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Rolling Stones – Goats Head Soup (1973)
Hab‘ grad ’n bisschen Zeit und nudel mal eben eine Stones-Platte durch. Alle 15 Jahre brauch ich mal einen Check-Up. Leider übernimmt die Kasse nicht die Kosten.
1.Dancing With Mr. D ***
Scheint mir noch ein Überbleibsel aus der Luzifer-Phase zu sein. So ein bescheuerter Flirt mit dem Tod (Textbedeutung weiß ich nicht mehr, mein kleines 2001-Büchlein mit den Stones-Texten für 2,99 D-Mark oder so liegt auf dem Dachboden). Ich mag die Schlaffheit, die sich schon in den ersten Sekunden auf den Song legt. Aber so richtig viel will dem Ganzen nicht einfallen. Rockt so schummerig vor sich hin. Jagger singt mir auch zu übertrieben.
2.100 Years Ago ****
Gefällt mir schon viel besser. Groovt so freundlich vor sich hin und auch Jagger weiß zu gefallen, weil er die Manierismen runterfährt. Mick Taylor hat sehr inspirierte Momente.
3.Coming Down Again *****
Jamaika tat ihnen offensichtlich ganz gut. Richards wohl besonders. Die Hitze drückte das Tempo. Wieso kein bisschen Reggae zu hören ist, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Ok, Watts kann keinen Reggae spielen, aber es hätte sich doch garantiert ein Drummer gefunden, der auf dem festgenagelten Studio-Drum-Set im Dynamic Sound Studio einen akzeptablen Riddim rausgehauen hätte. Dann noch ein bisschen Stones-Autopilot drübergeschrammt, Richards ans Mikro. Klingt für mich in der Fantasie wie ein totsicherer Fünfsterner. Aber „Coming Down Again“ ist auch toll. Inspiriertes Herunterkommen in die Ruhephase, alle Zeit der Welt benötigen.
4.Doo Doo Doo Doo Doo (Heartbreaker) ***1/2
Wie ich schon mal schrieb, sind die Rocksongs der Stones 71-75 nichts für mich. Mir fällt aber gerade auf, dass Bill Wyman einen sehr schönen, rollenden Bass spielt. Überhaupt habe ich den Song viel rockiger in Erinnerung. E-Gitarren spielen gar keine so große Rolle. Also gut, mit dem schönen Bass und den Bläsern doch gute dreieinhalb Sterne.
5.Angie **1/2
Stu Stewart weigerte sich, auf „Angie“ mitzuspielen, weil’s in Moll ist. Ich gebe ihm recht und kann den Song einfach nicht mehr hören. Ist bestimmt ein toll ausformuliert geschriebenes und arrangiertes Stück Musik, aber was bedeutet das schon? Die Flüsterstelle finde ich nach wie vor ganz in Ordnung.
6.Silver Train *1/2
Die eher dürftigen Rocker in der Phase 71-75 erkläre ich mir so, dass den Stones dabei ihre Blues- und Rhythm&Blues-Prägung im Weg stand. Sie hatten irgendwie nicht den Dreh raus, sich mit kolossalem Krach daraus zu befreien. Das gelang ihnen erst, als sie auf „Some Girls“ den Schwerpunkt verlagerten.
7.Hide Your Love ****
Respekt für die Piano-Leistung von „Mick J.“. Als Song jetzt nicht so stark, aber das rumpelt und rollt trotzdem einigermaßen magisch dahin und könnte auch gerne immer so weitergehen. In Ewigkeit Amen.
8.Winter *****
Eins ihrer besten. So in allem: Gesang seelenvoll ohne auf die Tube zu drücken, Mick Taylor spielt – mir fällt kein anderes Wort ein – sehr lyrisch, der Rest verwirbelt sich sanft in das Arrangement wie eine Schneeverwehung. Ich kenne eine Version, da sind die Streicher noch nicht reingemischt. Ist genauso gut.
9.Can You Hear The Music ****
Ist ja hier umstritten, aber ich finde den Anfang mit Klingeling, Bongo und Flöte großartig. Ich habe meine Flötenvorbehalte aber auch vor x Jahren schon abgelegt. Toll auch wie dann Hopkins mit etwas in den Song einsteigt, was erst gar nicht als Keyboard-Ton zu erkennen ist – „Nicky, spiel mal was Mysthisches!“. Irgendwie hält der Song das tranquilierende Niveau, die Flöte spielt immer noch mit im Hintergrund, der Text ist vollkommen Banane und in der Tat hat das Ganze was von übrig gebliebenen Safranblüten ihrer Satanischen Herrschaften. Aber die Stärke von „Goats Head Soup“ kommt eben immer dann zum Vorschein, wenn selbst schwache Songideen noch in erhabener Schlaffheit dargeboten werden.
10.Star Star **1/2
Gefangen im Rhythm&Blues, siehe oben. Aber immerhin doch besser als „Silver Train“.
Fazit: ***1/2