mich mit einigem Grausen an Sitzungen mit Damen, die mir die Schönheit von Jonathan Seagull vermitteln wollten.
Aber dieser Song ist eine Großtat, eine weitere ist Girl, You´ll Be A Woman Soon. Und einige mehr noch hat er als junger Mann verantworten gehabt, die ich nicht missen möchte, so u.a. Kentucky Woman, I´m A Believer.
Hier jedenfalls ist nun das Original des Songs, an dem ich mich kaum satt hören kann. Hat er doch einen wunderbaren Aufbau (einkomponierte Repeat-Funktion!) und eine ganz eigene Melancholie, gepaart mit coolem Stolz in der Melodieführung, die der einfachen Geschichte so unnachahmlich gerecht wird.
Eigentlich geht es gar nicht mehr um den kleinen Jungen, mit dem die Girls ihr Spielchen treiben. Die Musik macht den etwas selbstmitleidigen jungen Mann vielmehr zum Archetypen eines Solitary Man. Was dann wohl auch der Grund gewesen sein mag, dass Cash ihn zum Mittelpunkt seiner 3. American Recordings-Platte machte und diese danach benannte.
Neuhörer mögen sich an den Bläsern und evtl. anderen zeitbedingten Eigenheiten stören. Ich persönlich weiß nicht, welcher Version ich den Vorzug gebe. Isaak´s hat ganz viel für sich, Cash´s ebenfalls, aber womöglich mag ich diese hier am liebsten in ihrer ganz eigentümlichen Unbeholfenheit. Und mit der Flip „Cherry, Cherry“ ist diese Single ohnehin das Beste, was dieser Mann unter seinem Namen veröffentlicht hat.
Allerdings ist diese dt. Ausgabe nicht die US-Original-Koppelung, da hier die A-Seiten seiner ersten beiden US-Singles zusammengepackt sind.

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