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„Sarah Vaughan with Clifford Brown“
Ich habe nur ein paar Sätze von Deiner Kritik gelesen, Nihil, da wusste ich schon, dass alles in meine Richtung tendiert und daher habe ich meine genaue Analyse Deiner Kritik nach hinten verschoben.
Mit einem großen LEIDER oder auch IGNORANZ, kann ich meine Kritik nämlich auch beginnen. „Sarah Vaughan with Clifford Brown“ hat mich zum Ignoranten werden lassen, ist aber gleichzeitig eines der Alben, die ich so hoch einschätze, wie kein anderes Jazzalbum der letzten Zeit. Aber, aber, aber…. Gleich der erste Song „Lullaby of Birdland“ weist mir die Grenzen auf. Die Stimme Vaughans ist atemberaubend, ergreift die höchsten Höhen und verfällt in tiefste Tiefen ohne peinlich zu klingen. Nur ist das, was sie da singt zum großen Teil nervtötend und „Lullaby of Birdland“ war der Song, den ich nach kurzer Zeit wirklich umgehen musste, damit ein Hörgenuss noch zustande kam. Die ganzen „Du-Bi-Da-Da-Da-Da-Das“ waren mir ein Graus, egal wie wunderschön und vielseitig die Stimme Sara Vaughans auch klingen mag.
Aber um dem Aber ein Aber entgegenzusetzen, musste ich eben zum Ignoranten werden und die textlichen Peinlich- und Sinnlosigkeiten („He’s my Guy“, „You’re not the kind“) ausser Acht lassen. Denn der „Background“, der Gott sei Dank, sehr oft den vorderen, aktiven Part einnimmt, fabriziert wirklich Großartiges, was mich als Novize natürlich immer fragen lässt, welches Konzept steckt dahinter, wieso spielt das Tenorsaxophon von Paul Quinichette und die atemberaubende Trompete von Clifford Brown nie dann, wenn Vaughans Stimme ertönt, die sonst nur von Drums, Bass, Piano und ab und an auch von der Querflöte begleitet wird? Wieso spielt Jimmy Jones am Piano wie von Sinnen im Hintergrund? Von Sinnen wäre zuviel gesagt, aber mir fällt auf, dass dieser Jimmy Jones, fernab von allen Beteiligten dieses Albums, im Hintergrund seine eigenen Melodien zusammenspielt, ohne wirklich zusammenzupassen, nicht weil es in Verbindung mit der Stimme disharmonisch klingt, sondern weil das Piano aus einem anderen Raum zu kommen scheint und sich nur selten, wie bei dem fabulösen „April in Paris“ und beim Schlußtrack „Embraceable You“ , bei denen es auch textlich nichts auszusetzen gibt, in den Vordergrund drängt. Ein heimlicher Star im Hintergrund.
Meine Aufmerksamkeit hat das Album dann, wenn Tenorsaxophon, Querflöte (Herbie Mann ist wirklich auch einer der heimlichen Stars auf diesem Album ist) und Trompete sich in ihren Soli Abwechseln und somit fasst ein Konkurrenzkampf entsteht, wer denn letztlich das beste Soli hinlegt, besonders schön zu hören bei „You’re not the kind“, bei dem es am ganz Ende noch zu einem kurzen Aufplustern der Protagonisten kommt, die in kurzen Absätzen hintereinander ihr Qualitäten präsentieren.
Leider holt mich das LEIDER doch wieder ein und die kitschig anmutende Harmonie ist mir dann doch zu viel und mir vergeht auch auf die Dauer das Interessse, mich mit diesem Album zu beschäftigen. Das ist auch der Grund, wieso mir hier zum Teil die Worte fehlen und ich nicht wirklich meine versponnenen Gedanken auf das Konzept von „Sarah Vaughan with Clifford Brown“ loslassen kann. Es sein dem Album aber gedankt, dass ich einem Soli viel mehr Wertschätzung entgegenbringe als vorher. IGNORANZ hat auch sein Vorteile.
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