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Um die Jahreswende 1961/62 verbrachte das Horace Silver Quintet zwei Wochen auf Tour in Japan. Mit diesem Album verarbeitete Silver das Erlebte – eine lyrische Grundstimmung zieht sich durch die fünf Stücke, besonders das zwölfminütige „Sayonara Blues“, das durchgängig über einen reduzierten Latin-Beat mit Bass-Ostinato gespielt wird. Mitchell und Cook liefern tolle Soli ab.
Auf diesem Album gefällt mir die verhalten-lyrische Grundstimmung enorm gut – von den Alben mit Roy Brooks ist es mein liebstes (wobei ich „Doin‘ the Thing“ noch nicht lange kenne). Die repetitiven Grooves erzeugen streckenweise eine fast hypnotische Stimmung, auf „The Tokyoe Blues“ steigert sich Mitchell über einen solchen Ostinato-Groove in eine Solo, das mit rauhen „cries“ einen intensiven Höhepunkt ansteuert, wie man es sich von ihm nicht gewohnt ist.
Roy Brooks wurde für diese Aufnahmen wie es in den Liner Notes steht krankheitshalber von Joe Harris (als John Harris Jr. aufgeführt) vertreten.
2002 erschien ein weiterer zuvor unveröffentlichter Mitschnitt, aufgenommen in Paris im Herbst 1962 wohl im Rahmen einer Norman Granz Tournee. Die Band spielt je zwei Stücke von „Toyko Serenade“ („Tokyo Blues“ und „Sayonara Blues“) und „Doin‘ the Thing“ (das Titelstück und „Filthy McNasty“) sowie eins von Horace-Scope („Where You At?“). Ich mag natürlich die beiden Toyko-Stücke sehr gerne, sie dauern hier beinahe 13 respektive über 16 Minuten… der hypnotische Groove kommt auch live schnell auf und es macht Freude, das zu hören! Roy Brooks spielt eine Spur harter, zupackender als Joe Harris, dünkt mich (dabei war Harris ja bei Dizzy in den 40ern einer dieser unsubtilen Hämmerer).
Eine lustige kleine Episode, erzählt von Babs Gonzales, gibt Bob Bernotas in seinen Liner Notes wieder:
In his wonderfully bizarre, eccentrically punctuated autobiography, I, Paid My Dues, jazz singer-gadfly Babs Gonzales recalled how he „ran into a genius named Horace Silver“ during a gig in Stamford, Connecticut sometime in the late 1940s. „He walked up to me and said ‚Babs, I play piano. May I sit in?‘ I said ’sure, c’mon whale [I]sic some.‘ He not only astounded us but broke up the audience too. Later on he asked ‚Big Nick‘ [Nicholas] if he could borrow his tenor. He also blew the keys off the tenor. I just said, ‚Man, you better come to New York.'“ Silver was not even 21 years old at the time.
Das letzte Album, das ganz mit dem Mitchell/Cook/Taylor/Brooks-Quintett entstand, wurde im Mai 1963 aufgenommen. Das eröffnende Titelstück ist von der Atmosphäre her sehr ähnlich wie das „Tokyo Blues“-Album, ein 16-taktiger Blues im walking-Tempo mit lyrischen Soli der beiden Bläser und von Silver selbst, sorgfältig konstruiert und doch nie übermässig kontrolliert wirkend. Es folgen dann die beiden Soul-Nummern des Albums, „Let’s Get to the Nitty Gritty“ und „Sweet Sweetie Dee“ – auf beiden ist wieder die perfekt geölte Rhythmusgruppe zu bewundern. Brooks – ich hab das oben angetönt – überzeugt mich zwar weniger als Hayes, er spielt viel weniger nuanciert und raffiniert, aber er hat Power und kann Druck machen, ohne alles zu übertönen.
„The Dragon Lady“ ist wieder ein lyrisches Stück mit typischen Stoptime-Rhythmen und sehr schönen Soli.
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